Das Thema beschäftigt mich schon etwas länger und ich
befasse mich sehr intensiv damit seitdem ich im Sommer beim Derbystar Kongress
in Duisburg Wedau war und den Vorträgen von Steven Turek (Co-Trainer Hannover
96 U19) zugehört habe.
Der veranschaulichte an Beispielen und mit Daten folgendes:
klassische Übungsformen bewirken einen schnellen Erfolg.
Machen wir die Gassenform und spielen den Ball über 10m hin und her, wird er
das schnell und gut umsetzen können. Das Problem ist, wenn man diesen
Schwerpunkt über 2 Wochen macht und dann 6 Wochen vernachlässigt, ist der
Erfolg „dahin“ (sicherlich übertrieben dargestellt). Zudem kann er gut 10m Pässe
ohne Druck und nur geradeaus spielen. Wie es sich bei Pässen über 15m nach
einer Ballannahme zur rechten Seite verhält, sind die Trainingserfolge nur marginal.
Das liegt an der fehlenden Varianz.
Spielform: 3 gegen 3 plus 2 Überzahlspieler auf Ballhalten
und nach 10 erfolgreichen Pässen darf auf ein Passtor welches außerhalb des
Feldes steht ein Punkt erzielt werden. Vorteile der Übung, nahezu jeder Pass
wird spielnah gespielt (Gegnerdruck, unterschiedliche Passdistanzen,
Passtechniken etc.). Der Erfolg der Verbesserung des Passspiels wird sich nicht
so schnell einstellen wie bei der Trainingsübung „Gassenform“. Dafür hält die
Verbesserung im Bereich Passspiel jedoch an und wir haben gleichzeitig mehrere
andere Themen „unbewusst“ mittrainiert (Dreiecksbildung, Lösen aus dem
Deckungsschatten, Ballan- und mitnahme etc.).
Die Definition von Übungsform und Spielform fiel dort nicht
wirklich, ich würde sie aber folgendermaßen benennen:
Das Erkennungsmerkmal einer Spielform ist, dass in Ihr das Entscheidungstraining
vorkommt.
Das bedeutet, es ist nicht von vornherein festgelegt wohin
der Ball gespielt wird, sondern der Spieler entscheidet je nach Situation
(Gegnerverhalten, Position Mitspieler) wohin er spielt oder ob er gar ins
Dribbling geht.
Wie ich in meinem Beitrag nach dem Besuch des Derbystar
Kongresses hier schon schrieb, fand ich den Ansatz sehr gut und bin davon auch
ziemlich überzeugt.
Übungsformen dienen lt. Turek eher regenerativen Zwecken als
der wirklichen technischen Verbesserung.
Ich möchte kurz auf ein paar Punkte der Diskussion hier
eingehen:
Skriwer : In deinem Beitrag zur Meinung von Constantin geht
es um das Passspiel. Constantin meint, dass hier Übungsformen erforderlich/sehr
hilfreich sind, um Aspekte wie Passchärfe, Pass in den richtigen Fuß etc. zu
trainieren. Du entgegnest ihm, dass du anderer Meinung bist, da diese Aspekte
auch in Spielformen verlangt würden. Ein schwacher Pass wird abgefangen, eine
schwache Ballmitnahme führt zu einer Pressingsituation etc.
In der Theorie sehe ich das genauso wie du. Die Spielform
erfordert die richtige Umsetzung noch viel mehr als die Übungsform. Bei der
Spielform werde ich für eine falsche/schlechte Umsetzung direkt mit einem
Ballverlust oder zumindest einer kritischen Situation bestraft. Bei der
Übungsform geht es einfach weiter.
Das Problem was ich hier in der Praxis festgestellt habe –
meine Beobachtung bezieht sich auf eine U15 auf wirklich gesteigertem Niveau –
ist, dass ich nicht das Gefühl habe, dass die Jungs sich intensiv damit auseinandersetzen,
warum der Ball verloren gegangen ist. Klar, dafür bleibt aufgrund der durch den
Ballverlust eingetretenen Situation (Ich muss jetzt ja verteidigen) auch gar
keine Zeit.
So jetzt kann man sagen, wie sehr beschäftigt sich der
Spieler bei einem Fehler in der Übungsform damit, was er falsch gemacht hat.
Sicherlich auch nicht mega intensiv. Der Unterschied liegt auf der Hand. In der
Übungsform ist der Fehler leicht erkennbar, der Trainer spricht es sofort an,
informiert den Spieler, was er anders machen sollte, um es besser hinzubekommen
(ob er unterbricht oder während der Übung redet) und weiter geht’s.
In der Spielform sieht das anders aus. Beispiel wieder 3 vs.
3 (A,B,C vs. 1,2,3) plus 2 neutrale (X, Y). A spielt zu B, B verliert den Ball.
Blitzschnell spielt 1 zu 2, 2 dribbelt ein paar Meter, spielt einen Doppelpass
mit 3, spielt dann wieder auf 1, der mit einer starken Ballmitnahme und schönem
Pass auf den neutralen X die Pressingsituation, die der Gegner hergestellt hat
auflöst.
Die Situation dauert vielleicht 30 Sekunden. Das „Problem“,
nennen wir es lieber die Schwierigkeit, liegt darin, dass es in extrem kurzer
Zeit extrem viele Aktionen gibt, die man coachen könnte, die zu positiven
Lösungen führen oder eben zu Fehlern.
Der Ballverlust von B: Lag er an einem zu kurzen Pass von A,
den Ball nur mit der Fußspitzen erreichen konnte, ehe 1 ihm den Ball abnahm,
lag es an einem 100KM/h Pass über 1,5m, lag es an einer schlechten Ballmitnahme
direkt in den Gegner hinein oder wurde der Pass von A in den gegnernahen Fuß
von B gespielt oder oder oder. Wie im richtigen Spiel, es gibt zig mögliche
Erklärungen. Und hier kommt der Trainer ins Spiel. Warum ging der Ball
verloren, erkennst du das?
Und hier muss ich ehrlich sagen ist der Punkt, warum glaube
ich viele Trainer sagen, ich trainiere lieber in Übungsformen. Weil ganz
ehrlich: Das ist verdammt schwer. Das Spiel ist mega schnell, es folgt Aktion
auf Aktion und hier immer 8 (3vs.3 + 2) Spieler im Blick zu haben, Situationen
zu erkennen, Fehler oder richtige gute Aktionen zu erkennen und dann noch
abzuwägen, ob man coacht (korrigiert, lobt – während der Übung oder jetzt sogar
unterbricht – auch das muss abgewogen werden) ist schon mega anspruchsvoll. Also
ohne scheiß, wer das tatsächlich richtig gut hinbekommt, der ist schon top, das
empfinde ich als richtig anspruchsvoll.
Man muss nicht nur erkennen, dass es eine Situation
vorliegt, die es zu coachen gilt – man kann quasi alles coachen – sondern man
muss auch noch abwägen, ob man wirklich diese Situation coachen sollte. Es gilt
ja auch den Spaßfaktor zu beachten, wenn ich grob nach jedem Pass unterbreche,
dann haben die Jungs schnell keinen Bock mehr.
Ich fahre es für mich so:
Klare Benennung des Schwerpunktes
Dazu wird eine Spielform gemacht
gecoacht wird nur der Schwerpunkt!!! – Ausnahmen nicht
ausgeschlossen.