Kombinationsspiel trainieren

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  • Andre, das kommt halt noch dazu. Wir sind hier in einem sehr kleinen Ort, ich habe alle Kinder des Vereins vom Jahrgang 2004 in der Mannschaft und aber auch nur die dieses Jahrgangs. Im Nachbarort gibt es einen großen Verein mit gleich fünf (!) E-Jugend Mannschaften; wenn wir dann gegen deren E-2 oder E-3 antreten müssen, kann man es sich ja leicht ausmalen, was dabei herauskommt. Im Spiel am Mittwoch waren zwei Kinder von 2003 in der gegnerischen Mannschaft; der eine war nur ein wenig kleiner als ich. Aber da macht man nichts dran - ich hoffe in einem halben Jahr oder so hat sich unsere Situation etwas gefestigt.

  • Immer schön wenn man merkt, man ist nicht allein :D

    Wir können uns gern mal bei Endlosspassformen austauschen - hab da ein paar ganz gute in Peto - wobei gut hier objektiv ist :)
    Ich finde sie gut, weil hohe Wiederholunszahlen, Beidfüßigkeit, Wechselpässe und diverse Punkte wie "Spielen und gehen" in den Übungen mit vermittelt werden.


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Ich sehe diese Technik-Drill-Theorie à la Coerver/Schreiner mittlerweile etwas differenzierter. Ich weiß, dass dieses didaktische Mittel der Automatisierung durch hohe Wiederholung überall Anwendung findet - ob beim Fußball, beim Vokabeln lernen oder wenn man Tonleitern übt. Eine Schwachstelle habe ich aber bei allen gerade genannten Gebieten ausgemacht. Im "Ernstfall" hat man ein ganz anderes "Mindset" als im Übemodus, das den Transfer der Trockenübung in den Wettbewerb ziemlich erschwert. Die mit Metronom geübte Tonleiter in ein Solo einzupassen, ist plötzlich schwer. Genau wie die isoliert gut sitzende Vokabel sinnvoll in einen Satz der Fremdsprache einzubauen. Und den Richtungswechsel durch Kappen hinterm Standbein fällt einem unter Gegnerdruck plötzlich auch nicht so leicht. Ich versuche deshalb, so früh wie möglich zusammenhängende Aktionen an realistischen Stellen im Spielfeld ablaufen zu lassen, ähnlich wie das Lernen einer Redewendung in der Fremdsprache anstatt des separaten Lernens der einzelnen Wörter. Statt "Kappen Außenseite" x 100 in einer Hütchenform ohne Spielrichtung (warum sollte man so etwas ohne Orientierung üben?) wäre das z.B. Pass vom IV auf den 6er unter Gegnerdruck, der den Ball mit =>3 Ballkontakten in seitliche Minitore (= AV, MA zur Spielverlagerung) abschließen muss. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob diese Aktionskette "Lösen - Ballannahme - Richtungswechsel - präziser Pass" ohne ausgiebiges vorheriges Techniktraining möglich ist, aber nach meiner Erfahrung mit unterklassigen Mannschaften (d.h. oft weniger als 3 TE pro Woche) bringen die Trockenübungen im Spiel oft wenig, wenn sie losgelöst von Ort, Zeit- und Gegnerdruck perfektioniert werden. Eine gute Balance habe ich da allerdings noch nicht gefunden, wer ähnliche Erfahrungen oder Gedanken hat und daraus funktionierende Konsequenzen fürs Training gezogen hat, ich bin für jede Anregung dankbar :)


    Edit: Realistisch finde ich an dieser "Mini-Aktionskette" auch, dass man für die gelungene Aktion wirklich nur 2-3 Sekunden maximale Konzentration braucht, um die Situation dann nach vorgegebener Art erfolgreich zu lösen. Also keine endlose Passkette, kein Endloszweikampf, sondern eine Problemsituation im defensiven Mittelfeld, die durch eine Aktionskette mit Hand und Fuß gelöst wird. Wer die Kreativität im Horst-Wein-Konzept vergöttert, vergisst nämlich auch, dass im Fußball wie in der Musik auch, wie John Coltrane einmal sagte, 99% Übung und 1% Inspiration steckt.

    Einmal editiert, zuletzt von DaddlnZockn ()

  • @DaddlnZocken,.



    was sollen wir denn sonst machen? Sicherlich bringen die Fingerübungen am Klavier oder an der Geige nur dann was, wenn man sie jeden Tag macht. Aber bevor ich auf die Links- Rechtsfußübungen komplett verzichte mache ich sie halt nur zweimal pro Woche und beim Aufwärmen vor jedem Spiel. Seit über einem Jahr machen wir zum Aufwärmen immer die gleiche Übung: Die Spieler laufen in zwei, in ca. 5m Abstand voneinander entfernten Reihen nebeneinander her; der Spieler in der linken Reihe passt mit dem linken Fuß dem Spieler in der rechten Reihe den Ball IN DEN LAUF zu; der spielt mit dem rechten Fuß, ohne den Ball zu stoppen direkt dem linken Spieler den Ball wieder IN DEN LAUF zurück usw. Wenn wir die Möglichkeit hätten solch eine Übung jeden Tag zu machen hätte ich bald hervorragende "Beidfüßler". Ich werde diese Übung bis zur A-Jugend durchziehen, wenn es sein muss.


