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  • Hallo zusammen,


    Zur allgemeinen Info: Ich bin Trainer einer D2, mache i.M. die Trainer-C-Lizenz und habe als Trainer noch relativ wenig Erfahrung (17 Jahre alt; 2 Jahre Trainer)
    Ich bin im Moment relativ unzufrieden mit dem Training. Das liegt aber in meinem Fall eher sekundär an den Spielern sondern viel mehr an mir selbst.
    Das Problem: In der letzten Zeit passiert es mir viel zu oft, dass ich in der Trainingseinheit unnötig laut werde und frustriert bin. Ein gutes Beispiel hier ist die heutige Einheit. Der Übungsaufbau war zweigeteilt, die Gruppen ausnahmsweise nach stark/schwach gegliedert. Ich betreute die schwache Gruppe, mein Trainerkollege die Starke.
    Und naja, was soll ich sagen...bei meinen Jungs lief es einfach überhaupt nicht. Dabei war ein Teil fussballerisches Unvermögen dabei, ein größerer Anteil hing jedoch mit dem mangelnden Einsatzwillen und Konzentration einiger Spieler zusammen. Man könnte jetzt hier Ursachenforschung betreiben, jedoch ist mein Problem eher mit meiner Reaktion darauf. Statt geduldig auf die Spieler einzugehen und entsprechend ruhig zu reagieren, habe ich mich relativ schnell aufgeregt, was dann wiederum auf meine Spieler übergegriffen hat. Die Übung wäre denke ich deutlich besser gelaufen, wenn ich rational reagiert hätte (also bspw. die Übung früher erleichtern, was ich erst deutlich zu spät gemacht habe),anstatt mich aufzuregen. Solche Situationen ereignen sich bei mir in letzter Zeit öfters...


    Eine Selbstdiagnose wäre eventuell Schulstress, weil ich fast direkt von der Schule zum Training fahre. Oder eine gesteigerte Erwartungshaltung, da auch von meiner Seite, die in die Planung der Trainingseinheit investierte Zeit deutlich höher ist als noch vor ca. einem Jahr.


    Aber das bringt mich alles nicht weiter, weil ich so keine Lösung bekomme. Wie reagiert ihr denn auf solche Situationen? Gibt es irgendein Patentrezept um mit Frust als Trainer richtig umzugehen (wahrscheinlich eher nicht ;) )?


    Danke schonmal für alle Antworten.

  • Was mir sehr hilft gegen die Gefahr des 'Überdrehens':
    wenn die Dinge im Training oder rund ums Spiel mal wieder nicht perfekt laufen versuche ich mir bewußt zu machen, dass ich den Sport Fußball liebe und meine Zeit auf dem Platz auch genießen will. Also runter mit dem Perfektionsanspruch und in Ruhe nochmal erklären, wenn eine Einheit mal nicht so läuft. Mit immer mehr Druck draufpacken erreicht man meiner Erfahrung nach eher das Gegenteil als ein besseres Laufen der Dinge.
    Ich sage mir manchmal auch noch kurz im Auto bevor ich aussteige und mit dem Ballnetz übern Rücken zum Platz gehe: So, dass ist jetzt Deine Zeit, und das soll was Schönes sein.

  • warum nicht die ursache bekämpfen?


    mangelnder einsatzwille/konzentration - wodurch kommt der?
    ist die übung zu einfach/schwer? - besonders bei Unterteilung in stark und schwach sollte sich auch (meist) die übung unterscheiden
    ist es egal ob man gut oder schlecht ist bei der übung? - belohnung/anreize setzen


    du hast ja schon gut damit angefangen. ansonsten weißt du sicherlich nach 2 jahren mit der truppe (wenn dem so ist?) am besten wie du bei welchem spieler erreichen kannst. es gibt auch spieler die brauchen mal nen kurzen brüller, andere brauchen dagegen so oft wie möglich lob. thema Trainertyp - wie geh ich mit meinem team um, bin ich der kumpeltyp oder eher der magath? das ganze sollte authentisch, aber auch konstant sein. die spieler sollten wissen woran sie sind.

