Beiträge von vangaalsnase

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    "Eine Erweiterung des Bewegungsrepertoire( z.B. neue Moves oder Skills) ist durch reine Spielformen nicht möglich. Diese müssen ersteinmal isoliert und später mit sich steigernden Zeit- oder Gegnerdruck eingeübt werden, um beim Spieler in das aktive Repertoire aufgenommen zu werden."
    - Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. In der Mannschaft meines oben genannten Freundes konnte man das sehr gut beobachten. Da war ein kleiner Messi, der die anderen Jungs schwindlig gespielt hat. Mit der Zeit haben die anderen angefangen, die Tricks von ihm nachzumachen (Pass hinterm Standbein, Finten etc.). Die Techniken an sich waren für sie nicht das Problem; die hatten sie sofort fehlerfrei drauf. Das Problem war die situativ angemessene Anwendung. Das hat 2-3 Einheiten gedauert bis sie es erfolgsbringend umsetzen konnten. Die Kinder haben sich das einfach abgeschaut und im Rahmen der Spielformen konnten sie unter den situativen Gegebenheiten die richtige Anwendung verfeinern. Da ging es um die bestmögliche Ausnutzung der Dynamik: Wann mache ich den Trick (in Bezug auf den herannahenden Gegenspieler), in welche Richtung (wo ist mein Mitspieler bzw. wo ist freier Raum)? Da wurde nichts eingeschliffen.


    "Bei Kindern und Jugendlichen ist verstärkt durch Wachstum zudem eine kontinuierliche Reaktivierung bzw. Festigung des Bewegungsrepertoire nötig, auch dies ist teilweise nur durch isolierte Technikübung möglich."
    - Auch hier ein ganz klares "Nein"! In Spielformen, in denen es unentwegt Raum-, Zeit- und Gegnerdruck gibt, müssen sich die Spieler unentwegt orientieren, die Laufrichtung und -Geschwindigkeit ändern. Da werden die motorischen Anforderungen doch implizit gefördert. Ich sage nicht, dass Koordinationshilfen nichts bringen, aber dass man isolierte Übungen braucht, um Bewegungen zu vermitteln, halte ich für falsch.

    Genau. Ergebnisse in der frühen Kindheit sind komplett irrelevant. Auch das hat der DFB noch nicht verstanden, der ja schon bei Zehnjährigen anfängt zu selektieren. Lediglich 12% der vor dem 15. Lebensjahr selektierten Spieler schaffen es laut Studien von Arne Güllich (Professor an der TU Kaiserslautern) letztlich in den Profibereich: "The younger their debut in a representative U-team, the lower was their probability to reach the first Bundesliga and the more likely were they to play below the second Bundesliga at a senior age." [ Güllich, Arne; Selection, de-selection and progression in German football talent promotion; in: European Journal of Sport Science 14 (2014), Heft 6, S. 530-537].


    Solche Studien müssten Einzug in die DFB-Trainerausbildung halten, damit kein Trainer mehr die Notwendigkeit sieht, Kinder zu Erfolgen zu pushen, die für ihrer Entwicklung als Sportler und ihre Persönlichkeit unwichtig sind.

    Ich habe es hier bereits in einer etwas ausführlicheren Art und Weise mal dargestellt:
    http://www.trainertalk.de/fuss…ungen-vs-spielformen-pdf/


    Kurze Zusammenfassung dazu: Die Korrektur von Techniken ist erwiesenermaßen kritisch zu sehen. Denn dabei geht man ja davon aus, dass es sowas wie eine „Idealtechnik“ gibt. Eine solche kann aber gar nicht existieren, da jede Spielsituation so einzigartig ist, dass die vermeintliche „Idealtechnik“ nicht zur Anwendung kommt. Und eine Technik sollte niemals getrennt von Entscheidungen und dem Situationskontext betrachtet werden. Man muss sich insbesondere im Bereich des Torschusstrainings die Frage stellen, wann wird je unter solchen Situationen abgeschlossen, wie es im Training simuliert wird? Wann schießt man mal ohne Gegnerdruck (abgesehen vom TW) aus 10-15m frontal aufs Tor? Ist das also wirklich spielnah und sind die „Fehler“ in der Bewegungsausführung überhaupt relevant, wenn man bedenkt, was im tatsächlichen Spiel alles um einen herum passiert?


