Spielerische Stärke tauschen gegen lange Bälle

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  • Ich habe mich ja an anderer Stelle bereits als Werder-Sympathisant zu erkennen gegeben. Dementsprechend habe ich gestern meine Sofakissen vor dem Fernseher zerkaut, als ich mit ansehen musste, wie Werder Bremen fleißig den Ball hin- und hergeschoben hat, ohne wirklich viel Gefahr auszuüben. Mir ist dabei eine Frage in den Sinn gekommen, wo ich heute noch ein wenig dran herumgedacht habe:
    Wenn man als Mannschaft oder als Trainer davon ausgeht, spielerisch besser als der Gegner zu sein, dann will man diese Stärke auch ausspielen. Ein großes Merkmal dabei ist die Geduld, wenn nicht sofort Zählbares dabei herauskommt. Man versucht also fleißig, diese vermeintliche Stärke auszuspielen. Irgendwann kommt meist aber der Moment, wo die Brechstange ausgepackt wird, nämlich wenn man merkt, dass man spielerisch scheinbar nicht zu dem gewünschten Erfolg kommt, den man benötigt, wenn zum Beispiel in einem Ko-Spiel unbedingt ein Sieg benötigt wird oder man einen Rückstand aufholen muss. Dann werden Bälle vorzugsweise in den letzten Spielminuten nur noch lang nach vorne geschlagen, die dann hoffentlich mit ein wenig Glück zum Erfolg führen.
    Bei Bremen war das ähnlich, nachdem man zum Schluss hin von dem Ballgeschiebe abgesehen hat, wurde es plötzlich gefährlicher, das zweite Tor für Bremen fiel auf diese Weise.
    Unabhängig von dem Spiel Bremens gestern: Gibt es diesen bestimmten Moment, wo man einfach nur noch versucht, den Ball möglichst schnell möglichst oft vors gegnerische Tor zu schlagen, um irgendwie z.B. einen Abpraller oder eine zu kurze Abwehr oder wie auch immer zu verwerten? Je mehr ich darüber nachdenke habe ich das Gefühl, dass diese Spielweise durchaus ab einem bestimmten Moment oder ab einer bestimmten Phase des Spiels durchaus das gefährlichere Mittel sein kann. Sollte, wenn z.B. 80 Minuten des überlegenen Spielens ohne Torerfolg gespielt sind, die Strategie gewechselt werden? Oder sollte man die Geduld haben, auch wenn es am Ende vielleicht nach 90 Minuten keinen Erfolg bringt? Wie gesagt, unabhängig von aktuellen Spielen, ist es evt. sinnvoll, durch derartiges Umstellen der Strategie neue Impulse zu setzen oder verliert man dabei einfach nur die Geduld, auf seine Stärken zu vertrauen, auch wenn sie mir über einen Großteil des Spiels keinen Erfolg gebracht haben?

    Edit: Merke gerade, bin zwar durch den Profifussball auf dieses Thema gekommen, ist aber vielleicht doch eher ein Thema allgemein für "Spielbetrieb", tschuldigung.

    "Sag es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich erinnern. Beteilige mich - und ich werde es verstehen."
    Lao-Tse (chinesischer Philosoph)

    Einmal editiert, zuletzt von Holler ()

  • Ich halte nicht davon in den letzten Minuten auf Kick and Rush umzustellen.
    Da meiner Meinung nach bei planlos nach vorne gedroschenen 50:50 Bällen mehr
    Zeit verloren geht. Sinnvoller wäre es in den letzten Minuten die Abwehr Mann gegen Mann
    spielen zu lassen um im Mittelfeld Übergewicht zu schaffen.



    Giovanni Trappatoni :Fußball ist Ding, Dang, Dong. Es gibt nicht nur Ding :!:

  • klingt plausibel. Aber wenn ich -wie gesagt unter der Voraussetzung, dass ich eh die spielerisch stärkere Mannschaft bin- mich bereits die meiste Zeit des Spiels vor oder am Strafraum des Gegners befinde und die Lücke suche, dann ist das Mittelfeld sowieso meins, denn der Gegner sammelt sich im oder am eigenen Strafraum.
    Mein Eindruck ist manchmal, dass durch das schnelle immer wieder Hereinschlagen der Bälle solche Gegner, die sich hinten reinstellen, plötzlich nicht mehr die Zeit finden, sich zu sortieren und somit gefühlt mehr gefährliche Aktionen entstehen als wie in den 80 Minuten zuvor, wo eine Mannschaft kontrolliert die Lücke gesucht hat.
    Überleg mal, wie oft Du vom Sofa aufspringst, weil durch den Zufall, den man an der Stelle heranzieht, mehr solche Situationen entstehen als wie vorher durch das kontrollierte Spiel, wo der letzte Pass einfach nicht ankommen will. Schießt Du in den vorangegangenen Minuten auf die "kontrollierte" Spielweise ein Tor, ist ja alles gut. Was aber, wenn nicht?

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  • Spielerische Stärke (der Mannschaft) gegen lange Bälle tauschen, ...ist die Überschrift zu Deinem Thema.

    Ich saß gestern vor dem Schalke Spiel und bin 5 Minuten vor der Halbzeitpause schon mit meinem Hund gegangen, weil ich mir diesen Mist nicht mehr ansehen wollte.

    Einzelne Schalker nehmen den Ball an und schaffen es nicht einmal in den leeren Raum zu dribbeln, sondern verschenken hier Raum und geben direkt passungenau ab. Im Umkehrschluß halten sie beim Dribbeln den Ball so lange völlig unnötig, bis der Gegner an ihnen ist und denjenigen gewinnend attackiert. Zu guter letzt dann noch ein Aufbäumen, wie du es auch bei den Bremern sagst, ...lange Bälle nach vorne, als letztes Rezept.

