Andre: Wenn man deine Ausgangsfrage ganz nüchtern und formal richtig beantwortet, muss man mit „nein“ antworten. Die Wissenschaft kann nichts endgültig beweisen. Aber sie kann statistisch signifikante Aussagen treffen. Plump gesagt bedeutet dies, dass Wahrscheinlichkeit des Irrens sehr sehr sehr niedrig ist.
Und es gibt zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse in der Sportwissenschaft die eine sehr hohe Signifikanz haben. Das Beispiel das Kinder Raum und Zeit nicht richtig einschätzen können: Es ist tatsächlich „bewiesen“, dass sich die dafür zuständige Gehirnregion erst später ausbildet bzw. entwickelt. Aber hier muss man wieder unterscheiden. Denn Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell. Soll ein Kind, dass sich schneller (oder auch langsamer) entwickelt genauso trainiert werden wie die anderen Kinder? Nur weil es ein festgelegtes „Ausbildungskonzept“ gibt? Oder sollte man die Ausbildung nicht so statisch sehen und sich lieber dem Kind anpassen…?
Dies zur Frage ob es unumstößliche Tatsachen gibt. Also Jein. Aber viel wichtiger ist doch die Frage, welche Schlüsse wir aus diesen Erkenntnissen ziehen. Da wir nun wissen, dass Kinder Raum schlecht überblicken können, haben wir daraus geschlossen, dass es keinen Sinn macht, 11 gegen 11 mit 6 Jährigen zu spielen (ja, es gibt noch mehr Gründe). Hier würde niemand von uns sagen, dass ist Blödsinn. Aber Jahrzehnte lang war die Art der Technikausbildung, also einschleifen über Wiederholungszahlen, ein unumstößliches Konzept. Ist ja auch völlig logisch: Wer Fußball spielen möchte braucht dafür erst mal eine gewisse Technik. Und wie trainiert man Technik am besten? Richtig, in dem man sie so oft wie möglich wiederholt und versucht richtig zu machen bis hin zur Idealbewegung. Logisch. Aber plötzlich kommt so Wissenschaftler daher und sagt: Die Bewegung gar nicht richtig nachmachen, sondern so viele Fehler wie möglich beim Bewegungslernen einbauen. Und der differenzielle Lernansatz war geboren. Dieses Beispiel sollte nur verdeutlichen: Wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es viele. Doch die richtigen Schlüsse draus ziehen ist die Herausforderung und diese sind nicht immer so offensichtlich wie man meint.