Andre, natürlich hast du Recht mit dem Vereinssterben, das ist keine Frage. Bei uns gibt es in einem Stadtteil gleich drei Vereine, die sich nun zu einer JSG zusammenschließen. Aber wie hieß es hier im Thread noch so passend? Fußball würde sich noch mehr zu einem Champagnersport entwickeln. Es käme zu einer Schere - Vereine für Reiche, und Vereine für Arme.
Warum erscheinen Vereine mit Kindern, die alle Trainingsanzüge tragen? Um einen auf dicke Hose zu machen? Oder weil es zwischen den Kindern dann keine Unterschiede gibt? Was passiert denn wenn es irgendwann Vereine gibt mit höheren Beiträge und welche, die sich auch der Ärmste leisten kann? Ein Meisterschaftsspiel, bei dem Sätze zu hören sind wie "Ach, das sind die aus dem Gammelverein!"
Es mag zwar dann vorkommen, das neue Trainer kommen. Eben jene jungen Typen, die dann doch lieber im Sportverein mitarbeiten, als Zeitungen auszutragen oder Getränkekisten zu schleppen. Aber wird diese Zahl der Trainer am Ende reichen? Es gibt überdies doch jetzt schon Flachzangen, die in der Sommerpause mit der ganzen Mannschaft den Verein wechseln, weil´s beim neuen Verein Gratis Trainingsanzüge gibt. Von einem befreundeten Jugendleiter habe ich bereits gehört, das so mancher wechselwillige Trainer schon telefonisch seine Wünsche geäussert hat, bevor er das erste Mal das Sportgelände betreten hat. Hier im Kreis gibt es Trainer, die siehst du nahezu jedes Jahr in einem anderen Trainingsanzug. Ich persönlich sehe es oft an den Schiedsrichtern. Da wird sich dem Verein angeschlossen, wo man die gute Adidas-Ausrüstung bekommt, statt die billige von Erima.
Ein Schiedsrichter hat letzten Endes weniger Aufwand als ein Trainer, aber der Schiedsrichter bekommt für jedes bisschen "Arbeit" an den Wochenenden ein paar Taler. Nicht viel, aber immerhin. Noch dazu kommt er durch gute Leistungen weiter, darf höher pfeifen, wo es dann schon wieder einige wenige Euro mehr gibt. Warum haben die denn so wenig Zulauf? Die haben doch schon Geld als Motivation, oder nicht?
Das von dir angedachte Modell kann in einigen Vereinen vielleicht ja funktionieren. Aber nicht in allen. Und darum geht es. Die von dir immer wieder angesprochene soziale Komponente ist gut und schön. Die kannst du aber bereits heute durch einen Förderverein erreichen. Habt ihr einen im Verein? Wie hoch ist der Beitrag darin, wie hoch die Mitgliederzahlen? Du bekommst ja für einen Förderverein schon nur wenige Leute zusammen. Aber dann im großen Stil eine soziale Komponente berücksichtigen? Das funktioniert im Leben nicht!
Wir hatten im alten Verein auch einen Förderverein, in dem ich Vorstandsarbeit betrieben habe. Wir hatten schöne, wohlklingende Ziele. Die klangen auch alle ganz toll, jeder fand das super. Aber eine Mitgliedschaft für 2 Euro im Monat, die wollte kaum einer bezahlen. Das sind immerhin noch 8 Euro weniger als bei deinem Modell. Wenn du für 2 Euro schon so wenige aktivieren kannst, wie willst du bitte eine Zwangsabgabe durchsetzen, die höher liegt? Ich weiß ja nicht genau, wie du von Angesicht zu Angesicht argumentierst, aber ich halte es für absolut unrealistisch. Wir hatten innerhalb von 2 Jahren nicht einmal 30 Mitglieder. Und das Geld, was wir einnahmen, auch durch Spenden, hat nicht annähernd dafür gereicht, alle sozial Schwachen zu unterstützen.
Die Eltern bei uns im Verein haben letztens erst einen Abteilungsbeitrag zahlen müssen. Der lag weit unter 10 Euro im Monat, aber das Geknappse und Gemurre der Eltern, als wir Trainer denen das erklären mussten, kannst du dir nicht annähernd vorstellen. Wir fluchen doch alle über den reichen DFB, die reichen Vereine, und das unten, an der Basis, nichts davon ankommt. Wir fluchen über die Kommerzialisierung des Fußballs. Da kann es doch nicht unsere Absicht sein, die Basis auch noch zu kommerzialisieren.
Vereine, die gute Trainer haben weil die Eltern dafür mehr bezahlen, und Vereine mit schlechten Trainern, weil die Eltern es nicht bezahlen können. Da kommen wir weg von "Auf dem Platz sind alle gleich!", und gehen hin zu "Haste was, kriegste was!". Gute Trainer in ausreichender Zahl, wenn man es sich leisten kann. Und die doofen Vatertrainer, davon sogar noch zuwenige, wenn man es nicht stemmen kann. Und die, die haben dann schlichtweg Pech gehabt, oder wie?
Mit etwas Nachlesen im Forum kommt jeder darauf, wie er deine Monatsbezüge herausfindet, Andre. Sicher bist du kein reicher Sack, aber auch kein Geringverdiener. Ich beneide dich gar darum, das du soviele sozial Schwache im Verein gar nicht kennst und hast, das kannst du mir glauben. Aber ich bin ums Verrecken nicht bereit dazu, auch nur ein Kind zu verlieren, weil es dann eben nicht mehr im Verein spielen darf, wegen der zusätzlichen Kosten. Ein Kind ist schon eines zuviel.
Wir haben jemanden im Verein: vier Kinder, Papa arbeitet Schicht bei Trinkgut. Das der nicht reich dabei wird, kann sich jeder wohl denken. Der muss gleich den Freizeitspaß für 4 Kinder finanzieren, dazu noch seine Frau durchbringen, die wegen der Jüngsten - ohne Kitaplatz - nicht arbeiten gehen kann. Und dem soll ich dann erzählen, das er für zwei Kinder bei uns im Verein je einen Zehner zusätzlich locker machen muss? Damit unsere B-Jugendlichen mit einem Taschengeld gelockt werden können? No way, mache ich nicht mit!
Entweder, die Jungs kriegen den Arsch selber hoch, oder sie sollen halt Getränkekisten im Supermarkt sortieren. Da müssen sie sich entscheiden.
Ich bin Trainer geworden, weil meine Trainer damals TOP waren, und ich nur positive Erfahrungen mit ihnen gemacht habe. Ein Stück davon möchte ich den Kindern heute weitergeben, ich fühle mich dazu eben verpflichtet. Kein Geld der Welt wäre für mich da ein Motivationspunkt. Obwohl ich das natürlich sofort hauptamtlich machen würde, aber bezahlen kann das niemand.
