Vorstellungsgespräch

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  • Hallo,
    ich habe nächste Woche ein Vorstellungsgespräch bei einem Verein in meiner Gegend um die Herrenmannschaft zu trainieren.
    Jetzt wurde mir halt gesagt ich soll mich drauf vorbereiten und ihnen zu einigen Punkten was erzählen.
    Stärken und Schwächen der Mannschaft/ Dafür muss ich mir paar Spiele angucken oder??
    Wie würde ich arbeiten? was genau kann man dadrunter verstehen?
    Klar ich mach mir meine Gedanken hab auch Ideen,bin nur nicht sicher ob das reicht oder zu wenig sein wird.
    Würde dieses Amt gerne übernehmen, habe vorher nur Jugend trainiert und als Co Trainer bei einer Herrenmannschaft trainiert.


    Über paar Tipps würde ich mich freuen.


    Danke

  • @Shev


    Von der E-Jugend (wenn dein Nick richtig ist?) in den Seniorenbereich ist schon ein riesiger Sprung! Aber du hast sicher als Spieler schon reichlich Erfahrung dort sammeln dürfen oder? Leider hast du nichts über die Ligazugehörigkeit der Mannschaft geschrieben, was einen Rat erschwert. Gehe mal davon aus, dass du zur Winterpause schon das neue Team übernehmen sollst?


    Wenn du aber beim Gespräch in der kommenden Woche schon etwas über die Stärken und Schwächen deiner zukünftigen Mannschaft erzählen sollst, dann empfehe ich dir das Studium der Statistiken aus der letzten und aktuellen Saison in www.fussball.de. Zusätzlich kannst du im Internet nach Meldungen übers Team surfen. Da wirst du dann auch ganz schnell erkennen, ob du bei deinem zukünftigen Job auf einem "Feuerstuhl" sitzt oder es ruhiger angehen lassen kannst? Ungewöhnlich ist schon mal ein Trainerwechsel zur Winterpause. Zwar wird nach Außenhin meist was von Trennung im beiderseitigen Einverständnis erzählt, aber häufig gibts Zerwürfnisse zwischen Trainer und Mannschaft oder Trainer und Vorstand. Wenn du Leute aus dem Vorstand oder Spieler schon gut kennst, dann solltest du mal diskret nachfragen, waas der wirkliche Grund der vorzeitigen Trennung vom Trainer war! Aber bilde dir erst eine Meinung, wenn du alle Seiten zu diesem Thema kennst, denn es gibt dort meist jede Menge Latrinenparolen und Gerüchte.


    So, nun ein paar Details für deine Analyse (die man auch machen kann, ohne ein einziges Spiel der Mannschaft gesehen zu haben):
    1. Tabellenrang
    Anhand des letzjährigen und aktuellen Tabellenplatzes kannst du erkennen, wo dein zukünftiges Team in der Liga einzuordnen ist. Das ist schon deshalb wichtig, um die zukünftigen Erwartungen des Vorstands einigermaßen ablesen zu können. Denn hat das Team um den Klassenerhalt gebangt, wird man wohl nicht sofort einen Aufstieg von dir erwarten. Spielt man aber ganz oben mit, dann sind die Erwartungen normalerweise höher.


    2. Torverhältnis im Vergleich zur Liga
    Am Torverhältnis im Vergleich zur Konkurrenz kann man erkennen, in welcher Reihenfolge Trainngsschwerpunkte gesetzt werden sollen. Hat das Team z.B. viele Tore kassiert, sollte man die Defensive stärken. Hat es hingegen relativ wenige Tore erzielt, sollte man offensive Trainingsschwerpunkte setzen.


    3. Altersstruktur der Mannschaft
    Den Kader kannst du entweder auch aus www.fussball.de oder von der Vereinshomepage entnehmen. In letzterem oder speziellen Fussballseiten kannst du das jeweiligen Alter der Spieler feststellen, was eine Aussage zur Altersstruktur ergibt.


    4. Leistungsstruktur der Mannschaft
    Die Torjäger lassen sich aus www.fussball.de entnehmen. Aber von den übrigen Spielern bekommst du nur Infos, ob sie früher mal höher gespielt haben, wenn du nach den jeweilgen Namen surfst.


