Eine ganz an ander Frage ist, ob dort in den Stützpunkten die richtigen Kinder ausgewählt werden.
Ich hatte den Eindruck, dass ein ganz bestimmter Spielertyp favorisiert wird. Mittelgroß, sehr beweglich und variabel, mit viel Offensivdrang und Mut im 1:1. So die Kreativspieler halt.
Ist im Grunde auch nachvollziehbar.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass damit der beinharte Verteidiger, der vielleicht nicht so kreativ und beweglich ist, aber hinten zuverlässig alles abräumen kann, wenig Chancen hat, in die Förderung zu kommen. Aber solche Typen braucht es auf dem Großfeld auch. Somit werden dann später die Typen, die eigentlich fürs Mittelfeld oder den Sturm geeignet sind, aber in der Talentförderung sind, zu Verteidigern umgeschult, was mir nicht optimal erscheint.
Wer auch eher nicht gewählt wird ist so der Stoßstürmer, der einfach den Riecher für die richtige Position hat und den Ball dann ohne Schnickschnack einfach rein zimmert.
Ich gebe dir recht, es gibt ja nun auch Spielertypen bzw. Positionen, die in Deutschland im Profibereich traditionell in den letzten Jahren nicht gut besetzt sind. Das sind Außenverteidiger und Stoßstürmer. Gehen wir erstmal auf den Stürmer ein, der DFB lehrt in der B-Lizenz Anforderungen für bestimmte Positionen. Aber der von dir erwähnte "Torriecher" steht natürlich nicht drin basiert auch meist auf dem Zufall. Da kann der beste Stürmer durchs Raster fallen, wenn er im Sichtungsspiel zweimal falsch statt richtig steht. Oder er kann der unbegabteste am Ball sein, aber einfach richtig stehen, fällt aber keinem auf. Man schaue sich Mario Gomez an, der in meinen Augen genau dieser Spielertyp war: steht so gut wie immer richtig, aber meistens technisch doch eher unterklassig. Deshalb oft umjubelt, aber auch mit dem Ruf, ein Chancentod zu sein. Die Chancen hat er bekommen, weil er den richtigen "Riecher" hat, aber zum teil technisch kläglich die Chancen vergeben.
Und warum spielen wir inzwischen mit ganz anderen Stürmertypen in der Nationalmannschaft? Götze, Schürrle, Müller, Werner? Das sind doch alles keine Stürmer, aber Typen, die eigentlich im Mittelfeld oder auf dem Flügel spielen. Genau wie du es sagst: man fördert überall den gleichen Spielertypen und muss diese Leute dann auf die vakanten Positionen verteilen.
Bei den Außenverteidigern ist es das gleiche: Weltmeister mit Innenverteidiger Höwedes, 2010 mit Badstuber und Boateng als AV. Inzwischen haben wir dort auch lange Zeit den ZM Kimmich ausprobiert, Ginter und Kehrer (beide IV) durften es auch schon probieren. Ebenfalls Vakanz auf dieser Position. Die Anforderungen beim DFB sind etwas schwammig und man kann eigentlich bei nichts davon sagen "Jau, der kann das richtig gut, der wird Außenverteidiger".
Man steht sich also meiner Meinung nach zusammengefasst selbst im Weg, weil man einen stereotypischen Spielertyp scoutet und kaum Gruppentaktisch und Positionsbezogen arbeitet. Meine Erfahrung vom Stützpunkt ist, dass zwar in Kleingruppen, aber für alle Spieler das gleiche Training angeboten wird. Am Abend hat der vermeintliche Stürmer das gleiche Training absolviert wie der Innenverteidiger. Einzig zur Wochenschulung in der Sportschule war ich mit und dort wurden dann aus mehreren Stützpunkten die Positionen aufgeteilt und positionsbezogen trainiert.
Nachtrag: Ich habe einen Spieler in der Mannschaft, der als in der D-Jugend hauptsächlich AV gespielt hat. Der hat wirklich viele gute Eigenschaften für unser System auf dieser Position: Zweikampfstark, Kopfballspiel, unendliche Ausdauer, schnellster Spieler im Kader, und Offensivdrang. Kam zum Stützpunkt und war auch direkt ein Kandidat für die Landesauswahl. ABER: Der Stützpunkttrainer hat mir geraten, ihn als IV oder ZM spielen zu lassen, damit er mehr Bälle bekommt. Und dann stellt man sich wahrscheinlich vor, dass er die ganze Zeit auf einer anderen Position spielt, damit er mehr Kontakte hat, aber dann im Seniorenbereich wieder Außenverteidiger spielt? Auch da steht sich der DFB wieder selbst im Weg, wenn er Spielaufbau durchs Zentrum propagiert, aber sich gleichzeitig wundert, dass die Außenverteidiger eine Schwachstelle sind. Und was kam dabei raus? Im Mittelfeld war es frustrierend für ihn, da war er auf engem Raum nicht gut genug und sehr hektisch. Als IV konnte er seinen Offensivdrang nicht wirklich ausleben. Zuletzt also wieder Außenverteidiger oder Flügelstürmer (inzwischen B-Jugend).