Wir spielen als F1 in der Kreisliga - den größten Teil der Mannschaft habe ich zum Ende der G2 übernommen. Von den 10 Jungs habe einige meiner Meinung nach eine tolle Entwicklung gemacht. Bei anderen habe ich die Befürchtung das die Unterschiede immer größer werden, da ich bei schon über einen längeren Zeitraum keine Weiterentwicklung erkennen kann. Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht, kommt der nächste Schritt evtl. etwas später ? Was aber, wenn einige über mehrere Monate kaum bis keine Fortschritte machen - sie werden doch auch frustriert, wenn sie sehen, dass es bei anderen auch geht ?
Das ist eine sehr gute Frage! Als mein Sohn gerade 11 geworden ist habe ich ihm gesagt, er soll versuchen noch vor einem Spiel die Stärke und das Können der Gegner beim Aufwärmen zu beobachten. Es geht um Kleinigkeiten, wie Ballannahme, Pässe mit dem Innenrist usw. Der Zweck dabei war, die Stärken und die Schwächen in etwa abzuschätzen, um sich daraus Vorteile abzuleiten, als Einführung in der Analysefähigkeit. Ich habe das einige Male probiert, das Ergebnis war nicht gerade berauschend. Irgendwann habe ich ihn gefragt, ob er eine gute Technik "ablesen" kann, wenn er diese eine mit seiner Technik vergleicht. Die Antwort war: eigentlich nicht soooo...Der Aha-Effekt war da! Jetzt mit 11,5 fängt er an zu verstehen und findet selber diese Dinge heraus. Der eine kann nicht dribbeln, der andere spielt mit dem Kopf nach unten, der nächste ist langsam usw.
Ich habe selber auch eine Menge Erinnerungen von meiner Kindheit, aber nach Gefühl würde ich sagen, dass der direkte Vergleich mit den anderen in etwa mit 12...13 aufgetreten ist. Ich vermute, dass Kinder in dem Alter bis 12 (?) die Unterschiede noch nicht richtig einschätzen können. Wenn einer besondere Techniken verwendet, fällt das eventuell noch auf. Aber von Frustration kann hier, glaube ich, nicht die Rede sein. Ich habe zum Beispiel einigen Kindern eine bestimmte Stoppart gezeigt und das auch immer wieder. Sie sind fleißig und üben das auch eine Zeit lang, aber wenn sie merken, dass es keine Fortschritte gibt, dann verzichten sie ohne weiteres darauf.
Ich trainier jetzt seit ungefähr zwei Jahren, dabei habe ich beobachtet, dass manche plötzlich große Sprünge machen, andere eher stagnieren, im Bereich von F bis E, war das.
Jetzt möchte ich gerne eine Frage an die "alten Hasen" hier richten: Habt ihr schon erlebt, dass einer, der am Anfang total schlecht war, plötzlich so aufgeholt hat, dass er in der Mannschaft nicht mehr abfiel? Habt ihr erlebt, dass einer so richtig nachgelassen hat? Gibts so eine Art Richtwert, ab wann die Kinder nicht mehr aufholen können, wenn sie bestimmte Dinge nicht können? Ich frage nur für den Kinderfußball, also bis einschließlich D-Jugend.
"Total schelcht" ist ein nicht ganz klar definierter Begriff. Die Trainer haben unterschiedliche Auffassungen und wenn sie noch dazu in Vergleichen denken, dann wird das ganze noch komplizierter. Meine persönliche Meinung ist, man sollte sich eher an die Potentiale orientieren. Dazu gehören zum Beispiel die Motorik, das Interesse an Fußball, die Aufmerksamkeit im Training, der Wille usw. Wenn ich selber an "total schlecht" denke, dann hat das in erster Linie mit der Motorik zu tun. Wenn sich die Beine verknoten, ist da nichts zu holen. Auch so betrachtet ist die Palette hier derart vielfältig, dass eine Fausregel schlichtweg unmöglich ist. Erfahrung und Auge können dabei helfen und eventuell Hinweise. Dazu habe ich 2 Beispiele. Ich beobachte 2 Jungs seit etwa einem Jahr, beide haben jetzt die Saison in der D-Jugend angefangen:
1) Der erste war bereits am Anfang der E-Jugend, zumindest laut Erzählungen, die unangefochtene Nr. 1. Was ich bei ihm gesehen hebe, war eine gute Motorik, gute Ideen im Spiel und viele Tore aus unterschiedlichen Positionen. Charakterlich war das schon immer ein schwieriger Fall. Der Junge war nicht besonders interessiert und hat jegliche Tipps geblockt. In Sachen Technik hat er immer aus dem Augenwinkel, ja fast aus der Ferne, beobachtet, aber nichts im Training geübt. Eine Woche später hatte er das aber drauf. Es ist viel Talent dahinter, aber nicht pflegeleicht. Jetzt in der D-Jugend droht er zu kippen. 2000-er und 1999-er spielen jetzt zusammen und vermutlich sind manche 2000-er vom Ehrgeiz gepackt. Der besagte Junge taucht aber als 2000-er immer weiter in die Masse unter. Kaum Körpereinsatz, nicht schnell genug, unentschieden im Dribbling, viele Ballverluste usw. Finde ich schade, aber sein Trainer könnte das noch abfangen.
2) Der zweite Junge hatte vor einem Jahr, sagen wir mal merkliche Defizite in der Motorik. Nicht bis zum Verknoten hin, aber dennoch gut sichtbar. Sein Wille ist bemerkenswert. Bis vor einigen Monaten habe ich ihm immer mal wieder einige Sachen gezeigt. Er konnte keine 3 mal jonglieren. Seine Mama erzählt aber, dass er zu Hause Stunden lang das übt, was ich ihm gezeigt habe. Jetzt schafft er 20...30 Mal hintereinander zu jonglieren. Die Ballannahme ist jetzt auch viel genauer, also sind deutliche Fortschritte zu sehen. Er ist auch schnell geworden und scheut sich auch nicht davor, auch größere Gegner richtig hart anzugehen. Daraus kann etwas werden, wenn er so weiter macht und ich hoffe, dass seine Größe ihm nicht im Weg stehen wird. Seine Eltern sind eher klein und zierlich.
In der D-Jugend ist noch sehr viel machbar, auch bzgl. der Technik. Wenn die Kinder aber nicht im ersten Jahr der D-Jugend verstehen, dass sie auch schnell und bissig im Zweikampf werden müssen, dann, befürchte ich, sie bleiben auf der Strecke. Der Abstand zu den anderen wird immer größer. Ein ideales Gewicht und die "Puste" gehören dazu. Einige Kinder bekommen noch ein Problem, wenn sie im zweiten Jahr der D-Jugend aufgrund der Rückstände z.B. mit den Jahrgangjüngeren vermischt werden. Sie müssen sich behaupten und das schlägt sich enorm auf die Psyche.