Robustere Spieler

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  • Hallo erstmal.
    In unsere Mannchaft ist ein wirklich guter "trickser". Nur leider ist er etwas kleiner und nicht so robust, deswegen wird ihn mit körpereinsatz schnell den ball abgenommen. kenn ihr trainingsübungen, damit die kinder robuster werden???


    Ich bedank mich schon mal im vorraus

  • Hallo!

    Auch ich habe einen technisch begabten und spielintelligenten Spieler in meiner Mannschaft, der gleichaltrigen jedoch körperlich unterlegen ist. In den Spielen muss er sich zudem gegen ältere durchsetzen, die weitaus größer als er sind, weil er zum jüngeren E-Jugend-Jahrgang zählt. Der Junge hat anfangs nicht einen einzigen Zweikampf gewinnen können. Nach einigen Wochen wurde er aber besser und setzt jetzt sehr geschickt seinen Körper ein - das Zweikampftraining (in diesem Alter reicht ein 1-gegen-1 vollkommen aus) hat sich als die richtige Wahl herausgestellt. Welche Übungen da am besten sind, muss jeder für sich selbst entscheiden, ich verwende da vorallem meine eigenen Kreationen, weil diese auf meine Spieler zugeschnitten sind (schließlich kenne ich die Stärken und Schwächen meiner Jungs). Es gibt aber genug Info-Material im Internet zum Zweikampftraining zu finden - einfach mal bei soccerdrills.de nachschauen ;)
    Geduld musst du aber schon mitbringen, nicht jedes Kind entwickelt sich rasend schnell - manche brauchen eine gewisse Zeit, bis sie das Gelernte auch im Spiel anwenden, liegt meines Erachtens nicht zuletzt auch an der sogenannten "Spielblockade", soll heißen: nicht alles, was im Training super funktioniert, wird auch sofort im Wettspiel angewandt.

    Gruß
    Sven

  • Richtig, immer wieder Zweikampftraining, in unterschiedlichsten Varianten, dann wird sich die Situation sicherlich langfristig deutlich besserern.

    Aber Vorsicht, nicht jeder ist ein Terrier. Und das ist gut so, da mir technisch starke Spieler viel lieber sind als reine Kämpfer und Läufer. Davon gibt es meiner Meinung nach viel zu viele. Richtig gute Spielmacher werden dagegen immer seltener. Woran das wohl liegt?

    Nach meiner Einschätzung wird leider zu selten die technische Stärke gefördert, und zu stark auf das Zweikampfverhalten gesetzt, damit das Spiel des Gegners oft bewußt zerstört wird. Anstatt eigene (spielerische) Akzente zu setzten, wird gelauert und gelauert, um dann ein- bis zweimal gezielt zu kontern und damit erfolgreich zu sein.

    Wer kämpft kann verlieren - wer nicht kämpft hat bereits verloren

  • Genau das ist mir auch schon aufgefallen, es gibt viel zu viele Mannschaften, die selbst keine spielerischen Akzente setzen können, sondern immer nur versuchen, das Spiel des Gegners zu zerstören und dann zu kontern. Von daher sollte der Schwerpunkt im Training bei spielerischen und technisch orientierten Inhalten liegen - ohne Zweikampftraining wird man sicher aber auch nicht auskommen, zumindest sollte der offensive Zweikampf intensiv geschult werden, denn was bringt einem das größte Repertoire an technischen Fertigkeiten, wenn man diese nicht effektiv im Spiel einsetzen kann, weil man nicht weiß, wie man sich gekonnt gegen einen Gegenspieler durchsetzt.

    Gruß
    Sven

  • Hinsichtlich des Zweikampftrainings liegt die Wahrheit meiner Meinung nach auch hier in der Mitte:

    Auch ein technisch noch so begabter Spieler wird sich langfristig nicht durchsetzen können, wenn er nicht die nötige Durchsetzungskraft und Zweikampfstärke entwickelt. Deshalb bauen wir immer wieder entsprechende Übungen in die Trainingseinheiten ein.

