Trainingseinheiten

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  • Guten Tag,


    ich wollte mich mal beraten lassen, da ich an sich im Bereich Training im Frauenfussball keine Ahnung habe. Es ist nämlech so, dass ich ab nächster Saison, die Leitung einer Frauenmannschaft übernehme.


    Die Mädels können Fussball spielen, aber sind zurzeit in einer doch niedrigen Liga. Meine Frage daher, ob mir einer sagen könnte, wie ich eine Trainingseinheit zu leiten habe? Oder mir irgenteine Internetseite angeben, wo Beispiele von Trainingseinheiten in allen Bereichen (Fitniss, Verteidigung, Angriff, Spielsystem u.s.w.) aufgelistet sind. Oder eben ein Trainingsbuch vorschlagen.


    Ich habe bis jetzt nur die Jugent trainiert, denke aber dass Frauenfussball ne komplett andere Art und Weise ist.


    Vielen Dank im voraus

  • Joel_1980


    Ein Frauenteam zu übernehmen, ist sicherlich eine Herausforderung! Das Niveau in der untersten Liga ist vergleichbar mit dem einer D-Jugend-Jungen-Mannschaft! Womit ich schon eine Überleitung schaffen möchte! Denn, wer mit falschen Erwartungen an die neue Aufgabe heranschreitet, läuft Gefahr, dass er schon früh die Flinte ins Korn wirft! So ist die Trainingsbeteiligung geringer, denn Fussball hat dort eher noch die Priorität ein wenig Spaß zu haben, es aber mit körperlicher Anstrengung nicht zu übertreiben! Da ist die "Gerstenkaltschale" schon fast wichtiger als die Verbesserung fussballerischer Fähigkeiten. Die Beteiligung bei den Spielen ist allerdings etwas höher als beim Training.


    Bei einem Frauenteam in der untersten Liga bist du eher der nette Kümmerer, als der sportliche Übungsleiter! Ich will zwar nicht sagen, dass es Wursch ist, was du für Trainingseinheiten machst, aber gewöhne dich schon mal daran, dass die Mädels deine Übungen gern nach ihren Wünschen abändern wollen, ohne das du einen sportlichen Sinn darin erkennen kannst.


    Bei Laune halten kannst du die Mädels, wenn ich ca. alle 4 Wochen einen gemeinsamen, gemütlichen Abend veranstaltet!


    Für den Fall, dass du auch sportliche Ambitionen hast, ist die Stimmung innerhalb des Teams ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung deiner Mannschaft.
    So, nun zum Nebensächlichen:
    1. Namen der Spielerinnen merken
    Um sich die Mädels schneller zu merken (denn eine flasche Anrede wäre eine Katastrophe) sollen sie beim Übungspiel jeweils den Namen ansagen, zu dem sie den Ball passen wollen!
    2. Koordination üben
    Jeweils 2 Mädels sollen sich an die Hand nehmen und als Pärchen ein Übungsspiel bestreiten. So bekommst du gleich mit, wer mit wem befreundet ist und wer wenn nicht riechen kann.
    3. Torwarttraining
    Vermutlich wirst du weder Zeit noch Ahnung vom TW-Training haben. Die Torhüterin ist meist die mit der aerodynamsichen Tropfenform. Vom Charakter her ist sie jedoch die Seele der Mannschaft. Also lobe sie und du bekommst Lob! Lass aber nicht zu, dass man ihr beim Torschuß 50 mal hintereinander auf die Bude schießen. Wechsel lieber nach 20 Schuß die Keeperin


    Ich vermute mal, dass deine Tochter in die Frauenmannschaft wechselt und man sonst keinen Trainer gefunden hat. Pass also auf, dass sie nicht bei den Punkt- und Pokalspielen mehr zum Einsatz kommt als die anderen Spielerinnen. Der wer besser Fussball spielen kann, interessiert hier so gut wie gar nicht!

  • Vielen Dank für die sehr hilfreiche Antwort. Denke mal, dass ich momentan bisschen Panik habe, mich einer "Horde wilder Frauen" entgegen zu stellen, hehe. Es ist einfach schwierig, ein Niveau bei den Frauen fest zu stellen (ist nicht beleidigend gemeint), da sie älter sind als die Jugentspieler, aber wie gesagt, eben das spieleriche ist schwer einzeschätzen.
    Nee, die Tochter ist nicht dabei, und bin auch komplett neu bei dem Klub. (Umgezogen, und der Vorstand ist an mich heran getreten, da ich mich im Fussball in userem Bezirk gut auskenne, und das noch als ehemaliger Schiedsrichter)

  • Joel_1980


    Es gibt überhaupt keinen Grund in Panik zu verfallen! Wer sich dieser Herausforderung einmal gestellt hat, offen mit ihr umgeht, der wird sehr viele Stunden erleben.


    Das Training und die Spiele sollten in lockerer Athmosphäre ablaufen. Die Mädels wollen auch nicht durch Kritik vorgeführt, sondern durch Lob und Mut dazu animiert werden, sich etwas zuzutrauen. Was dann am Ende dabei herauskommt, ist erst einmal gar nicht so wichtig! Wichtig ist vielmehr der richtige Weg, nicht das Ziel eines Meisterschaftstitels!


    Wenn die Mädels merken, dass du dir Mühe gibst, nicht als Macho rüberkommst, sondern auch erklärst, dann werden sie dich rasch in ihr Herz schließen. Und wenn du etwas (noch) nicht verstehst, frage ruhig zum richtigen Zeitpunkt nach!


    Nimm dir auch die Zeit (ca. 2 Jahre), die man braucht, um sich genügend in der spezifischen Materie des Frauenfussballs einzuarbeiten.