    Und man sollte sich fragen, ob es wichtiger ist, die Technik einzuschleifen? Oder ist es wichtiger, überhaupt erst in die Situation für einen Abschluss zu kommen? Somit kommen wir von einer isolierten Betrachtung der Technik zu einer ganzheitlichen Sichtweise auf die Zielsetzung der Torerzielung. Denn was nützt eine (isoliert eingeschliffene) Technik, wenn ich nicht in die Situation komme, um sie konstruktiv anzuwenden?


    Zu taktischen Anweisungen, Instruktionen und Korrekturen: Instruktionen schränken grundsätzlich die Wahrnehmung ein. Vor allem bei Kindern ist das der Fall. Da ihr präfrontaler Kortex erst ab dem 11. Lebensjahr voll ausreift, sind sie bis dahin kaum in der Lage, Instruktionen oder sonstige taktische Anweisungen zu reflektieren. Eine Anweisung, die in Situation A funktioniert, kann schon in Situation B völlig unangemessen sein. Das erkennt vielleicht der Trainer, Jugendliche und Erwachsene; aber ein Kind kann das sicher (noch) nicht verstehen. Würde man nun jedoch in dieser Entwicklungsphase immerzu instruieren und coachen, lernen die Kinder nicht, wie sie selbständig Entscheidungen treffen können. Im Prinzip waren die Jungs deines Gegners willenlose Befehlsempfänger. Und wenn sie Pech haben, werden sie das auch bleiben.


    Was ist denn so schlimm an Fehlern? Sie sind unabdingbar! Wie oft fällt das Kleinkind auf die Nase, bevor es laufen kann? Kommen die Eltern da mit irgendwelchen Anweisungen daher?! Wenn du deine Spieler technisch-taktisch weiterentwickeln willst, bring sie in spielnahe Situationen, in denen sie fortwährend mit Problemen konfrontiert werden, die sie dann (eigenständig) lösen sollen. Sie werden über Selbstorganisationsprozesse ihre eigenen Lösungen finden. Dabei kann es natürlich sein, dass ein Training voll in die Hose geht, weil sie mit den Aufgaben nicht klarkommen. Das ist völlig ok und auch notwendig. Denn der Lernprozess findet nicht nur in der Zeit des Trainings statt, sondern auch in Pausen.


    Mal ein Beispiel dazu: Ein Freund von mir trainierte eine E-Jugend. Er machte mit ihnen nur Spielformen. Die Jungs waren zu Beginn noch recht schlecht im Umgang mit dem Ball. Er machte also eine Einheit, in der sie in vielen verschiedenen Feldern (abweichende Größen und Formen) frei spielten. Zudem ein paar Abwandlungen des el Rondo (Eckspiel, Schweinchen in der Mitte… you name it). Sie haben das alles nicht hinbekommen, weil sie erstmal ein wenig überfordert waren. Schließlich herrschte permanent Gegnerdruck. Dann folgten zwei Tage Pause und er machte das gleiche Training nochmal. Es lief einfach klasse.


    Was ist passiert? Inkubation! Das ist das gleiche Prinzip, das beim Lernen von Gedichten wirkt. Man lernt vor dem Schlafengehen und ist beim Einschleifen noch nicht ganz sicher. In der Schlafphase werden nun aber die gelernten Inhalte neu geordnet (Wichtiges wird behalten, Unwichtiges wird vergessen). Am nächsten Morgen beherrscht man dann das Gedicht.