    Andererseits sollte der Schwerpunkt auf der Ausbildung technisch versierter, beidfüßiger und kreativer Fußballspieler liegen. Diese werden sich auch langfristig behaupten können und im Männerbereich wird man dann noch große Freude an Ihnen haben.

    Außerdem halte ich es für wichtig, eine ausgewogene Mischung aus Technikern und Kämpfern zu haben.

    ein Problem beschäftigt mich aber schon seit längerem und vielleicht hat jedmand von euch einen Tipp für mich:

    Meine Jungs (alle Jahrgang Mitte/Ende 98) spielen insgesamt einen für dei Altersklasse bemerkenswert guten Kombinationsfussball und sind zumeist auch technisch sehr gut. Nach einem hocherfolgreichen letzten Jahr als älterer Jahrgang haben jetzt einige von Ihnen (und zwar die Größeren von Ihnen) öfter große "Manschetten", wenn sie auf sehr ruppig und teilweise unfair agierende kick-and-rush-Fußballer treffen. Bislang ahbe ich noch kein Rezept gefunden, wie ich alle davon überzeugen kann, dass sie ihre fußballerische Überlegenheit ausspielen und sich nicht verstecken sollen.

    Freue mich auf eure Tipps!

  • Als ich vor 5 Jahren mit meiner damaligen Bambini-Mannschaft die Ausbildung anfing, stellte ich mir genau die gleiche Frage. Ich hatte auch einen kleinen Trickser, der im Training locker alle ausspielte. Sobald er im Spiel von einem Gegenspieler auch nur angepustet wurde, blieb er "Rotz und Wasser" heulend stehen. Wie mir damals ein erfahrener Bambini-Trainer sagte, ist es alles nur eine Frage der Zeit, bis der Junge diese Ängste überwindet. Er lag mit seiner Einschätzung goldrichtig. Nach nur 2 Jahren waren alle seine Ängste über Bord geworfen.

    Da ich heute meine Kinder zu 100% nach der Coerver-Methode ausbilde, habe ich allen Kindern im Training untersagt, robust zu spielen. Es geht sogar soweit, das dass Grätschen im Trainingsspiel, egal wo es auf dem Feld stattfindet, mit einem 8 Meter bestraft wird.

    Grund für diese Maßnahme:
    Als ich mit der Coerver-Methode anfing(junger Jahrgang F-Jugend), stellten sich im isolierten Training der Finten sehr schnell Ausbildungserfolge bei allen Spielern ein. Auch mit so genannten "limited pressure"(begrenzter Gegner-, Raum-, oder Zeitdruck) und "full pressure" (voller Gegner-, Raum-, oder Zeitdruck)hatten die Kinder keine Probleme, da die Methode das Grätschen nicht erlaubt. Es wäre ja auch methodisch nicht wirklich klasse wenn ich als Schwerpunkt eine offensive Finte ausbilde und gleichzeitig zulasse, dass die Verteidiger diese sehr komplexenn Bewegungen stören. Noch schlimmer ist, wenn ein Spieler die Bewegungen unter Angst, dass er umgegrätscht wird, üben muss.
    Die Bewegungen können sich erst einschleifen und automatisieren, wenn sie angstfrei mehrere tausendmal wiederholt werden können. Im den Trainingsspielen wurden, da hier das Grätschverbot nicht galt, die Finten aus Angst nicht angewandt.
    Erst als ich das Grätschverbot auf die Trainingsspiele erweiterte, trauten sich die Kinder die Finten auch unter Wettkampfbedingungen anzuwenden.

    Jetzt (gemischte E-Jugend alter und junger Jahrgang, Mädchen und Jungen) wenden alle Spieler die Finten auch im Spiel gegen fremde Mannschaften an. Hier spielt es auch keine Rolle mehr ob die gegnerischen Mannschaften robust spielen oder nicht.