    5. Detailierte Spielerinfos
    Besonderheiten, wie eine stark schwankende Mannschaftsaufstellung lassen sich ebenfalls in www.fussball.de erkennen. Weitere Details findest du in den Spielberichten auf der Vereinshomepage oder den regionalen Zeitungen.


    6. Ehemalige Spieler/Trainer
    Wie viel Verlaß auf den Vorstand ist, erfährt man ganz gut, wenn man ehemalige Spieler und Trainer befragt. Die Ehemaligen haben selten einen Grund, dir einen Bären aufzubinden.


    Je mehr Infos du über deinen neuen Verein und deine neue Mannschaft hast, je besser kannst du dir darüber im Klaren werden, ob dein neues Engagement das ist, was du suchst und ihr dir der Vorstand ein reales Bild von den Möglichkeiten beschreibt!


    Durch die große Kenntnis über Verein und Mannschaft erkennt der Vorstand beim Vorstellungsgesprech bereits deine Trainerkompetenz. Deine Philosophie sollte sicher am momentanen Leistungsstand deiner Mannschaft ablesbar sein, sonst begibt man sich unnötig aufs "Glatteis"!


    Viel Erfolg dabei. Kannst ja hier im Forum berichten, wie es gelaufen ist.

  • Hallo Shev,


    Eigentlich hat dir TW-Trainer eine hervorragende To-Do-Liste gegeben. Ich würde aber gerne noch einen Punkt hinzufügen,


    7. Jugendarbeit
    Wie ist die Jugendarbeit aufgestellt? Welche Jugend-Mannschaften sind besetzt bzw. spielt die Jugend eingenständig oder in einer SG? Wie hat die bisherige Zusammenarbeit A-/-B-Jugend zu den Aktiven hin ausgesehen? Gab es einen regelmäßigen Austausch zwischen Aktiven- und Jugendtrainern? Wie groß war der "Durchlass" von der A-Jugend zu den Aktiven?


    In meinen Augen sind das ganz wichtige Punkte, da du dabei erfährst, ob du regelmäßig auf Scouting-Tour gehen musst oder ob du immer wieder (was ja sehr wünschenswert wäre) Spieler aus dem Jugend-Pool nach oben ziehen kannst bzw. ob du evtl einen oder mehrere U19-Spielern als kleines "Bonbon" zeitweise eine Teilnahme am Aktiven-Training anbieten kannst. Aber bitte keine U19-SPieler, die noch eine Jugend-Saison vor sich haben zu "Aktiven" Spieler machen. Ich finde gerade das letzte U19-Jahr ganz wichtig in der fussballerischen Ausbildung...


    Ansonsten drücke ich dir die Daumen, daß ihr zu einer Übereinstimmung kommt. Schreib doch vielleicht einfach, wie das Gespräch gelaufen ist....


    LG BMW

  • @BigMacWilli


    Ja, da hast du sicherlich recht mit deiner Ergänzung. Ich war in meinem Punkt 3 bis 5 nicht weiter darauf eingegangen. Aber die gute Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Seniorenberich ist für eine perspektivische Entwicklung ein großer Vorteil. Aber was macht man, wenn man auf einen Verein trifft, der "Dorfbundesliga" spielt, wo Söldner für den sofortigen Erfolg sorgen sollen und die eigene Jugend vernachlässigt wird? Will man beim Vorstellungsgespräch darauf eingehen oder sagt man sich, dass dies dann von Bedeutung ist, wenn man sich mit dem Verein auf ein Trainerengagement geeinigt hat?

  • Das ist ja auch Ansichtssache. Jugendfußball ist toll, wenn ich aber Trainer im Seniorenfußball wäre, würde mich die Jugendarbeit nicht sonderlich interessieren/ich würde nicht darauf setzen:


    - man bleibt in der Regel als Seniorentrainer nur ein paar Jahre bei einer Mannschaft
    - du wirst an den aktuellen Ergebnissen gemessen
    - einen fertigen Spieler einzukaufen ist günstiger und zuverlässiger, als ihn über ein Jahrzehnt oder halbes Jahrzehnt in der eigenen Jugend zu entwickeln
    - eine gute Jugendarbeit würde mich nur insofern interessieren, als dass ich einen Spieler aus der hochklassig spielenden A-Jugend (sofern vorhanden) direkt in den Kader einbinden könnte. B-/C-Junioren sind perspektivisch normalerweise schon wieder uninteressant


    Damit wir uns nicht falsch verstehen - Jugendarbeit macht für einen Verein perspektivisch absolut Sinn. Für den kurzfristig beschäftigten Trainer in der Regel aber nicht wirklich.

