Ich bin immer online bzw. angemeldet. Das heißt nicht, dass ich ständig hier bin. Ich hatte bereits einen Text in der Pipeline, ehe der Beitrag von Pocho kam. Es sei mir doch hoffentlich gestattet, dass ich sowas dann nutze, wenn es sich mit meinen Gedanken deckt, dabei aber effizienter formuliert ist. Zumal dieser Punkt bereits am Donnerstag thematisiert worden ist und hier nur mit Zahlen untermauert wurde. Ob diese Zahlen letztlich stimmen, oder wie diese ermittelt wurden, sind natürlich legitime Fragen. Auch ich kann mir diese hohen Werte nur schwerlich vorstellen. Aber selbst, wenn es "nur" 20% anstelle von 55% sind, finde ich das bedenklich. Und ich empfinde es ziemlich ignorant, wenn man dem einfach entgegnet, dass oben halt immer und überall Druck da ist. Wir reden hier nicht über Uniabsolventen oder akademische Eliten sondern über Kinder. Wir haben ja selbst bei gestandenen Profis prozentual mehr psychische Erkrankungen wie Burn out und Depressionen als im Rest der Bevölkerung. Eine enge psychologische Betreuung muss dahingehend zu einer Auflage für alle NLZ werden. Sicherlich machen das auch einige, aber es sollte Pflicht sein. Und ich behaupte mal, dass es 12-13jährigen nicht zugemutet werden sollte, wegen dieses Leistungsdrucks psychologisch betreut werden zu müssen. Also rauf mit dem selektionsalter.
Bei einem NLZ kommen wir - anders als im ambitionierten Amateurverein - in einen Bereich, der speziell darauf ausgerichtet ist, Profis auszubilden. Das ist der direkteste und kürzeste Weg in den Profibereich. Schon dieser Umstand ist für mich ausreichend, NLZ anders zu behandeln und hier eine höhere Altersgrenze einzuführen. Das heißt nicht, dass Vereine mit NLZ keine Mannschaften im F- bis C-Bereich haben dürfen, aber es darf nicht aktiv selektiert und gesichtet werden.
Wenn ich in einem ambitionierten Amateurverein bin, habe ich das Ziel, in ein NLZ zu kommen, um meinem Traum vom Profifußball näher zu kommen. Wenn ich aber bereits diese Hürde nicht nehmen kann, oder sogar in diesem Verein aussortiert werde, ist die Fallhöhe eher gering, weil das Profitum einfach noch zu weit weg war. Und wenn mir die Trainer sagen, dass ich auf dem besten Wege bin, Profi zu werden, nehme ich das in einem Amateurverein anders wahr, als in einem NLZ. Wenn ich es in ein NLZ geschafft habe, ist das Profidasein doch (subjektiv) schon zum Greifen nah. Erwarten wir dann von einem 12jährigen, dass er in dieser Situation die geistige Reife hat (Elternhaus hin oder her), um die geringen Erfolgschancen zu berücksichtigen?! Selbst wenn einem bewusst sein muss, dass es nur ein extrem kleiner Bruchteil tatsächlich schafft, ist man doch trotzdem total besessen von diesem Gedanken. Da können die Vereine noch so oft auf die geringen Chancen hinweisen... Wer den Fuß bereits in der Tür hat, will auch ganz durchgehen. Diesen Ehrgeiz hat man einfach. Man opfert so viel und wenn man am Ende mit leeren Händen dasteht, ist man hoffentlich reif genug, das zu verkraften. Diese Reife verknüpfe ich mit einem höheren Alter.
Auch der RAE spielt hier eine Rolle. Er ist im Wesentlichen eine Folge aus einem falschen Talentverständnis und zu großem Leistungsdruck für Trainer. Nirgends ist der Leistungsdruck im Nachwuchsbereich größer als in einem NLZ. Das kann man mit dem Leistungsdruck in einem Amateurverein überhaupt nicht vergleichen. Es werden bevorzugt Spieler selektiert und gefördert, die aufgrund ihrer derzeitigen körperlichen Vorteile als talentierter gelten, obwohl sie nur vorübergehend bessere Leistung bringen als ihre Altersgenossen. Insbesondere im Alter, in dem die Pubertät einsetzt (10-14), haben wir zum Teil extreme Unterschiede im Körperbau. Da werden frühentwickelte nachweislich systematisch bevorzugt. Sie sind größer, schneller und stärker, sind aber im technisch-taktischen Bereich nicht zwingend besser. Oft sind sie sogar schlechter, weil sie mit ihren körperlichen Vorteilen technisch-taktische Defizite kaschieren können. Aber sobald die anderen körperljch aufholen, ist es schnell aus. Wenn wir die Altersgrenze anheben, kann das positiven Einfluss auf den RAE haben, weil die pubertätsbedingten körperlichen Unterschiede dann nicht mehr ganz so stark sind. Das wiederum kann die Ausbildung für die Vereine insgesamt effizienter machen, weil man weniger Spieler selektiert, die von vorne herein keine Perspektive haben.