Eckbälle in Raumdeckung verteidigen - Optimierungsprozess

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  • Hallo liebe Community,


    Ich trainiere eine neu zusammengewürfelte A-Jugend und habe letzte Woche begonnen Standards zu behandeln (Schwerpunkt Eckbälle).


    Offensiv:
    Ich habe mir einen Spieler genommen, der Führungsqualitäten und die wohl mit beste Physis besitzt, und ihm die Aufgabe übermittelt, Eckbälle offensiv vorort auf die Schnelle zu koordinieren.
    Da ich ein Fan von Eigeninitiative bin, habe ich es den Spielern bis auf Startposition alleine überlassen, wie sie laufen und siehe da(!) - Wir strahlten im ersten darauffolgenden Punktspiel unfassbare Gefährlichkeit aus. Es wurden Wege gekreuzt, freigeblockt und aktiv zum Ball gegangen. Die zweite Ecke brachte uns auch in Führung. Es lief perfekt. Ich werde noch den Feinschliff vollziehen und ein, zwei Überraschungsvarianten mit einbringen.



    Nun die Defensive:
    Meine Idee war es, Eckbälle mit Raumdeckung zu verteidigen.


    Ich habe mir vor dem Spiel jeden Spieler rangeholt und ihm auf meinem iPad seine Position sowie Aufgabe übermittelt. (Im Spiel den Auswechselspielern selbstverständlich auch!)


    Ziel war es,...
    .. nicht auf den Gegner zu reagieren, sondern selbst zu agieren
    .. aktiv zu verteidigen
    .. jeden Bereich effektiv abzudecken



    Gefordert waren:
    - ein klares "Leo", wenn..
    - ..man aktiv zum Ball geht
    - Bälle werden auf die Flügel geklärt
    - Umschalten


    Ich hab nach folgenden Kriterien aufgestellt:
    - die beiden Kopfballschwächsten an die Pfosten
    - die drei Kopfballstärksten gestaffelt auf die Kante des Fünfmeterraums
    - circa 10 m vor dem Tor drei robuste Spieler, etwas breiter gefächert als die dahinter.
    - einen in den Rückraum
    - ein schnellen (,kleinen) Angreifer in der Tiefe, kurz vor der Mittelfeldlinie



    Die Jungs haben sich laut "Feedbackgespräch" bei der Raumdeckung sehr wohl gefühlt. ^^


    Bis auf der "offensiv-koordinierende" Spieler.


    Sein Kritikpunkt war das Verteidigen aus dem Stand, wenn eine Ecke auf das Tor gespielt wird während die Angreifer mit vollem Tempo angerannt kommen.
    Ich verstehe seine Bedenken und habe mir Gedanken über "Störspieler" gemacht, die ohne Foul die gefährlichsten Angreifer etwas ausbremsen.


    Leider fehlt mir die Idee einer Umsetzung.


    Wie handhabt ihr Eckbälle? Oder wie würdet ihr unser Problem handhaben? ?(

  • Das von deinem Spieler angesprochene Problem ist die elementare Schwache der Raumdeckung bei Ecken. MM nach so wertig, dass ich keine Raumdeckung spielen lasse.
    Da kann man wenig deichseln, weil man extrem viele Spieler für das Konzept im Raum benötigt.
    Schon dein Spieler Nähe der Mittellinie ist ja diskutabel, bzw. Sowas sieht man im hoherklassigen Männerfußball kaum noch.
    Und nur drei am Fubfmeterraum ist auch nicht gerade viel.


    Jetzt noch weitere Storspieler zu installieren und somit aus der Raumverteidigung entfernen: Kann man dann die somit größeren Raune überhaupt noch passabel verteidigen?

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • Und:
    Vorne am Fünfer brauchst du doch auch unbedingt einen, der alle halbhohen und Flächen Bälle abfängt, oder?
    Völlig unabhängig, ob Raum- oder Manndeckung.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • In unserer Spielklasse reicht es aus, irgendein Konzept zu haben. Damit bekommt man quasi keine Gegentore mehr aus Ecken. Wir haben letzte Saison eine Mischform (drei am Fünfer, der Rest mit speziellen Aufgaben) verteidigt, das hatte immer ein Problem mit Positionsrotation. Auch mischen sich da manchmal recht unglückliche Pärchen.


