Ich bin heute mal wieder schmerzhaft an die unschönen Seiten des KiFu erinnert worden.
Wir haben kurzfristig, aber auch für uns zeitlich sehr passend, ein Freundschaftsspiel gegen die G1 des größten Leistungssvereins unserer mittelgroßen Stadt absolviert. Dieser Verein hat alle Jugendmannschaften auf hohem Niveau, ab der C spielen die Mannschaften Westfalenliga.
Am Platz angekommen, entdeckte ich das seperate eingezäunte F-Jugenfeld auf dem wir spielen durften. Wirklich eine geile Sache, bis man da mal ein Spiel erlebt hat. Der Zaun steht ca. 1 m hinter den Seitenlinien und hinter diesem Zaun stehen die Eltern.
Meine Truppe hat gestern einfach mal einen Sahnetag erwischt. Wir haben, gerade in der ersten Halbzeit, keinen Ball hergeschenkt, gekämpft und irgendwie hatte ich nur strahlende Kinder auf dem Platz, die den Kampf des Gegners dankend angenommen haben. Dieser Gegner kam irgendwie zum richtigen Zeitpunkt.
Es entwickelte sich ein munteres Hin und Her mit wechselnden Führungen bis zum 3:4 Pausenstand aus unserer Sicht.
Während der ersten 10 Minuten herrschte von Elternseite noch Stille, im Nachhinein wirkt es auf mich wie eine Schockstarre. Der Trainer des Gegners versuchte verzweifelt im laufenden Spiel eine Abwehrformation einzuteilen. Nach 10 Minuten, und gleichbleibender Gegenwehr, kamen die ersten Unmutsbekundungen von Elternseite. "Jetzt wacht doch mal auf", "Wenn du nicht spielen willst komm doch runter" und alternativ ein langezogenes "Justiiiiiin jetzt mach doch mal was!!!" oder ein "Jayden Schiiiiiiiieß" an die beiden "Stars der Mannschaft".
Die Eltern standen nicht mehr hinterm Zaun sondern hingen darüber und waren mit dem Oberkörper schon beinahe auf dem Feld.
Ein Vater allerdings hatte sich ein besonderes Ziel ausgesucht und schrie beständig und immer lauter werdend: "Die 8! Aaaaaacht!!! Jetzt deck doch mal einer die 8." und nach einem Tor dieses Spielers: " Jetzt kriegt die 8 endlich in den Griff, sonst verlieren wir hier noch!" Oh Gott bewahre....
In der Halbzeit bat ich den Trainer des Gegners dann, dass dieser Vater doch bitte mal die Hinweise auf meinen Spieler unterlassen solle. Der Junge hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Gegenspieler auf den Füßen stehen und kann aus seinen blauen Flecken heute sicher eine Landkarte zeichnen. (Wobei ich hier sagen muss, dass die Jungs zwar heftig und ungestüm aber keineswegs absichtlich unfair verteidigt haben."
In der zweiten Halbzeit, setzte der Gegner sich langsam auf einen Endstand von 9:6 ab und die Erleichterung in der Elternschaft war mit den Händen zu greifen. Die Rufe nach meiner Nummer 8 kamen nicht mehr in der gleichen Frequenz, denn die Gefahr einer Niederlage war ja gebannt.
Das Highlight kam dann nach dem Spiel. Der auffällige Vater (der sich als Betreuer entpuppte) mit der Vorliebe für meinen Zauberzwerg ging auf diesen Jungen zu und stellte wortwörtlich folgende Frage: " Hey Kleiner, du bist zu gut für deine Mannschaft. Willst du nicht zu uns kommen? Mit uns gewinnst du jedes Spiel!" Der Bursche sagte: "Nein !" und ging zu seiner Mutter.
Ich habe den Trainer auf dieses Verhalten angesprochen und ihn gefragt ob er wirklich 5 jährige Kinder abwerben wolle.
Vielleicht habe ich ihm auch sehr deutlich zu verstehen gegeben, was ich von dieser Beeinflussung eines 5jährigen halte. Die Antwort:" Heute noch nicht, aber in 3 Jahren spielt der Junge eh bei uns."
Ich habe dann noch erfahren, dass 7 der 11 G-Jugendlichen (!!!) bereits in anderen Vereinen aktiv waren aber "freiwillig" gewechselt seien, da die "Förderung" in seinem Verein einfach besser sei.
Mein Fazit:
Meine Jungs haben in einer wundervollen Art den Kampf angenommen und vor allem haben meine Jungs Spaß an diesem Spiel gehabt.
Sie waren unendlich stolz auf ihre Leistung, auch wenn sie verloren haben. Beim Gegner habe ich eher Erleichterung als Freude über den Sieg wahrgenommen.
Meine Eltern haben sich einen Meter neben der Seitenlinie genau so diszipliniert benommen, wie sonst mit größerer Entfernung.
Mein persönliches Highlight des Tages war meine Nummer 8. Nach dem Umziehen stand ich vor dem Kabinentrakt und wartete auf die Nachzügler. Von hinten legte mir dieser Junge sein Hand in meine und zog mich zu sich runter. Bei folgender Aussage bekam ich wirklich eine Gänsehaut.
"Trainer, ich will nicht zu einem anderen Verein gehen. DU bist doch mein Trainer und ich will mit MEINER Mannschaft spielen und wenn wir mal verlieren ist es mit auch egal." Ich habe ihn dann in den Arm genommen und ihm gesagt, dass er genau da Fußball spielen soll wo er das möchte. Die Antwort war ein strahlendes Lächeln und die Aussage: "Ich bleib bei euch." Gefolgt von einem schelmischen Grinsen und einem : "Wer soll den sonst die Tore schießen?" (ich finde dieses Aussage in diesem Kontext übrigens völlig unproblematisch)
So jetzt ist das ganze in eine Mischung von Frust- und Freudebeitrag und (und deshalb dieser Thread) meine Erfahrung mit den Folgen einer reinen Ergebnisorientierung im Bambinibereich.