    Ich hatte vor einigen Jahren eine D-Jugend Mannschaft übernommen, die hatte bis dahin den schwachen Fuß nie geschult. Sie haben es auch nie mehr aufholen können; da war der Zug schon abgefahren.

  • Meine Alternative wäre, die Techniken nach einer möglichst kurzen Einführung sofort in Spiel- und Wettkampfformen, die direkt aus dem Spiel kommen, einzubauen und dort mit Sonderregeln (nur Innenseite/Außenseite/links/rechts benutzen, Ballkontaktbegrenzung) zu erzwingen. Es ist doch wie mit der Kondition bzw. mit dem neuen Trendwort "fußballspezifische Kondition". Wenn du nur Waldlauf trainierst, können die Spieler nur Waldlauf, aber sind unvorbereitet auf das Fußballspiel mit seinen häufigen Tempowechseln zwischen Vollsprint und Herumstehen bei Spielunterbrechungen. Analog gilt das für mich für Balltechniken wie z.B. das Passen. Mit deiner Übung können die Spieler super einem neben ihnen her joggenden Spieler den Ball in den Lauf passen. Aber wo joggt man denn locker im Fußballspiel herum? Trainiert man dadurch auch den Vertikalpass in die Spitze? Lernt man da das Timing und die Passhärte für einen Steilpass für einen Stürmer, der im Vollsprint startet? Und kann man diesen Pass auch spielen, während sich ein Gegenspieler mit dem Oberkörper in einen reindrängt? Das sind die Fragen, die ich mir stelle, und meine Antwort ist: Nein.

  • Hallo DaddlnZockn,


    du siehst das meiner Meinung nach schon absolut richtig. Es ist so ähnlich wie der Pianist, der sich die Finger wund übt und anschließend im Orchester nicht klar kommt.


    Aber auch dafür gibt es schon längst eine "Lösung". Vom bekannten zum unbekannten und vom leichten zum schweren. Nehmen wir als Beispiel den Doppelpass. Zunächst trainiere ich die Technik an sich ( Pass mit Innen- , Außenrist oder Spann ; beidfüßig). Das dann z. B. über verschiedene Distanzen, in den Fuß und in den Lauf, um das Timing zu festigen.


    Dann übe ich den Pass in Spielrichtung ohne Gegner ( Pass geht diagonal zum Empfänger, der den Ball in den Lauf des Passgebers zurück spielt. Zunächst mit Ballannahme, dann direktes Spiel. Ich erwähne es jetzt nicht mehr: alles immer beidfüßig. Anschließend baue ich ein Hütchen als "Gegner" ein. Dann einen teilaktiven Gegner und danach einen aktiven Gegner. Alle Teilgebiete sollten die Spieler in Spielformen mit Provokationsregeln nach den Übungen festigen können, Somit habe ich sowohl in der Technikübung ( bzw. Passform ) und erst recht in der Spielform die Nähe zum realen Fußball.

    Wenn sie begriffen haben, daß zum Fußball auch Arbeit gehört, ist es zu spät. Dann werden sie Trainer. (Luis Aragonés)

  • Zodiak: würde micht freuen, wenn ich ebenfalls von deinen Endlospassformen usw. profitieren könnte! Vielleicht ist etwas dabei was ich noch nicht kenne. Ich mische gerne verschiedene Formen und kombiniere sie mit anschließenden Torschuß.

    Wenn sie begriffen haben, daß zum Fußball auch Arbeit gehört, ist es zu spät. Dann werden sie Trainer. (Luis Aragonés)

  • @Daddln
    Ich glaube Du interpretierst da was hinein, was so nicht geschrieben/gemeint war. Kurzpassübungen sind sehr variabel und dynamisch gestaltbar. Und sehr wohl auch Spielnah zu trainieren.


    Zodiak
    Sauber. Immer her damit !!

  • Hallo DaddlnZockn,


    du siehst das meiner Meinung nach schon absolut richtig. Es ist so ähnlich wie der Pianist, der sich die Finger wund übt und anschließend im Orchester nicht klar kommt.

    Das ist ja wohl totaler Quatsch! Der Pianist der im Orchester nicht klarkommt gehört da einfach nicht hin. Realistisch gesehen: er kommt da erst gar nicht rein!

  • Das ist ja wohl totaler Quatsch! Der Pianist der im Orchester nicht klarkommt gehört da einfach nicht hin. Realistisch gesehen: er kommt da erst gar nicht rein!