    Diese Saison verteidigen wir nur im Raum, ungefähr so, wie in dem Lehrvideo des BDFL. Also wie die Nationalmannschaft ;)


    Beides ist ok, mein Eindruck ist, das verteidigen im Raum ist für die Spieler etwas einfacher. Außerdem kann man daraus großartig kontern ;)

  • Sein Kritikpunkt war das Verteidigen aus dem Stand, wenn eine Ecke auf das Tor gespielt wird während die Angreifer mit vollem Tempo angerannt kommen.


    Das von deinem Spieler angesprochene Problem ist die elementare Schwache der Raumdeckung bei Ecken. MM nach so wertig, dass ich keine Raumdeckung spielen lasse.

    Mein Lieblingsbeispiel dazu: https://www.youtube.com/watch?v=Ueuk8nQ-NgY

  • Beim Mädchen-/Frauenfussball klappt das ganz gut. Aber auch nur deshalb, weil es dort eine Reihe von Spielerinnen gibt, die sonst für einen Kopfball "kneifen" würden. Ferner gibts dort andere Faktoren, die im oberen Jugend- oder Seniorenbereich ebenfalls eine geringe Bedeutung haben. So ist zu beobachten, dass dort vermehrt Eckbälle auf den 1. Pfosten gespielt und einfach verlängert werden, weil die Keeperinnen fast immer Probleme mit hohen Bällen haben.


    Beim Raumdeckungskonzept im oberen Jugend- oder Seniorenbereich wurde bereits ein passendes Video gezeigt. Hier wird zunächst der Weg für dne Kopfballspezialisten freigesperrt, damit der gefährlich einkopfen kann. Diese Varianten wurden danach weiterentwickelt.


    Das Sichern des tornahen Bereichs via Raumdeckung brigt jedoch noch weitere Gefahren. Denn weil die Abstände untereinander nahezu konstant sind, können sich mehrere Angreifer auf einen Abwehspieler konzentrieren und ihre Überzahl dort geschickt ausnutzen.


    Schließlich gibt es auch Keeper, die sich ungern bei einer Eckballaktion verletzen wollen. Denn seitdem das Regelwerk dem Angreifer mehr Körperkontakt zum Keeper erlauben, ist die Verletzungsgefahr beim Keeper dann am größten, wenn er seine Arme lang zum Ball ausstreckt und der komplette Rumpfbereich ungeschützt ist. Komplizierte Rippenverletzungen sind die Folge und haben so manchen Keeper zur vorzeitigen Ende seiner Karriere gezwungen. Einige Keeper trainieren seitdem das Fangen und wegdrehen in den freien Raum, sodass sie weniger oft getroffen werden. Aber eine Garantie ist das nicht, wenn es der Angreifer auf den Keeper abgesehen hat und ihn für den nächsten Eckball gern auf der Torlinie sieht, um für sich mehr Möglichkeiten zu haben. Die alte Regelung war hier auf Seiten der Keeper besser, wurde jedoch auch ausgenutzt, um bei einem nicht sauber gefangenen Ball ein Anspringen des Angreifers vorzutäuschen.


    Die einfachste Variante ist immer noch die direkte Zuordnung. D.h. der kopfballstärkste Abwehrspieler sollte auch den kopfballstärksten gegnerischen Angreifer am Torabschluß hindern. Weil das im immer schneller werdenden Fussball nicht unbedingt allein mehr etwas mit der Körperlänge, sondern vielmehr mit der Handlungsschnelligkeit zu tun hat, sollte man evl. seinen taktsichen Bilckwinkel dahingehend feinjustieren.

