Supertalente und Spätstarter!

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  • Von diesem Maedchen hat unser Trainer immer gesagt, dass sie Weltklasse sei.

    Diese und ähnliche Einschätzungen höre ich immer nur von Personen, die selbst nur Kreisklasse gespielt haben. ;)


    Somit muss zunächst die Bezugsgruppe feststehen, bevor der Begriff "Talent" definiert werden kann.

    Ausgehend von oben geschriebenem, kommen Einschätzungen zu Spielern eben häufig auch von Personen die außer der eigenen Mannschaft keinen Vergleichsrahmen haben.


    Ich empfehle jedem Nachwuchstrainer im Altersbereich E/D einmal zum Sichtungstraining des Stützpunktes in seiner Nähe zu gehen. Da relativieren sich die "herausragenden" Fähigkeiten einiger Dorfstars ganz schnell.


    Letztlich können doch im KiFu nur die wenigsten Trainer die Fähigkeiten ihrer Spieler objektiv an den Lernzielen der Altersklasse einschätzen. Typisches Beispiel ist für mich die Anzahl der erzielten Tor. Im Bereich bis F1 teilweise sogar noch E2 reicht ein harter, einigermaßen platzierter, Schuss aus, um reichlich Tore zu schießen. Ein solcher Spieler wird von den unwissenden Eltern und leider auch Trainern dann als Supertalent gefeiert. Beweglichkeit im Spielen und Denken, Leistungswille etc. werden häufig ausgeblendet.
    Ausgehend von meinen Erfahrungen haben diejenigen Spieler die "besten" Entwicklungen genommen, deren Willen am ausgeprägtesten war und die für ihren Sport gelebt haben. Das waren nicht immer die besten Fußballer, aber vielleicht die Leidenschaftlichsten.
    Diese Leidenschaft ist aber eben auch nicht konstant. Und hier sehe ich einen Grund für den drop out vieler "Talente".Sie brennen so für ihren Sport, dass sie am Ende verbrennen.
    Aktuell habe ich einen Spieler vor Augen, der wahrscheinlich gerade dabei ist, sein Talent zu verspielen. Im F-Alter überragend. Wechsel zu einem NLZ. Dort im Kleinfeldbereich auch überragend. Tore über Tore. Technisch stark, schnell, Übersicht. Aber die Lust sich zu quälen geht allmählich verloren. "Es ging ja sonst auch". Irgendwann reicht das "Talent" allein eben nicht mehr. Mit Wechsel auf das Großfeld wurde es immer schwieriger. Nun steht er am Scheideweg, Junioren-Bundesliga oder zurück ins Dorf.
    Gegenbeispiel: Fleißiger Arbeiter, der einen unglaublichen Willen hat. Er muss sich alles erarbeiten, bekam nichts in die Wiege gelegt. Über Jahre hinweg macht er selbst die einfachsten Übungen gewissenhaft und korrekt, versucht sich bei jedem Training weiter zu entwickeln. Inzwischen im Großfeldbereich ein vielseitig einsetzbarer Akteur und Leistungsträger in einer NLZ- Mannschaft.


    Einen letzten, aus meiner Sicht, wichtigen Punkt möchte ich noch ansprechen: die Familie im Hintergrund. Oftmals werden Vorurteile bestätigt. Selbst hier auf dem Dorf habe ich in den vergangenen Jahren genügend Beispiele kennengelernt. Vom schlampigen Genie mit absolut chaotischen Eltern, über den erfolgsgeilen Vater mit Kreisklassenvergangenheit der seinen Sohn unbedingt im NLZ sehen will, bis hin zum Straßenkicker, bei dem die Eltern mit dem Thema Fußball gar nichts anfangen können und wollen.
    Es ist kaum verwunderlich, dass sich die Kinder, deren Eltern das Hobby unterstützen, ohne Druck auszuüben (wobei auch mal ein Tritt in den Hintern erlaubt ist) nach meiner Erfahrung am besten entwickelt haben (im Sinne von Spaß am Fußball erhalten haben, dabei geblieben sein und sich fußballerisch verbessert haben).

  • wir gehören zu den Eltern. Die unterstützen. Ohne Druck auszuüben
    Aber manchmal bekomme ich einen Brechreiz, wenn es nur um Cliquen Wirtschaft geht. Wie bei uns v.a. in der E. Hier geht es doch um Breitensport. Unser alter F-Trainer hat mit seiner Art, mit den Kindern umzugehen, dafür gesorgt, dass ein Teil aufgehört hat. Der Rest ist die angebliche Truemmertruppe", für die extra eine sechste Mannschaft gegründet wurde. Einer der Spieler ist (jetzt) herausragend. An dem sind die anderen Mannschaften schon dran und manche Kinder sind sog. Ausschuss. Und der Arm des alten Trainers ist lang im Verein. Wie soll man da objektiv sein, wenn dein Kumpel dir sagt, der oder die taugt nichts...