    Wenn Spieler mit einer Aufgabe nicht klarkommen, sollte man nicht den Fehler machen und gemäß der Zergliederungsmethode bis ins kleinste Detail gehen und bei der isolierten Technik anfangen. Gib ihnen einfach die Zeit, die Inhalte, mit denen sie konfrontiert wurden, zu ordnen. Kindern wird zu wenig zugetraut. Sie sind in der Lage, ihre Entscheidungen und Bewegungen selbstorganisiert so anzupassen, dass sie irgendwann die beste Lösung finden. Das Gleiche passiert doch im Straßenfußball. Da spielen so einfach, ohne dass ihnen jemand Anweisungen gibt. Und das sind meist die besten Spieler. Wenn man als Trainer also einfach nur mittels vieler verschiedener Spielformen eine Unzahl an Situationen erzeugt, kann man damit technisch-taktische Verhaltensweise viel schneller und vor allem nachhaltiger entwickeln als in isolierten Übungsformen, in denen permanent korrigiert wird. Zudem fördert man so die Kreativität. Wenn man dauernd von draußen reinruft, trifft niemand eigene Entscheidungen. So hat Kreativität keine Chance.

    Wir haben drei Mal Training (Montag, Mittwoch, Donnerstag). Analyse machen wir montags. Das passt gut in den regenerativen Rahmen, wenn man einen oder zwei Tage zuvor ein Spiel hatte. Zudem sind da die Eindrücke noch frisch. Wir machen das auch nie länger als 10-15 min. Wenn man also nur zwei Einheiten pro Woche hat, dürfte das immer noch machbar sein, ohne dass zu viel Trainingszeit dabei draufgeht. Wir machen das ja auch nicht nach jedem Spiel.

    @Schimanski: Ich nutze in dieser und ähnlichen Übungen gerne das Rückpassverbot zwischen äußeren Spielern und denen in der Mitte. Bekommt also ein äußerer Spieler den Ball aus der Mitte, darf er nicht zu demjenigen Spieler zurückpassen, von dem er gerade den Ball bekommen hat. Das gleiche gilt dann auch für den Fall, dass der äußere Spieler in die Mitte passt. Dadurch wird implizit die Dreiecksbildung fokussiert. In Verbindung mit der leicht seitlichen Stellung absolut passend.


    Eine weitere Zusatzregel, die ich gerne nutze ist, dass die äußeren Spieler sich nicht untereinander anspielen dürfen. Wenn man diese Regel nach ein paar Minuten wieder abschafft, nutzen meine Spieler ziemlich starke Verlagerungen.

    Damit eine Videoanalyse gewinnbringend genutzt werden kann, muss ein klarer Spielstil herrschen. Andernfalls sind sämtliche Analysen ohne Kontext.


    Unserer B-Jugend vermitteln wir ein Kurzpassspiel in engen Räumen. Dabei wollen wir ruhig von hinten aufbauen und uns in der gegnerischen Hälfte festsetzen. Unsere Jungs konnten zwar in den ersten Spielen ausgezeichnet kombinieren, verloren aber durch ungestüme Entscheidungen zu oft den Ball in der Vorwärtsbewegung. Wenn wir dann mehr Ruhe gecoacht haben, entgegneten sie, dass sie doch keine Zeit am Ball hatten. Dank des Videos konnten wir ihnen zeigen, wie viel Raum sie hatten. Wir haben ihnen also nur mal die Sicht von draußen gegeben. Das war ein richtiges Aha-Erlebnis für alle. Seitdem sind sie viel ruhiger am Ball und nehmen den Raum deutlich bewusster wahr (im Training arbeiten wir in teilweise extrem engen Räumen, in denen sie viel mehr Stress haben als im tatsächlichen Spiel). Ihre Entscheidungsfindung ist wesentlich besser geworden und mittlerweile dominieren wir über den Ballbesitz.


    Den Perspektivwechsel durch Videos haben wir auch einmal genutzt, als die Jungs total unzufrieden nach einem Spiel waren. Wir konnten ihnen zeigen, dass sie in Wirklichkeit extrem gut waren. Ist halt für alle ein neuer Spielstil, mit dem sie sich erst vertraut machen müssen. Da ist es für die Spieler schwer einen Maßstab von "gut" und "schlecht" zu entwicklen. Dafür sind Videoanalysen einfach perfekt.