    Und wo hinkt dann mein Vergleich? Wenn ein Spieler das Paßspiel bis zum Erbrechen trainiert ( der Pianist somit als Solist sein Können ) und in der Praxis, also im Spiel mit Gegnerdruck, nicht anwenden kann ( der Pianist als Vergleich im Orchester )? Beim Instrument kann es vorkommen, dass es im Kollektiv nicht klar kommt, da es sich von den anderen Mitgliedern des Orchesters in der Konzentration gestört fühlt. Er beherrscht sein Instrument rein technisch gesehen perfekt, ist aber nicht oder nur eingeschränkt in der Lage dies im Orchester umzusetzen bzw. sich einzubringen.


    Übertragen auf den Fußball: der Spieler beherrscht zwar die Technik, kann diese aber in der Praxis nicht umsetzen, da nicht spielnah trainiert wurde. Der letzte entscheidene Schritt wurde noch nicht gemacht.


    Vielleicht hast du mich da nicht richtig verstanden?

    Wenn sie begriffen haben, daß zum Fußball auch Arbeit gehört, ist es zu spät. Dann werden sie Trainer. (Luis Aragonés)

  • Mein eigentliches Anliegen lag aber nicht nur im korrekten Erlernen von Techniken, also bis zu der Ausführung isolierter Techniken mit Gegnerdruck und in hoher Geschwindigkeit, sondern gerade die Verknüpfung mit Problemlösungen bzw. ganzen "Aktionsketten" im Spiel. Damit meine ich eben nicht, dass man eine Richtungsänderung mit zerrendem Gegner in Höchstgeschwindigkeit beidfüßig beherrscht, sondern in einen höheren Kontext stellt, z.B. (Sechser unter Druck am Flügel, ballsicherndes Dribbling: hier die Richtungsänderung gegnerfern einsetzen, dann Spielverlagerung mit weitem Pass). Nur durch diese Art der Spielnähe denke ich, dass ein Spieler diesen Automatismus auch im Kontext korrekt benutzt, um eine passende Spielsituation aufzulösen.
    Also in kurz: Keine isolierte Automatisierung, sondern Automatisierung bezogen auf konkrete Spielsituationen.

  • Es gibt ohne Zweifel Parallelen beim Erlernen eines Musikinstrumentes und dem Erlernen des Fußballspiels. Zwei offensichtliche Beispiele dieser Parallelen sind Technikübungen und Disziplin. Der deutliche Unterschied dagegen ist aber um in einem Orchester spielen zu können man eine gewisse Reife erst erreichen muss und dies ist beim Fußball nicht der Fall. Auch wenn das Gekicke der Bambinis oder einer F-Jugend Mannschaft nicht unbedingt profihaft aussieht, dürfte man es denke ich durchaus als Fußballspiel bezeichnen können. Wenn ein Musiker die Reife erreicht hat um in einem Orchester aufgenommen zu werden und er beim Zusammenspiel nicht klar kommt, obwohl er zuhause fehlerfrei spielt, hat er ein ganz anderes Problem als zu viel Fingertechnik. Andererseits würde der Musiker der meint Fingerübungen vernachlässigen zu können oder gar ganz darauf verzichten zu können, sehr schnell seinen Platz im Orchester verlieren.

  • Hallo Olympic1911,


    ich bleibe dabei - mein Vergleich hinkt nicht. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass ein rein technisches und nicht spielnahes Training alleine eben nicht auf das eigentliche Ziel - das Spiel - vorbereitet. Es ist lediglich ein Teil des Lösungsansatzes. Der Spieler wird dadurch die von dir angesprochene Reife nicht erlangen. Ausnahmen bestätigen die Regel ;) .


    Und beim Musiker kann es ähnlich sein. Da spreche ich aus Erfahrung, da ich es bereits erlebt habe. Auch er muss neben der techischen Beherrschung des Instruments eben diese "Reife" erlangen. Dafür muss es nicht einmal ein Orchester sein, sondern es kann eine kleinere Besetzung ausreichen, um ihn bei der Ausführung zu stören. So wie der Gegner z. B. den Passgeber in der Praxis stört.

    Wenn sie begriffen haben, daß zum Fußball auch Arbeit gehört, ist es zu spät. Dann werden sie Trainer. (Luis Aragonés)

  • Also beim Musiker sorgt das Publikum für Druck und das Orchester braucht eine gewisse Harmonie mit dem Solo-Künstler, also eine Art Eingespieltheit. Und genau diese zwei Faktoren machen den Vergleich schon zulässig. Ein passendes Beispiel wäre z.B. das Anwenden von Finten im Spiel. Im Training - ohne Druck, also Publikum, Gegen- und Mitspieler - kein Problem. Aber in welcher Situation bringt man sie im Spiel an? Da braucht man spielnahes Training. Und das ist weder beim Fußballer, noch beim Pianisten ein Qualitätsproblem, sondern ein Problem des Trainings, denke ich.