Ball wird immer abgeklatscht

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  • Hallo,


    wir haben dieses Jahr 2 C Jugend Mädchenmannschaften betreut. Wir konnten auf 3 Torhüterinnen zurück greifen, wobei eine eigentlich im Feld spielt aber dann ins Tor geht wenn der Stammtorhüter mal fehlt. Alle drei zeigen im Tor ordentliche und gute Leistungen. Bei einer ist aber ein Verhalten deutlich erkennbar, dass die anderen beiden nicht zeigen. Es liegt definitiv nicht daran, dass sie schwächer ist als die anderen, im Gegenteil ist sie der Stammtorwart in der 1.C weil sie die besten Reaktionen zeigt und auch im Herauslaufen und Mitspielen die Stärkste ist.


    Aber sie hat sich angewöhnt, kaum mal einen Ball der hoch auf sie zukommt zu fangen sondern sie läßt den Ball fast grundsätzlich immer einmal mit den flachen Händen nach vorne abprallen und hält den Ball dann erst im Nachfassen fest wenn er einmal aufgetippt ist. Das ist nicht immer ganz ungefährlich. Und ich rede hier nicht nur von strammen Schüssen sondern auch von einfacheren Bällen. Das kann ich mir nicht wirklich erklären, da sie wirklich Talent hat.


    Gibt es spezielle Übungen, um dieses Verhalten abzustellen. Einfach den Ball hoch aufs Tor schießen kann ich natürlich auch, aber gibt es das geschilderte Verhalten häufiger im Jugendfußball und gibt es dafür bewährte Trainingsübungen ?

  • Ich würde erstmal herausfinden warum das so ist. Mir wurde früher immer gesagt: "Lieber wegfausten statt daneben langen." Das hat sich bei mir ein wenig eingebrannt und ich fauste Bälle weg die man auch fangen könnte, vielleicht liegt bei eurer Torhüterin da etwas ähnliches vor. Ansonsten haben Mädchen gegenüber Jungen im räumlichen Denken im Schnitt Nachteile, da muss man oftmals einfach mehr Geduld mitbringen.

  • @thomasg


    Es gibt keine Torhüterinnen, die keine Probleme mit hohen Bällen haben. Die Hauptgründe sind die geringere Körperlänge und die geringere Muskelkraft. Deshalb brauchen die Keeperinnen eine umfangreichere Ausbildung im Stellungsspiel, sodass sie rechtzeitig erkennen, wohin der Ball fliegt und ihre Position entsprechend anpassen.


    Hinzu kommt eine gute Ausbildung in den Sprungtechniken. Ohne diese Ausbildung wird (ledier auch bei den männlichen Torleute) versucht 2 Aktionen zu vereinen, die jedoch so nicht zusammen passen. Wenn z.B. die Flugbahn des Balles beobachtet wird, man sich jedoch gleichzeitig mit lang ausgestrecktem Körper groß macht, um sich auf die Ballabwehr vorzubereiten, dann gelingt der Sprung nicht mehr, weil in der lang ausgestreckten Körperposition gar keine Körperspannung für einen Sprung aufgebaut werden kann. Also: erst die Positionsveränderung, dann mit leicht vorgebeuchtem Oberkörper, angewinkelten Knien auf den Fussballen stehend und ca. 15 Grad nach außen zeigenden Fußspitzen gleichzeitig hochspringen.


    Auch in der Rückwärtsbewegung ist es wichtig, den Oberkörper nach vorn gebeugt zu halten, so dass man zum Sprung ansetzen kann.


    Denn der Ballkontakt soll vor dem Körper (statt darüber oder daneben) stattfinden. Aui dieser Position können die Federwege aus dem Sprunggelenk, den Beinen, dem Oberkörper, den Händen, Armen und Schultern genutzt werden, um selbst scharf geschossene Bälle sicher zu fangen.


    Ein wenig schwieriger wird das Fangen eines Balles, wenn Menschen mit kleinen Händen, zu denen ja meist auch Mädchen und Frauen zählen, Fingersafe-Handschuhe tragen. Denn hier wird die Fingerstellung bereits durch die Protektoren an der Außenseite vorgeformt. Ist das Fangen eines aufgrund kleinerer Hände und somit kleinerer Kontaktflächen ohnehin schon etwas schwierig, so wird es durch das Fehlen des Federweges bedingt durch die fast starre Fingerstellung noch schwieriger. Das "Überklicken" der Finger, welches meist als Argument zum Tragen dieser Handschuhe angeführt wird, kann man durch eine bessere Ausbildung des Ballkontakts bei fast ausgestreckten Armen und des Umgreifen und Heranziehen an den Körper als flüssigen Defensiv-Aktionsteil üben. Daraus folgend sollte die Aktion mit einer schnellen und guten Spieleröffnung abgeschlossen werden. Wird der Ball erst durch Nachfassen gefangen, so verzögert sich auch die Spieleröffnung, sodass dem Gegner unnötig viel Zeit gewährt wird, sich zu sortieren.