    Wir nutzen solche Analysen aber nicht nur vor der gesamten Mannschaft sondern machen auch Einzelanalysen. Teilweise auch auf Nachfrage der Spieler.


    Hier mal ein Bsp. einer Analyse. Das ist ein Zusammenschnitt einiger ausgewählter Szenen aus unserem letzten Spiel (3:2 Sieg nach 3:0 Halbzeitstand). Später zeichnen wir noch ein paar Dinge ein, um Raumaufteilung oder Verbindungen hervorzuheben; das fehlt in diesem Bsp. aber noch. Wir sind Team Weiß.
    In den ersten Szenen geht es darum, das Aufbauspiel zu loben: Wir sind geduldig, sehr gut abgesichert (wir haben in jeder Situation Überzahl am Ball) und kommen jederzeit ins Gegenpressing, wenn mal ein Pass ungenau ist. Gerade am Ende der ersten Szene verhalten wir uns ausgezeichnet nach dem Ballverlust und gewinnen das Spielgerät sofort wieder zurück (vier Mann schalten ballnah blitzschnell um, der Rest schiebt zum Ball und sichert ab).


    Eine Eckszene ist dabei, in der wir nicht gut abgesichert sind (trotzdem starkes Umschalt- und Rückzugsverhalten). Das korrigieren wir dann, indem wir an der Taktiktafel aufzeigen, wie wir es besser machen können.


    In ein paar Szenen sieht man sehr gut, wie wir vom Flügel jederzeit wieder ins Zentrum kombinieren. Das ist ein Aspekt, den wir zu Beginn der Saison nicht gut umgesetzt haben, was letztlich zu vielen Ballverlusten führte.


    In den letzten beiden Szenen sieht man, wie weit wir zum Ball eingerückt sind. Dadurch erzeugen wir enormen Druck und erzwingen den Ballverlust des Gegners, indem wir ihn nach außen Zwingen.
    https://streamable.com/6zpl


    Man sollte in Analysen also nicht nur negative Aspekte aufzeigen, sondern auch diejenigen Sachen, die gut waren. Einerseits erzeugt das ein gutes Gefühl bei den Spielern. Andererseits können diese Elemente dadurch noch verstärkt werden.

    Hier nun meine Antwort, weshalb ich ausschließlich in Spielformen trainiere. Wie angekündigt ist es sehr lang geworden. Ist halt eine komplexe Herleitung, der man nicht in 10.000 Zeichen gerecht werden kann. Daher habe ich das in eine pdf gepackt und hier angehängt. Darüber hinaus habe ich noch eine weitere Datei angehängt, auf die auch im Text Bezug genommen wird. Diese bitte erst nach meinen Ausführungen lesen.

    Ich weiß, das tut man nicht, aber bevor ich auf deine Fragen antworte, möchte ich dir eine Frage stellen: „finde es schwer, alles ausschließlich in Spielformen unterzubringen.“ – Was findest du daran schwierig?


    Möchte im Rahmen meiner Antwort (die etwas dauern kann) auf deine Überlegungen und Argumente eingehen.

    "Sie folgt aktuellen sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. Aber selbst Wissenschaftler sind hin- und hergerissen zwischen Spiel- und Übungsmethode." - Das ist nicht richtig. Die Wissenschaften raten von solchen Übungsformen fast einstimmig ab. Tatsächlich ist der Nutzen für das motorische Lernen deutlich effektiver und effizienter, wenn man in Spielformen trainiert. Ich kann nur empfehlen, ein bisschen über das Trainingsmodell "Teaching Games for Understanding" (TGfU) zu lesen.


    "Eine Spielform hat tendenziell eine geringere "Schwerpunktreinheit"." - Genau das ist der Grund, weshalb Spielformen den isolierten und gegnerdrucklosen Übungsformen vorzuziehen sind. Das Problem in solchen Übungsformen ist, dass es kaum Schwankungen im Sinne des differenziellen Lernens gibt. Diese Schwankungen sind jedoch wichtig im motorischen Lernprozess:
    [Schöllhorn, Wolfgang, Individualität – ein vernachlässigter Parameter?, in: Leistungssport 29 (1999), H. 2, S. 5-12.