  • Was schätzt ihr denn schwieriger ein? Einen guten Techniker schnell zu bekommen oder einem schnellen eine verbesserte Technik beizubringen.

    Na, diese Frage wurde ja schon beantwortet: es sollte ein "schneller Techniker" sein. Jedoch meint Schnelligkeit nicht allein (wie früher) die Maximalgeschwindigkeit eines Spielers, sondern auch die Handlungsgeschwindigkeit.
    Handlungsgeschwindigkeit setzt komplexes Denken voraus, wie durch die aktive oder passive Aktion der Mannschaftserfolg optimiert werden kann. Vieles wird zwar im Training geübt, aber weil sich jede Situation ein wenig anders darstellt, braucht es die Fähigkeit und den Mut blitzschneller Entscheidungen, deren Aufgaben am Ball, Gegner und Mitspieler mit der gewünschten Präzision ausgeführt werden. Weil sich permanent Menschen mit diesen Fragen beschäftigen, wird dem Glück ein wenig auf die Sprünge geholfen. Kann man denn mehr erwarten?


    Gern würde ich an dieser Stelle die Frage stellen, ob es unumstößliche Talentmerkmale gibt oder ob sie einem Wandel unterliegen?


    Dazu ein paar Anregungen und Denkanstöße:
    Gerade im taktischen Verständnis hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Denn die höhere Spieldynamik erforderte es, Situationen sehr schnell zu analysieren und gute Antworten darauf zu finden.
    Hinzu kommen jedoch aufgrund der unterschiedlichen Positionen (Offensive, Mittelfeld, Defensive) andere Schwerpunkte, die widerum unterschiedliche Fähigkeiten voraussetzen. Hat der Offensivspieler die Fähigkeit neue Räume zu erkennen, ist es die Aufgabe des Defensivspielers für den begrenzten Raum bestmögliche Abwehrsicherheit zu finden. Denoch müssen die Spieler nicht nur aus ihren Positionen heraus Lösungen finden, sondern immer dort aushelfen, wo der Gegner bzw. Mitspieler Lücken aufreißen.



    Ganz bewußt habe ich auch die Entwicklung von Eigenmotivation genannt. Sie mag jemanden mehr oder weniger zu eigen sein. Dennoch stellt sich die Frage, wie sie entwickelt wurde und wie man sich stärken kann, damit gerade dieses wichtige Element erhalten bleibt. Denn es gibt ja auch Merkmale eines gesellschaftlichen Wandels, was das Individuum in vielfacher Art und Weise in seinem Denken und Handeln beeinflussen kann.


    Überlegt man sich einmal, dass man heute Spieler ausbildet, die den Anforderungen in 10 Jahren genügen sollen und bedenkt man gleichzeitig, als das andere Ideen in fernen Ländern (wie zuletzt Chile mit der 3-er Kette) entstehen, so wird es schwierig zufriedenstellende Aussagen für so einen langen Zeitraum zu treffen.

    wir gehören zu den Eltern. Die unterstützen. Ohne Druck auszuübenAber manchmal bekomme ich einen Brechreiz, wenn es nur um Cliquen Wirtschaft geht.

    Na, dann ändere etwas daran, indem du selbst die Verantwortung für eine Mannschaft oder für den gesamten Jugendbereich deines Vereins übernimmst und es dann konsequent besser machst!

  • Ihr ehemaliger Trainer hat sie sogar schon mal als Ausschuss bezeichnet und das wird sie natürlich nicht mehr los (aber das ist ein anderes Thema).

    Als AUSSCHUSS? Das ist schon sehr tief... Ich hoffe der Kerl ist weg und hat nichts mehr mit Kinder zu tun!!!


    lg

  • AUSSCHUSS

    Das hört sich zwar auf den ersten Blick wie die "unterste Schublade" an, wenn es denn von Leuten kommt, die gerade mal wissen, wie Fussball geschrieben wird, muß aber auf den 2. Blick nicht immer in diese Schublade gesteckt werden.


    So hab ich einen Fall in der Erinnerung, indem ein besonders talentierter Trainer einen langen "Leistungsschatten" gezogen hat. D.h. bis auf 1 - 2 aus seinem über 2 Jahre lang trainierten Kader sind alle Spieler nach der D-Jugend in den Leistungsfussball gewechselt. Der Trainer ebenfalls. Die Trainer der C-Jugend waren davon natürlich nicht so begeistert und meinten, sie wären doch keine Betreuer der "Resterampe" die sich um die kümmern, die niemand haben wollte. Sie wollten vom Verein wissen, warum man sich so wenig um den Verbleib vom talentierten Trainer und Mannschaft bemüht hatte? Als dieses Feedback ausblieb kündigten einige C-Jugend-Trainer beim Verein.


    M.E. gehört es zu einer guten Vereinskultur, so zu kommunizieren, als das jeder damit etwas anfangen kann. Dabei hilft "Ausschuss" nicht wirdklich weiter. Weder als Ausdruck von Defiziten noch als Ansporn von Verbesserungsoptionen.