  • @Chris


    Ich wollte nicht gleich so "laut denken", wie du! Aber natürlich hast du recht! Du kannst nicht als Seniorentrainer gleichzeitig den Verein umkrempeln! Selbst wenn der Tag 25 Stunden hätte, würde man sich schon nach kurzer Zeit wie ein Hamster im Rädchen vorkommen. Man kann sich ein paar Spieler der A-Jugend anschauen und ggf. den Einen oder Anderen zum Training bei den Senioren einladen.


    Kommt zwar immer auch auf die Liga an, in der man als Seniorentrainer tätig wird. Aber viel mehr ist da nicht drin, denn für eine vernünftige Vereinsstruktur sind erst mal die Funktionäre die ersten Ansprechpartner, wo man ggf. ein paar Wünsche abladen kann. Mischt man sich dabei zu sehr ein, dann hat man vielleicht eine etwas bessere Jugendarbeit, ist dafür jedoch schon nach 1 Jahr dort nicht mehr als Seniorentrainer, weil man diese Arbeit zu sehr vernachlässigt hat.

  • Aber ist das wirklich richtig? Dass der Seniorentrainer nur am kurzfristigen Erfolg gemessen wird?
    Angenommen, ein Verein möchte eine organische Entwicklung, dass sich die Seniorenmannschaften dauerhaft aus der eigenen Jugend speisen. Dass hier Spieler mit einer hohen Vereinsidentifikation aktiv sind, und keine "Söldner", die jede Saison woanders spielen.
    Müsste man dann nicht den Trainer der ersten Mannschaft diesen Zielen verpflichten und ihn daran messen, wie er eigene junge Spieler entwickelt - und nicht so sehr an den kurzfristigen Tabellenplätzen?
    Und ist das nicht für einen Trainer auch eine ganz andere ("sinnvollere") Arbeit? Aus meiner Sicht auf jeden Fall ein Kriterium bei der Auswahl eines neuen Vereins!

  • Aber ist das wirklich richtig? Dass der Seniorentrainer nur am kurzfristigen Erfolg gemessen wird?

    Das ist leider nicht die Frage. Zwar hat der Verein immer langfristige Ziele, aber für die Vorstände stehen meist kurzfristige Ziele bei den 1. Senioren im Fokus. Denn sie verstehen das als ihr Aushängeschild, mit dem sie in der Öffentlichkeit verknüpft werden und natürlich "glänzen" wollen.


    So kann man beobachten, dass Vereine nach dem Konkurs und/oder sportlichen Zusammenbruch einige Jahre einen anderen Weg über die eigene Jugend gehen. Sobald sie jedoch Geld von einem Sponsor in die Hand bekommen, schlagen sie wieder den alten Weg ein, bis der Verein nach einigen Jahren des "Geldverbrennens" über eine "Söldnertruppe" wieder mal gegen die Wand gefahren wird.


    Wenn also ein Trainerkandidat mit solchen langfristigen Gedanken daher kommt, obwohl er kurzfristig für Erfolge sorgen soll, dann würde man vermutlich kaum zu einer Einigung gelangen? Allerdings kann es nicht schaden, wenn sich der Trainerkandidat vorher informiert, inwieweit der Verein auf eigenen Nachwuchs setzt (weil der sehr gut ausgebildet wird) oder ob man eher fremden Spielern vertraut? Denn letzendlich muß auch er für sich wissen, ob er das Konzept des Vereins mittragen will. Schließlich hat auch der Trainer ein Recht darauf, Spaß beim Fussball zu erleben. Allerdings sollte man auch ein "dickes Fell" haben, weil man mal gefeiert und mal als Vollidiot kritisiert werden kann. Der Trainer einer 1. Seniorenmannschaft ist sehr viel mehr im Fokus, weshalb man ihn gar nicht mit denen vergleichen kann, die kaum einen Leistungsdruck verspüren.

  • Ja du hast bestimmt recht!
    Wenn aber ein Trainer lieber langfristig arbeitet, und wirklich etwas mit jungen Spielern aufbauen möchte, dann muss er genau diese Frage stellen und den Verein auch nach diesem Kriterium auswählen.