    Im Umkehrschluß kotzt es mich an, das die Gegnerleistung als taktische Meisterleistung hingestellt wurde. Wie langweilig und wie wenig Fußball muß ich spielen können, mit dieser alten Taktik auf den Platz zu gehen? Lieber er 6:5, als ein 1:0!

    Die Hamburger haben einen klasse Stürmer, der geht richtig in die Zweikämpfe und gewinnt die auch noch, super.

    Ich denke manchmal, dass eine Bundesligamannschaft konditionell in der Lage sein muß, für 10 Minuten in den Schlußminuten ein Pressingspiel aufziehen zu können. Ich denke, dass das zwar schnell in die Hose gehen kann, aber effektiver wäre, als lange Bälle oder das System/die Taktik die nicht aufging -für meine Begriffe- bis zum Schluß bei Rückstand durchzuziehen. Gruß Andre

    Einmal editiert, zuletzt von Andre ()

  • kann ich nur sagen - wer es bis auf 2 (waren es wirklich 2 ?) Aktionen nicht schafft gefährliche Flanken von der Grundlinie aus vor das gegnerische Tor zu bringen hat aber auch null geleistet im Spiel. Die "Notflanken" aus dem Halbfeld sind eigentlich ein Witz.

    Irgendwie sahen die Jungs tottrainiert und unmotiviert aus (bis auf wenige Ausnahmen)

    Das ist aber nicht nur eine Erscheinung bei Bremen oder gestern beim HSV ....

    die ganzen Legionärsmannschaften ohne Bindung zum eigenen Verein sind kaum in der Lage wirklich ein Spiel lang zu kämpfen - wofür auch? Für den Verein den ich eh zum Ende der Saison verlasse, für meine Kumpels die noch vorher gehen wenn sie woanders mehr Geld verdienen? Nee Nee, wenn es spielerisch (leicht) nicht funktioniert kommt da nicht viel.

    Ausnahmen sind Typen wie Olic beim HSV - da erkennt man 90 Minuten Herzblut ....

    Ausnahmen sind auch junge Mannschaften wie Hoffenheim wobei ich nicht weiß wieviele ausländische Legionäre die dabei haben.

    so und nun wieder zum Jugend Fußball

    Gruß
    thom

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  • Dass die Brechstange häufig erfolgreich ist, liegt daran, dass die Mannschaft, die sie anwendet meistens nichts mehr zu verlieren hat. Deswegen gibt es hinten kaum noch eine Absicherung, nur den einen oder anderen Spieler, der dann sofort wieder Langholz auspackt.

    Mindestens genauso häufig geht die Taktik nicht auf und man fängt sich noch einen Konter, das darf man nicht vergessen. Diese Taktik ist also dann sinnvoll, wenn man unbedingt ein Tor braucht und man dann halt riskiert ein weiteres zu bekommen.

    Zu Beginn eines Spiels schon mit langen Bällen zu agieren ist was anderes und weniger erfolgsversprechend, weil man hinten ja auch noch sicher stehen will und daher weniger Chancen vorne auf den 2. Ball hat.

    Mich ärgert es nur immer, wenn meine Mannschaft mal kurz vor Schluss hinten liegt und dann alle meinen, nach vorne rennen zu müssen und dort auch stehen bleiben. Vorne zu sein nützt nur was, wenn ich den Ball dort auch hinbekomme. Ich stelle daher auch eher hinten auf eine Mann gegen Mann Verteidigung um, verstärke das Mittelfeld und lasse nur die beiden Stürmer ganz vorne.
    Hat in dieser Saison schon zweimal noch den Ausgleich gebracht, einmal haben wir noch den entscheidenden Konter bekommen.

  • Diese Spielweise macht nur Sinn wenn es um alles oder nichts geht.
    Zum Beispiel bei einem Rückstand kurz vor Ende des Spiels. Zumindest in der Meisterschaft hat man bein einem Rückstand mit einem Tor doch absolut nichts zu verlieren. Entweder man schießt den Ausgleich, und holt sich damit noch einen wichtigen Punkt, oder man verliert. Ob ich nun mit 0-1 verliere oder 0-2 wäre mir auch völlig egal. Zumindest hat man noch einmal alles versucht bzw. kann man sich nicht vorwerfen, nicht wirklich alles versucht zu haben.

    Eigentlich sind lange Bälle das allerletzte Mittel, wenn nur noch 1-2 Minuten zu spielen sind. Wer vorher auf eine solche Spielweise umstellt bzw. gleichzeitig zu weit aufrückt, um möglichst schnell wieder in Ballbesitz zu kommen, riskiert den/die entscheidenen Konter des Gegners.
    Von daher bin ich überzeugt, das man ehr verliert mit einer solchen Spielweise als gewinnt, weil die Grundordnung dann oft nicht mehr vorhanden ist.

    Was die meisten bei dieser Aktion vergessen ist, das ihr Team oft vorher einfach nicht mit dem erforderlichen Konsequenz bzw. den Gegner vorher oft nicht ausreichend unter Druck gesetzt haben. Wer 60-70 Minuten das Spiel verschläft bzw. es ihm ausreicht das Spiel zu kontrollieren, muss sich nicht wundern wenn ihm zu Schluss die Zeit davon läuft. Wer von Beginn an sehr hohen Druck auf den Gegner ausübt, und im Abschluss konsequent ist, kommt in der Regel gar nicht in diese Problematik.

    Wer kämpft kann verlieren - wer nicht kämpft hat bereits verloren