    Schöllhorn, Wolfgang/Sechelmann, Michael/Trockel, Martin/Westers, Roland, Nie das Richtige trainieren, um richtig zu spielen, in: Leistungssport 34 (2004), H. 5, S. 13-17.


    Schöllhorn, Wolfgang, Differenzielles Lehren und Lernen von Bewegung. Durch veränderte Annahmen zu neuen Konsequenzen, in: H. Gabler/U. Göhner/F. Schiebl (Hrsg.), Zur Vernetzung von Forschung und Lehre in Biomechanik, Sportmotorik und Trainingswissenschaft (= Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft 144), Hamburg 2005, S. 125-135.]


    Des Weiteren werden die Spieler nur in Spielformen in die Lage versetzt, ihre Entscheidungen zu verbessern und auf andere Situationen zu übertragen. In isolierten Übungsformen müssen sie keine Entscheidungen treffen, weshalb es hier auch keinen Lerneffekt geben kann:
    [Masters, Richard S.W./Poolton, Jamie M./Maxwell, Jon P./Raab, Markus, Implicit motor learning and complex decision making in time constrained environments, in: Journal of Motor Behavior 40 (2008), H. 1, S. 71-79.


    Memmert, Daniel/Roth, Klaus, The effects of non-specific and specific concepts on tactical creativity in team ball sports, in: Journal of Sports Sciences 25 (2007), H. 12, S. 1423-1432.


    Memmert, Daniel/Baker, Joseph/ Bertsch, Claudia, Play and practice in the development of sport-specific creativity in team ball sports, in: High Ability Studies 21 (2010), H. 1, S. 3-18.]

    Kommt darauf an, nach welchen Kriterien gemischt wird. Wenn man das biologische Alter betrachtet und technisch-taktische Fähigkeiten anstelle von konditionellen hervorhebt, kann man dem RAE durchaus vorbeugen. Das sind gute Strategien. Aber deren Anwendung erfolgt sehr selten. Beispiele dafür liefern unsere U-Nationalmannschaften. Bei der vergangenen U17-WM sind jeweils 9 Spieler des DFB im ersten und zweiten Quartal geboren worden (je 42,9%), einer im dritten (4,8%) und zwei im vierten (9,5%).

    Eine solch frühe Einteilung nach Leistung ist der erste Schritt hin zum relative age effect. In diesem Alter haben ältere Spieler (und seien es auch nur ein paar Monate) teilweise erhebliche Vorsprünge in der körperlichen Entwicklung und Spielerfahrung. Dadurch werden sie durch entsprechende Sichtungen häufiger als "talentiert" oder "besser" eingestuft. Ihr könnt ja mal beobachten, in welchen Monaten oder Quartalen die Spieler der jeweiligen Leistungsmannschaften geboren wurden.


    Das Problem ist, dass nur auf das derzeitige Leistungsniveau der Kinder geachtet wird, aber nicht darauf, wie es um die Entwicklungsfähigkeit bestellt ist. Aber genau das muss im Zentrum der Nachwuchsausbildung stehen. Studien deuten zudem darauf hin, dass man erst ab dem C-Jugendbereich solche Sichtungen vornehmen sollte, denn vorher ist es unmöglich vorherzusehen, wie die zukünftige Leistungsentwicklung sein wird.

    In Fußball durch Fußball geht es darum, warum Spielformen die besten Trainingsübungen sind. Im Prinzip ist es die Antwort auf TW-Trainers Kommentar "Das Buch könnte ein "Renner" werden, wenn es seinem Leser die Augen dafür zu Öffnen vermag, warum das Fussballspiel die besten Beispiele fürs Training liefert."