  • ine Selbstdiagnose wäre eventuell Schulstress, weil ich fast direkt von der Schule zum Training fahre. Oder eine gesteigerte Erwartungshaltung, da auch von meiner Seite, die in die Planung der Trainingseinheit investierte Zeit deutlich höher ist als noch vor ca. einem Jahr.

    Auf den ersten Blick würde ich sagen, dass die Erwartungshaltung von Trainer und Spielern zu weit auseinander liegen. Du solltest also beim nächsten mal die stärkere Gruppe übernehmen, um herauszufinden, ob dieser Grad der Eigeninitiative besser zu dir paßt?


    Mit 17 Jahren hat man, die nötige Begeisterung und den Willen, nicht gleich beim ersten Widerstand die Flinte ins Korn zu werfen, noch einen langen Trainerweg vor sich. Zwar ist der Erwerb der untersten Trainerlizenz schon ein guter Anfang, aber Übungen und Spielformen für die jeweilge Altersgruppe in Kombination mit dem Leistungslevel "zum Laufen" zu bringen, dazu gehört schon auch ein Erfahrungsschatz, den man sich erst einmal aneignen muß. Denn das altersgerechte Training wird für die jeweiige Gruppe jeweils nur kurz angerissen.


    Wenn du hier weitere Unterstützung benötigst, dann würde ich dir empfehlen, einfach Kontakt zu einem naheliegenden NLZ aufzunehmen, um dort zu hospitieren. Denn ich interpretiere deine Erwartungshaltung so, als dass du später mehr Freude am Leistungsfussball haben könntest? Dafür kann man jetzt schon mal erste Erfahrungen sammeln. Es gibt genügend Beispiele von sehr erfolgreichen Trainern, die schon sehr früh für sich entdeckt haben, dass ihnen der Trainerjob mehr Spaß macht.


    Jeder Trainer sollte von Zeit zu Zeit für sich eine Zwischenbilanz ziehen, ob ihm das, was er gerade macht, wirklich noch genug Spaß macht, um für sich zu entscheiden, wie es weitergehen soll und was dafür die nächsten Schritte sind. Ein Austausch hier im Forum kann dafür der erste Schritt sein!

  • @Constantin
    Deine Fähigkeit zur Selbstrefexion ist schon mal 'ne Menge wert. Kann nicht jeder so...


    Was Du an Dir selbst bezüglich der Schule feststellst, gilt so auch für Deine Spieler. Als ich mit dem Trainerjob anfing hatten fast alle Spieler um 13:00 Schulschluss. Bis das Training um 17:30 startete hatten sie also Zeit genug für Essen, Hausaufgaben, Runterkommen, Freunde...
    Heute kommen meine Spieler teilweise um 16:30 nach Hause. Trainingsbeginn ist um 17:30; d.h. sie müssen gegen 17:10 zu Hause los... Will ich von diesen Jungs die gleiche Konzentration erwarten wie von jemandem, der schon seit 3 1/2 Stunden "Feierabend" hat? Mein zweites Training ist freitags. Freitags ist nicht so lange Schule. Da sind die Jungs besser bei der Sache. Insofern ist der Zusammenhang klar erkennbar. Meine "Highlights" waren Jungs, die von der Schule abgeholt wurden, sich im Auto umzogen und dann knapp nach Trainingsbeginn auf dem Platz stehen konnten. Denen muss ich nicht mit komplexen Übungsformen kommen...
    Auf der anderen Seite darf natürlich auch ein Trainer schlecht draufsein. Das kannst Du Deinen Spielern auch ruhig sagen. Die verstehen das.
    Wenn Du ihnen also klarmachst, dass Du von der Schule genauso im Ar*** bist wie sie und ihr Euch dann auf einen Mittelweg an Konzentration einigt, haben Spieler und Trainer mehr davon.