    Mein persönliches Fazit:
    Das robuste Trainieren behindert die technische und taktische Ausbildung meiner Kinder ganz massiv. Es ist nur eine Frage des Entwicklungsstandes, bis die Kinder mit der robusten Spielweise der anderen Mannschaften klar kommen. Trotz des fast körperlosen Trainingsspiels können die Kinder schon jetzt mit robusten Mannschaften umgehen. Nur mit, von Trainern und Eltern, aufgestachelten Mannschaften haben sie noch Probleme. Hier überwiegt dann immer noch die Angst.
    Das robuste Tacklingtraining werde ich, wenn überhaupt, erst frühestens nach dem ersten goldenen Lehrnalter einführen. Dann haben sich alle Techniken bei allen Spielern so sehr stabilisiert, dass sie sich auch durch kampfstarke Gegenspieler nicht mehr beeindrucken lassen.

    Ein Kind trainieren heißt nicht, eine Vase zu füllen, das heißt, ein Feuer anzuzünden

    Einmal editiert, zuletzt von Dirk Coerverfan ()

  • Hallo Dirk,

    es ist ein schöner Erfolg, dass Deine Kids Finten etc. auch im Spiel gegen robustere Mannschaften anwenden. Dieses ist bei meinen Kids noch stark ausbaufähig, gelingt aber auch immer besser.

    Meine Frage zielte aber genau auf die Situationen ab, in denen der - spielerisch stark unterlegene und körperlich überlegene - Gegner von dessen Eltern und Trainern "heiß gemacht" wird und wo dann erschreckenderweise im Extremfall sogar Fouls bejubelt werden.

    Hier scheinen ja auch Deine Spieler ihre Ängste noch nicht überwinden zu können. Wie reagiesrt Du in genau diesen Situationen und gibt es hierfür einen Tipp?

    Danke für eine Antwort und schöne Ostern für alle Trainerkollegen! ;)

  • Ich reagiere in solchen Situationen leider viel zu oft wie ein HB-Männchen und somit falsch. Ich arbeite aber daran.
    Das die Kinder ihre Ängste überwinden können, hat ganz viel mit ihren geistigen Entwicklungsstand zu tun. Hier brauchen wir als Trainer wirklich nicht psychologisch tätig werden.
    Ganz nach der Devise: Gut Ding braucht Lang weil.

    Meine Tipps wie man es anders machen kann:
    Wir sollten die Ursache und nicht die Wirkung bekämpfen.

    1. Den überergeizigen Trainern und Eltern die ROTE KARTE nach österreichischen Vorbild zeigen. Jeder Spieler bekommt am Anfang des Spieles eine Karte in die Hosentasche. Wenn die Eltern zu laut werden, wird ihnen die Karte übergeben.
    http://www.oefb.at/_uploads/_elements/5210_file1.pdf
    Dieses wurde im Berliner Fußball Verband sehr erfolgreich getestet

    2. Die Trainer so schulen (z.B durch die DFB Kurzschulungen) , das sie sich davon überzeugen, dass Kindertraining nicht ergebnis- sondern ausbildungsorientiert sein sollte.

    3. Regeländerung: Grätschverbot im Kinderbereich.
    Eventuell Wiedereinführung von Zeitstrafen.
    Leider wird es wohl ein Wunschtraum bleiben.

    Der falsche Weg wäre es, meiner Meinung nach, wenn Du jetzt im Training jeden Zweikampf mit robusten Körperkontakt schulst.
    Besser ist es wenn Du die Kinder koordinativ weit nach vorne bringst.
    Sie sollten bei solchen Gegnern schneller reagieren können. Sie dürfen bei einem kleinen Tackling nicht sofort das Gleichgewicht verlieren. Sie müssen Ausweichbewegungen und Körperfinten erlernen.
    Diese koordinativen Fertigkeiten kannst Du durch diverse Fang- und Tickerspiele erreichen.

    Ein Kind trainieren heißt nicht, eine Vase zu füllen, das heißt, ein Feuer anzuzünden