  • Die einfachste Variante ist immer noch die direkte Zuordnung. D.h. der kopfballstärkste Abwehrspieler sollte auch den kopfballstärksten gegnerischen Angreifer am Torabschluß hindern. Weil das im immer schneller werdenden Fussball nicht unbedingt allein mehr etwas mit der Körperlänge, sondern vielmehr mit der Handlungsschnelligkeit zu tun hat, sollte man evl. seinen taktsichen Bilckwinkel dahingehend feinjustieren

    Positionsrotation und Auswechselungen machen den Vorteil wieder wett, denn die Mannschaft weiß, das der kopfballstarke Karl den bulligen Stürmer nehmen müsste, aber Karl sitzt auf der Bank oder spielt aktuell im Sturm und ist daher vorne am zweiten Ball. Ein schnell getretener Eckstoß und bumms, keiner ist beim Stürmer. Deshalb zweifele ich dies als "einfachste" Variante an. Es ist viel eher eine Frage des Trainingsaufwandes. Beim Raumdeckungskonzept kann ich dagegen einfache Regeln definieren. Alle vier Verteidiger gehen am fünfer direkt gegen den Ball, wenn der Torwart bedrängt wird, dann schützt ihn einer der Vier. Zwischen 11'er und Fünfer stehen weitere 3 Spieler, die im torfernen Raum gegen den Ball gehen. Alle kommen etwas aus der Tiefe. 2-3 Spieler können direkt kontern. Die meisten Bälle köpft oder spielt der vordere Verteidiger schon weg.


    Die Mischform-variante haben wir wie gesagt auch schon gespielt, dort haben wir ein paar Gegentore aus solchen freisperr-Trauben oder aus der Tiefe bekommen. Hier fehlt uns ganz einfach die Trainingszeit, um hier Gegenmaßnahmen zu erarbeiten.


    Es spricht aber ehrlich gesagt nix dagegen, einfach mal beide Arten kennenzulernen.

  • Die wahre Kunst in der Traineraufgabe liegt in der Improvisation! Nur schade, dass man immer erst hinterher bescheid weiß, ob es geklappt hat.

    Jetzt überlege ich, was Du mir damit sagen willst. ?( Ich interpretier das mal so, dass der Königsweg so wäre, dass die Mannschaft verschiedene Mittel bereit hält und am besten einen Weg selber zieht. Wäre mal ein Experiment wert.

  • @Manndecker
    Das ist ein Teil der Antwort. Denn durch eine variantenreiche Ausbildung sollen die Spieler in vergleichbaren Situationen aus den unterschiedlichen Möglichkeiten eine selbständig wählen können. Ist dieser Hintergrund nicht im Training angelegt worden, dann fehlt es an einer guten Situationseinschätzung, die sich von Gegner zu Gegner und sogar innerhalb eines Spiels mehrfach ergibt.


    Mein Ziel sollte es als Trainer sein, die Spieler gleichzeitig laufen und denken zu lassen, anstatt sie mal im Spieler- und mal im Zuschauermodus zu beobachten.


    Der andere Teil der Antwort findet sich darin, als dass die eigene Mannschaft fast nie so auftritt, wie man es geplant hat. Da ist Improvistionstalent gefragt, gemeinsam das Beste daraus zu machen. Wer hier keine Idee hat, der kann sein Team in dieser Situation nicht coachen und ist dem Zufall ausgeliefert.


    Trainer erleben das Spiel sehr intensiv mit. Selbst manchen Profitrainern gelingt es nicht immer, seine Emotionen im Zaum zu halten. Auch sie entscheiden nicht immer nur aus Kalkül, sondern aus dem Bauch heraus. Der Mut dazu ist ebenfalls eine Stärke, denn wenn es schief geht, dann schaut nicht nur die Mannschaft dumm aus der Wäsche.


    Jedoch ist Mut ist ein besserer Ratgeber als die Angst vor dem Versagen.


    Genauso wie sich die Spieler im Wettkampf ausprobieren wollen, sollt auch ihr euch ausprobieren. Denn planen läßt sich eben doch nicht immer alles!