    Bitte schaue einmal nach, welche der zuvor genanten Hinweise für die Sprung- und Fangtechnik bei deiner Keeperin nicht so gut funktionieren. Dann kann ich dir ggf. entsprechende Detailübungen und -erläuterungen dazu geben.


    @Larius
    Es gibt eine Grundregel, nach der beidhändiges Fausten deshalb überflüssig ist, weil man den Ball auch fangen kann. Das Fangen ist in vorteilhaft, weil der gegnerische Angriff abgeschlossen wird und das Eigene eingeleitet wird. Bekommt man hingegen nur eine Hand an den Ball, so kann man ihn fausten oder lenken.


    Natürlich gibt es davon Ausnahmen (z.B. die Sicht versperrt und der Gegner in unmittelbarer Nähe ist, sodass ein sicheres Fangen nicht mehr möglich wäre), aber die sind wirklich sehr selten!

  • TW-Trainer, danke für die Ausführungen. Ich denke es liegt bei ihr deutlich an der Fangtechnik. Ob sie Fingersafe-Handschuhe trägst weiß ich nicht, müsste ich mal gucken.
    Es ist nicht so dass sie zu spät oder schlecht in die richtige Position zum Ball kommt. Im Gegenteil sie ist sehr aufmerksam und steht eigentlich immer richtig zum Ball. Umso erstaunlicher dass sie den Ball dann nicht fängt sondern mit beiden Händen nach vorne abklatscht, bevor sie ihn dann packt.
    Für ein paar spezielle Übungen zum richtigen Fangen wäre ich dankbar.

  • @thomasg


    Ach, das ist so schwierig nicht, ihr das wieder abzugewöhnen. Bitte sie einfach mal beim Training in die Sitzposition und wirf ihr aus ca. 5 m ein paar Bälle zu. Wenn sie diese Bälle nicht fängt, sondern abklatscht, dann muß sie jedes mal aufstehen, um den Ball im Nachfassen zu fangen.


    Als nächstes könntest du mir ihr (falls in der Nähe) auf einen Beachball-Platz (reicht auch Sand als Unterlage) gehen. Auch dort wird es ihr nicht gelingen, beim Nachfassen einen Ball zu fangen, weil die Kugel einfach liegen bleibt.


    Schließlich könntest du dir noch eine besonders unebene Fläche auf eurem Trainingsgelände aussuchen, wo der Ball regelmäßig nach dem Abklatschen verspringt, so dass sie ihn nur selten im Nachfassen fangen kann.


    Aber es geht hier nicht allein darum, eine dumme Angewohnheit zu korrigieren, sondern es sollte zunächst einmal die Ursache geklärt werden. Denn wenn sie es probiert, den Ball direkt zu fangen und es gelingt ihr nur ausnahmsweise, dann habt ihr nichts gewonnen!


    Meist wird versucht den Ball entweder mit vollständig ausgestreckten Armen zu fangen, wobei dann die Hände eine Art "Prellbock" bilden und kein "Federweg" nach der Kontaktaufnahme vorhanden ist, um dem Ball die Geschwindigkeit zu nehmen. Wird versucht, den Ball direkt am Körper zu fangen, entsteht ein ähnlicher Effekt.


    Deshalb ist es wichtig darauf zu achten, dass die Keeperin den Ball mit fast ausgestreckten Armen fängt und ihn zum Sichern an den Körper heran zieht. Damit sie auch einen hohen Ball vor dem Körper fangen kann, sollte sie sich beim Training in die Torwart-Grundstellung positionieren. Dann kann sie den Ball auch im Sprung vor dem Körper fangen.


    Weil Mädchen auch immer nach dem "warum" fragen, solltest du ihr erläutern, dass nur durch das sichere Fangen der gegnerische Angriff beendet werden kann, denn beim Abklatschen kann der Ball verspringen, sodass der Gegner beim Nachschuß erfolgreich ist. Sonst hat sich die Mühe der Positionsanpassung und der Ballabwehr gar nicht gelohnt und der Gegner bedankt sich für die vom Torwart gewährte Großchance!


    Bitte beobachte noch einmal genau im Detail, was der Grund fürs Abklatschen des Balles bei deiner Keeperin ist. Dann kann ich dir evl. dazu diffierenzierte Korrekturhilfen geben.

  • Schließlich könntest du dir noch eine besonders unebene Fläche auf eurem Trainingsgelände aussuchen, wo der Ball regelmäßig nach dem Abklatschen verspringt, so dass sie ihn nur selten im Nachfassen fangen kann.