    Bestimmte Inhalte schwerpunktmäßig über 4-6 Wochen (Mesozyklus) zu trainieren ist grundsätzlich nicht ratsam. Es besteht zum einen die Gefahr, sich nicht auf kurzfristig auftretende Anforderungen oder Probleme einstellen zu können, die sich häufig im Laufe von Spielen zeigen. Wenn du dich bspw. gerade schwerpunktgemäß um das Abschlussverhalten kümmerst, deine Mannschaft aber nicht in der Lage ist, den Ball kontrolliert und stabil in Tornähe zu bringen, musst du eben diesen Aspekt in den Fokus rücken. Und wenn du umgekehrt sehr viele gute Abschlüsse kreierst und viele Tore schießt, brauchst du wohl erst mal nicht (mehr) schwerpunktmäßig am Abschluss arbeiten. Um auf diese Gegebenheiten flexibel reagieren zu können, sind Mesozyklen ungeeignet.


    Ein weiteres Argument gegen Mesozyklen: erarbeitete Schwerpunkte können im Laufe des nächsten Zyklus wieder vergessen werden oder verloren gehen. Die mesozyklische Schwerpunktsetzung führt darüber hinaus zu einer Zerstückelung der Spielkomplexität. Bereits die Qualität deines Ballbesitzspiels und die etwaige Raumaufteilung gibt den Ausschlag darüber, wie gut deine Mannschaft nach Ballverlusten verteidigen kann. Umgekehrt entscheidet die Qualität und Raumaufteilung deiner Defensive, wie deine Mannschaft nach Ballgewinn umschalten kann. Man kann die Spielmomente (eigener Ballbesitz, gegnerischer BB, Umschalten vom eigenen auf gegnerischen BB, Umschalten vom gegnerischen auf eigenen BB) also nicht getrennt voneinander betrachten. Ebensowenig kann man die einzelnen taktischen Elemente isoliert betrachten.
    Insofern kann man nur davon abraten, erst 4-6 Wochen Abschlüsse zu üben und danach 4-6 Wochen Pass- und Aufbauspiel. Wenn ich nicht gut aufbauen kann, werde ich auch keine Torchancen kreieren. Wenn ich nicht gut verteidigen kann, sind meine Abschlüsse nur die Hälfte wert, weil ich vorne gar nicht so viele Tore schießen kann, wie ich hinten welche fange.


    Konzipiere dein Training also lieber ganzheitlich. Das geht nur in Spielformen. Da hast du immer alle Spielmomente dabei und kannst durch gezielte Übungsmodifikationen bestimmte Inhalte forcieren. Das passt du dann je nachdem an, was deine Mannschaft gerade braucht. Hat dein Team etwa Defizite im Aufbauspiel, solltest du viele Positionsspiele machen. Hat deine Mannschaft Probleme in der Verteidigung, empfehlen sich Über/Unterzahlspiele (Ballbesitzende Mannschaft ist in Überzahl). Wer bei gegnerischem Ballbesitz in Unterzahl ist (das ist übrigens auch bei Positionsspielen der Fall), muss geschickt im Raum agieren. Auf der anderen Seite muss die ballführende Mannschaft Lernen, wie sie mit der Überzahlsituation umgeht. Du hast also in Spielformen immer die Möglichkeit, alle Aspekte zu üben, kannst jedoch flexibel bestimmte Schwerpunkte setzen. Und das entscheidest du je nachdem, was deine Mannschaft im letzten Spiel (oder sogar Training) gezeigt hat. Also musst du deine Mannschaft unentwegt analysieren.


    Somit lautet mein Fazit: Mikrozyklische Schwerpunktsetzung (1 Woche) unter ganzheitlichen Bedingungen.

    Ein bisschen mehr als das Inhaltsverzeichnis sollte man schon lesen ;)


    Mit dem Kinder- und Jugendtraining befassen sich an der besagten Stelle 5 Seiten. Zudem werden über das ganze Buch diverse Methodiken aufgezeigt, die insbesondere für Kinder geeignet sind. Dazu zählen impliziten Lehrmodelle, die das Buch insgesamt dominieren. Es wird sogar ein Entwicklungsmodell gezeigt, wie das Training je nach Alter gestaltet sein sollte.