  • Der Trainer ist Pädagoge, hat also tagtäglich mit Kindern zu tun und ist immer noch Jugendtrainer. Er geht mit seiner Mannschaft (inklusive des eigenen Sohnes) nächsten Sommer in die D-Jugend hoch. Sein Sohnemann gehört uebrigens zu der Sorte, denen man nicht den Rücken zustehen darf. Unfairer Fußballer mit Riesenklappe, den ein anderer Trainer nur aus Feundschaft zum Vater spielen lassen würde. Den habe ich meiner Tochter damals sogar als tollen Trainer empfohlen, weil ich ihn von der Kleinen kannte. In der Hinrunde war auch noch alles in Ordnung. Da hat er sich auch allen Kindern gegenüber anständig benommen, aber dann in der Winterpause bekam er ein paar Jungs dazu, Kumpel vom Sohn und er benahm sich uebertragenen Sinne wie ein "Arschloch". Tja, musste ja auch nicht mehr nett sein, hatte genug Kinder.

  • Vielen Dank.
    Es ging mir ja gar nicht darum, hier die x-te Talentdiskussion aufzumachen und wer, wieso es weshalb „schafft“, was auch immer das heißt. Obwohl ich immer sehr gerne die Fachbeiträge von TW-Trainer lese..;-)
    Ich stelle nur bei uns im Verein und auch hier im Forum fest, dass gerade neue Trainer frustriert sind, weil ihre Kids sich nicht nach 6 Wochen weiterentwickeln und den doppelten Übersteiger mit anschließendem Schuss in den Knick schaffen. Leute, habt Geduld! Das wollte ich mit den Beispielen am Anfang sagen.
    Manche entwickeln sich spät. Und wenn nicht … auch egal, solange sie Spaß haben. Und mit dem Spaß kommen auch die großen oder auch ganz kleinen "Erfolge", auf die ich als Coach doch genauso scharf bin wie die Kids.


    „Geschafft“ hat es doch der, der im Fußball auf seinem Niveau Spaß beim kicken hat. Egal in welchem Alter. Gute Jugendarbeit ist die, die möglichst viele Kinder mitnimmt und bis zur C-, B- und A-Jugend bei der Stange hält. Ich spreche nicht von den NLZ etc. die haben –zu Recht – einen anderen Ansatz.

  • „Geschafft“ hat es doch der, der im Fußball auf seinem Niveau Spaß beim kicken hat.

    Das drückt es sehr präzise aus. Wobei ich mit "geschafft" meine, dass man dort, wo man sich wohlfühlt spielt. Das hat manchmal aber längst nicht immer etwas mit der Liga zu tun! Denn irgendwann entwickelt das Kind andere Pläne, die sich nicht unbedingt mit denen seiner Eltern und Trainer decken müssen.


    Ich bin deshalb davon abgewichen, mich über Früh- oder Spätentwicklung zu unterhalten. Denn solange wir nur die zählen, die unsere Norm erfüllen und nicht fragen, warum Andere an diese Normen abgeprallt sind, läßt sich keine für alle nachvollziehbare Begründung von Früh- oder Spätentwicklung erkennen. Solange der Einfluß von Trainer und Mannschaftskameraden in Abhängigkeit mit dem Leistungsdruck in der jeweiligen Liga nicht auch die Bedürfnisse dieser Talente berücksichtigt, kann keine dauerhafte positive Entwicklung prognostiziert werden. Denn bei ständig wechselnden Rahmenbedingungen basierend auf Trainer-, Jugendkoodrinatorwechsel einerseits, so wie einer starken Fluktuation in der Mannschaft andererseits, entscheidet nicht unbedingt die fussballerischen Fähigkeiten eines Talents, sondern die Fähigkeit mit Streß am besten umgehen zu können. Wenn dann noch überehrgeizige Eltern die Wünsche ihres Kindes nicht richtig deuten können, dann ist eine vorzeitige Beendigung der Fussballkarriere als "Notbremse" zu sehen.


    Ich würde sogar soweit gehen, das es Früh- oder Spätentwickler nur deshalb zu geben scheint, weil wir keine ganzheitliche und damit objektive Bewertungsmerkmale gefunden haben. So liegt es in erster Linie an den Betrachter, in welcher Entwicklungsphase er ein Talent sieht. Daraus erklärt sich schließlich, warum es immer wieder Spieler sich bis in höchste Ligen empfehlen konnten, die man am Anfang gar nicht auf dem Zettel hatte. Dies deckt sich mit den Aussagen einiger Profis, die meinen, es hätte in ihrer Jugend bessere Talente gegeben. Aber sie hätten sich durchgesetzt, weil sie, ihre Eltern und Freund immer daran geglaubt hätten, weitgehend frei von Verletzungen bleiben und das Glück hatten, in den entscheidenden Schritten genau der zu sein, den man dort gerade brauchte. Wenn denn also der Faktor Glück eine große Rolle spielt, wer will denn dann von Früh- oder Spätentwicklern sprechen?