Thomas F.:
Einer der Gründe für meine Trainertätigkeit war der Umgang der Trainer mit meinem Sohn. Diesen ganzen Mist, den du beschreibst, habe ich so ähnlich auch erlebt. Mein Sohn hat nun nix davon, aber meine Tochter. Ich habe so viele schlechte Trainer erlebt, dass es für mich reichlich Bespiele gab, wie ich es nicht machen werde.
Nun kannst du natürlich dem JL sagen, wie schlecht du alles findest. Aber a) ist das der normale Wahnsinn im Kinderfußball und b) stehen die potenziellen Nachfolger vermutlich nicht gerade Schlange.
Nur kurz, wie ich es in meiner Mannschaft (E-Juniorinnen) handhabe:
Kapitänsbinde
Bekommt bei mir normalerweise eine Spielerin, die ich damit etwas pushen möchte. Goldene Regel: meine Tochter bekommt niemals die Kapitänsbinde.
Rückennummer
Bei den Mädchen, von denen mir persönliche Präferenzen bekannt sind, bekommen ihren Wunsch erfüllt. Wollen mehrere Spielerinnen dieselbe Nummer haben (z.B. Nr. 10), gibts die Nummer im Wechsel. Die Mutter des Mädchens, das "ältere Rechte" auf die Nr. 10 zu haben glaubte, weiß jetzt, dass ich äußerst ungern über Rückennummern diskutiere. Vorsichtig ausgedrückt.
Pünktlichkeit und Trainingsbeteiligung
Hat bei mir einen gewissen Stellenwert. Pünktlichkeit bedeutet Respekt vor den Mannschaftskameradinnen und vor mir als Trainer. Wer ständig zu spät kommt, mach über kurz oder lang einen Abflug. Ich kann auch nicht einfach 15 Minuten nach Trainingsbeginn antanzen und schon gar nicht kann ich dies regelmäßig tun. Ich führe eine Statistik über die Trainingsteilnahmen und Verspätungen und wenn ich entscheiden muss, wen ich bei den Spielen einsetze, gehe ich auch nach Pünktlichkeit und Trainingsbeteiligung. Meine Erfahrung ist aber, dass eher die leistungsschwächeren Spielerinnen zu spät oder gar nicht zum Training kommen. Meine stärkeren Spielerinnen kommen sehr pünktlich und sehr regelmäßig. Würde eine Lady aufgrund ihrer Spielstärke Sonderrechte für sich reklamieren, würde ich ihr ganz sicher meine Meinung verständlich nahebringen.
Spielzeiten
Du bist anscheinend der Ansicht, dass sich die Einsatzzeit nach Spielstärke richten sollte. Zumindest verstehe ich deine Aussage so. Ich sehe das anders und ich praktiziere das anders. Und ich finde es schlimm, wenn Trainer zu sehr die Spielstärke in den Vordergrung stellen. Dann kommt nämlich genau solche Aussagen dabei raus:
> auch wenn andere Spieler aus dem Kader sehbar besser oder Gleichwertig sind
Warum glaubst du, beurteilen zu können, wer "besser" oder "Gleichwertig" ist. Und findest du es nicht respektlos, über die Leistung der Kinder zu urteilen?
Bei mir spielen im Normalfall alle Spielerinnen 2/3 des Spiels. Ganz neue und unsichere Mädchen spielen nur 50%, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass sie mit 2/3 überfordert sind. Ich habe schon eine Spielerin verloren, weil ich sie mal im Testspiel durchspielen lassen habe. Wahrscheinlich habe ich sie nicht deswegen verloren. Aber einen Gefallen habe ich ihr nicht getan.
Sitzungen mit Eltern
Mache ich rund um jedes Spiel und jedes Training. Ich habe wegen diverser Probleme auch einen Elternabend gemacht. Aber die Eltern, mit deren Kinder du Probleme hast, wirst du auf so einem Elternabend sowieso nicht finden. Wenn der Fußball zu Hause 0 Stellenwert und 0 Unterstützung hat, steht die Fußballkarriere der Spielerin unter einem schlechten Stern. Aber ich bin da relativ hart. Ich wollte Trainer werden. Wollte ich Streetworker oder Sozialarbeiter werden, hätte ich mir den entsprechenden Job besorgt. Ich biete etwas an und wer dieses Angebot annimmt ist dabei. Und wer das Angebot nicht annimmt, ist über kurz oder lang nicht dabei. Ich möchte nicht 60 % meines Einsatzes für 10 % der Mädchen verschwenden.
Mein Tipp
Wenn dein Sohn nicht wechseln will, musst du das respektieren. Lerne von den Fehlern anderer Trainer, engagiere dich und mache es besser. In meiner Anfangszeit als Trainer habe ich mich immer sehr über die Eltern "gefreut", die eigentlich viel geilere Trainer waren als ich (entsprechend haben sie auch in den Spielen mein Coaching übernommen), sich aber leider wegen Schichtdienst nicht einbringen konnten. Soviele Schichtarbeiter auf einen Haufen habe ich vorher und hinterher nie erlebt.