Ich habe es hier bereits in einer etwas ausführlicheren Art und Weise mal dargestellt:
http://www.trainertalk.de/fuss…ungen-vs-spielformen-pdf/
Kurze Zusammenfassung dazu: Die Korrektur von Techniken ist erwiesenermaßen kritisch zu sehen. Denn dabei geht man ja davon aus, dass es sowas wie eine „Idealtechnik“ gibt. Eine solche kann aber gar nicht existieren, da jede Spielsituation so einzigartig ist, dass die vermeintliche „Idealtechnik“ nicht zur Anwendung kommt. Und eine Technik sollte niemals getrennt von Entscheidungen und dem Situationskontext betrachtet werden. Man muss sich insbesondere im Bereich des Torschusstrainings die Frage stellen, wann wird je unter solchen Situationen abgeschlossen, wie es im Training simuliert wird? Wann schießt man mal ohne Gegnerdruck (abgesehen vom TW) aus 10-15m frontal aufs Tor? Ist das also wirklich spielnah und sind die „Fehler“ in der Bewegungsausführung überhaupt relevant, wenn man bedenkt, was im tatsächlichen Spiel alles um einen herum passiert?
Und man sollte sich fragen, ob es wichtiger ist, die Technik einzuschleifen? Oder ist es wichtiger, überhaupt erst in die Situation für einen Abschluss zu kommen? Somit kommen wir von einer isolierten Betrachtung der Technik zu einer ganzheitlichen Sichtweise auf die Zielsetzung der Torerzielung. Denn was nützt eine (isoliert eingeschliffene) Technik, wenn ich nicht in die Situation komme, um sie konstruktiv anzuwenden?
Zu taktischen Anweisungen, Instruktionen und Korrekturen: Instruktionen schränken grundsätzlich die Wahrnehmung ein. Vor allem bei Kindern ist das der Fall. Da ihr präfrontaler Kortex erst ab dem 11. Lebensjahr voll ausreift, sind sie bis dahin kaum in der Lage, Instruktionen oder sonstige taktische Anweisungen zu reflektieren. Eine Anweisung, die in Situation A funktioniert, kann schon in Situation B völlig unangemessen sein. Das erkennt vielleicht der Trainer, Jugendliche und Erwachsene; aber ein Kind kann das sicher (noch) nicht verstehen. Würde man nun jedoch in dieser Entwicklungsphase immerzu instruieren und coachen, lernen die Kinder nicht, wie sie selbständig Entscheidungen treffen können. Im Prinzip waren die Jungs deines Gegners willenlose Befehlsempfänger. Und wenn sie Pech haben, werden sie das auch bleiben.
Was ist denn so schlimm an Fehlern? Sie sind unabdingbar! Wie oft fällt das Kleinkind auf die Nase, bevor es laufen kann? Kommen die Eltern da mit irgendwelchen Anweisungen daher?! Wenn du deine Spieler technisch-taktisch weiterentwickeln willst, bring sie in spielnahe Situationen, in denen sie fortwährend mit Problemen konfrontiert werden, die sie dann (eigenständig) lösen sollen. Sie werden über Selbstorganisationsprozesse ihre eigenen Lösungen finden. Dabei kann es natürlich sein, dass ein Training voll in die Hose geht, weil sie mit den Aufgaben nicht klarkommen. Das ist völlig ok und auch notwendig. Denn der Lernprozess findet nicht nur in der Zeit des Trainings statt, sondern auch in Pausen.
Mal ein Beispiel dazu: Ein Freund von mir trainierte eine E-Jugend. Er machte mit ihnen nur Spielformen. Die Jungs waren zu Beginn noch recht schlecht im Umgang mit dem Ball. Er machte also eine Einheit, in der sie in vielen verschiedenen Feldern (abweichende Größen und Formen) frei spielten. Zudem ein paar Abwandlungen des el Rondo (Eckspiel, Schweinchen in der Mitte… you name it). Sie haben das alles nicht hinbekommen, weil sie erstmal ein wenig überfordert waren. Schließlich herrschte permanent Gegnerdruck. Dann folgten zwei Tage Pause und er machte das gleiche Training nochmal. Es lief einfach klasse.
Was ist passiert? Inkubation! Das ist das gleiche Prinzip, das beim Lernen von Gedichten wirkt. Man lernt vor dem Schlafengehen und ist beim Einschleifen noch nicht ganz sicher. In der Schlafphase werden nun aber die gelernten Inhalte neu geordnet (Wichtiges wird behalten, Unwichtiges wird vergessen). Am nächsten Morgen beherrscht man dann das Gedicht.
Wenn Spieler mit einer Aufgabe nicht klarkommen, sollte man nicht den Fehler machen und gemäß der Zergliederungsmethode bis ins kleinste Detail gehen und bei der isolierten Technik anfangen. Gib ihnen einfach die Zeit, die Inhalte, mit denen sie konfrontiert wurden, zu ordnen. Kindern wird zu wenig zugetraut. Sie sind in der Lage, ihre Entscheidungen und Bewegungen selbstorganisiert so anzupassen, dass sie irgendwann die beste Lösung finden. Das Gleiche passiert doch im Straßenfußball. Da spielen so einfach, ohne dass ihnen jemand Anweisungen gibt. Und das sind meist die besten Spieler. Wenn man als Trainer also einfach nur mittels vieler verschiedener Spielformen eine Unzahl an Situationen erzeugt, kann man damit technisch-taktische Verhaltensweise viel schneller und vor allem nachhaltiger entwickeln als in isolierten Übungsformen, in denen permanent korrigiert wird. Zudem fördert man so die Kreativität. Wenn man dauernd von draußen reinruft, trifft niemand eigene Entscheidungen. So hat Kreativität keine Chance.