    Bin kein Torwart Trainer und habe zum Thema zwar Interesse aber viel zu wenig Ahnung für weitere Tipps. ZUr Ausführung von TW-Trainer ist mir nur eingefallen das man auch einfach flache Hütchen vor dem Tor verteilen kann. Auch hierdurch verspringt der Ball sehr oft (je nach Anzahl) und bei den flacheren kann man auch mal drauf steigen ohne das Material oder Spieler kaputt gehen.



    Gruß
    Torsten

    "Im KiFu gillt: Nicht das Training ist die Vorbereitung auf das Spiel, sondern das Spiel ist die Fortführung des Trainings."

    - (Quelle: unbekannt)

    "Der Grund, warum wir Fußball gucken, ist keine Zahl und kein Ergebnis, sondern ein Erlebnis."

    - (Quelle: paderball.com)

  • @totog


    Der Tipp hört sich zwar auf den ersten Blick gut an, aber ich befürchte, dass die Hütchen schon nach kurzer Zeit dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden, als das nicht der Ball, sondern die Füße der Keeperin darauf landen.


    Man sollte sich schon bemühen, es möglichst spielnah zu machen. Dabei kann man durchaus auf unterschiedlichen Untergrund (unebener Boden, sandiger Boden, Matsch, Pfützen) (Hütchen eher nicht :P ) üben.
    Man kann auch eine 2. Keeperin oder Feldspielerin in die Nähe der Keeperin positionieren. Diese erhält dann die Aufgabe, jeden "Abklatscher" sofort im Tor zu versenken. Sehr viel deutlicher kann man es der Keeperin wohl kaum taktisch erklären.


    Zum Können (Technik) gehört immer auch das Verstehen (Taktik), sonst ist eine falsche Entscheidung möglich.

  • Vielen Dank für die Antworten.


    Insbesondere der Tipp mit den 'lauernden' Spielerin in der Nähe hört sich interessant an und ist einfach als Übung durchzuführen. Da wird dann sofort klar das abklatschen nicht gut ist.
    Schon erstaunlich auf was für einfache Ideen man nicht von alleine kommt.

  • Gern geschehen, Thomas!


    Aber bitte denke daran, es der Keeperin auch zu erklären! Denn sonst wird sie vielleicht keinen Zusammenhang zwischen der Trainngs-Übung und dem Spiel feststellen.


    Ich würde diese Übung noch weiter ausbauen. Dazu kannst du eine Abwehrspielerin hinzu nehmen. Ihre Aufgabe ist es hier:


    1. das Nachsetzen der Angreiferin zu verhindern, indem sie vor ihr am Ball ist
    2. als Aufbauspielerin für den TW in den freien Raum zu laufen, damit die Torhüterin nach dem Fangen auch die Spieleröffnung trainieren kann


    Ich will die Bedeutung dieser Erweiterung gern ein wenig erläutern:


    In der traditionellen TW-Ausbildung wurden die defensiven Aufgaben (z.B. Fangen) von den offensiven Aufgaben (z.B. den gefangenen Ball schnell an eine Mitspielerin ohne Gegnerdruck weiterleiten) "künstlich" voneinander getrennt. Eigentlich ist es aber eine Aktion, die vom Torwart und den Mitspielern über den gesamten Zeitraum die volle Konzentration kostet.


    Man erlebt es auch heutzutage, das Torleute nach dem gefangenen Ball sich zunächst umschauen und überlegen, wohin sie wohl den Ball spielen könnten. Dabei geben sie ihrem Gegner genügend Zeit, sich zu sortieren. Seit der schnellen Spieleröffnung mit präzisen Würfen von Manuel Neuer erkennen wir, welche großen Vorteile einer guten Spieleröffnung. Denn Manuel kann wie kaum ein Anderer alle defensiven und offensiven Aufgagaben in einer Aktion vereinen, weil er bereits beim Fangen weiß, wohin der den Ball spielen will. Das diese taktische Fähigkeit auf technischem Können basiert, sollte natürlich selbstverständlich sein.


    Aber bei deiner Keeperin muß das natürlich nicht perfekt sein. Sie sollte lediglich ein Verständnis dafür entwickeln und die Mitspielerinnen sollen verstehen, dass man nicht "abschalten" darf, sobald der Gegner aufs Tor schießt, sondern konzentriert nachsetzen kann, um einen möglichen Nachschuß des Gegners zu verhindern und/oder sich sofort spielbereit für die Keeperin anzubieten.


    Viele TW-Übungen enden leider immer noch mit dem Torabschluß, obwohl die Spieleröffnung genauso wichtig ist (und zum Glück ja nur selten nicht gebraucht wird, weil ein guter Keeper die meisten Bälle hält). Stellt den Torabschluß in die Mitte eurer Übung. Der Spielerfolg wird sich durch diese Veränderung rasch einstellen!


    Viel Saaß dabei!