  • Also generell sind Frauen physisch einfach nicht mit Männern zu vergleichen.


    Aber meine Erfahrung ist, dass ein gewisser Leistungsgedanke unabdingbar ist. Kommt natürlich auf die Mannschaft an, aber -auch in der Kreisliga- ist die Tabelle für die Damen nicht unwichtig. Ich widerspreche TW-Trainer in dem Punkt, Frauenmannschaften als eine primär gesellige biertrinkende Truppe, die auf alles übertrieben emotional reagiert, anzusehen.


    Wenn der Trainer den Richtigen Wechsel zwischen Leistungsanforderung -die Trainings, die meine Kreisliga Damen im Nachhinein am Besten fanden, waren die, wo es echt an die Grenzen ging- und auch mal locker lassen (mitlachen, nicht jedes Gespräch direkt unterbinden) hinkriegt, ist schon viel gewonnen.


    Ich habe auch in 11 Jahren noch nie erlebt, dass jemand ein Problem damit hat, wenn er mal einen Namen falsch sagt (gerade am Anfang!!!). Da hilft ein bisschen Selbstironie und fertig. Guck dir die Mädels an, rede mit ihnen, mach auch mal härtere Einheiten (konditionell) und guck, wie sie darauf reagieren. Wenn während der Übung gestöhnt wird, heißt das nicht unbedingt, dass sie das Verausgaben schlecht finden. Zumindest nicht nachher ;)


    Ganz wichtig: Sei authentisch, steh hinter deinem Konzept bzw. den Kernpunkten, die dir wichtig sind. Wir haben z.B. nach vielen Jahren Manndeckung mit neuer Trainerin auf Raumdeckung umgestellt und es war überhaupt kein Problem, weil es überzeugend rüberkam. Gerade grundlegende Techniken (Vollspann etc.) und Taktik sind Themen, bei denen viele Damen einfach nicht die "Grundbildung" wie die Jungs/Männer haben. Eine Verbesserung ist daher eher schnell möglich, es gibt da ein großes Potential. Allerdings geht das nur, wenn man dich fachlich und menschlich respektiert. Brüllaffen ohne eigenen fussballerischen Hintergrund haben keine Chance. Es liegt aber auch am Trainer, ob die Damen zu einer Spasstruppe oder einer engagierten, leistungsbereiten Mannschaft (gibt es auch in der Kreisliga, wir haben halt nicht die "Begabung zu Höherem") gehören.
    Es ist doch eigentlich kein Unterschied, ob Kreisliga-oder Bundesliga-Spieler alles geben, nur das Niveau ist objektiv anders.

    Life is a tale told by an idiot (Shakespeare)

    2 Mal editiert, zuletzt von Waldläuferin ()

  • Waldläuferin


    Kann es sein, dass wir 2 total unterschiedliche Wahrnehmungen über den Frauenfussball haben? Deshalb beziehe ich Stellung zu ein paar Aussagen von dir:


    1. "Auch in der Kreisliga ist die Tabelle nicht unwichtig!"
    Wenn du einmal unter "www.fussball.de" nachschaust, dann werden dir gerade in den letzten Saisonspielen bis in die Regionalliga hinein seltsame Ergebnisse vorkommen, wo es heiß: Gast bzw. Heim-Mannschaft nicht angetreten! In den beiden Profiligen erkennt man anhand der Ergebnisse deutliche Leistungsverschiebungen zum Saisonende. Dort wird zwar angetreten, aber nur noch mit 50 % der Leistung, weil man sich entweder bereits für einen Aufstiegsverzicht entschieden hat oder die halbe Mannschaft nach Saisonende den Verein verläßt!


    Ich möchte dieses Verhalten, zum Saisonende hin nicht mehr anzutreten, was bei den Männern selbst in der 4. Kreisklasse eine große Seltenheit ist, nicht anklagen! Jedoch gilt es festzustellen, das Frauen andere Prioritäten setzen als Männer! Ihnen ist der Titel nicht so wichtig und sie machen ihre sportliche Weiterentwicklung weitaus mehr am Trainer fest als es bei den Senioren der Fall ist!


    Auch scheint ein Mißverständnis vorzuliegen, dass ich Frauenmannschaften als "gesellige, biertrinkende Truppe" beschieben habe. Ich habe regelmäßige, gemeinsame Freizeitgestaltung geschrieben, die wichtig für die Harmonie innerhalb der Mannschaft ist, weil sich in lockerer Athmosphäre kleinere Mißverständnisse untereinander gut ausräumen lassen. Denn diese Konflikte können die Mädels viel besser untereinander regeln, als wenn der Trainer dazu eingebunden wird.


    In diveren Threads stellen Trainer sich die Fragen, warum die Trainingsbeteiligung so gering ist und warum sich ihre Spielerinnen während des Trainings und den Spielen merkwürdig verhalten!


    Fussball hat für Frauen eine andere Bedeutung wie für Männer! Die Unterschiede stellt man am besten fest, wenn man eine zeitlang eine Männer- und eine Frauenmannschaft trainiert hat.


    Dass man hier ohne Leistungsdruck weitaus besser Spitzenleistungen bei Mädchen und Jungen, Männern und Frauen entwickeln kann, darin scheine ich bisweilen wohl in der Minderheit zu sein. Denn leider verbieten viele Trainer von viel zu oft, statt ihre Spieler/innen zu begleiten!


    2. "wir haben halt nicht die "Begabung zu Höherem"
    In kaum einer anderen Sportart ist die Leistungsexplosion so groß wie im Frauenfussball! Einen Wechsel von der 2. Kreisklasse in die Oberliga oder von der Landesliga in die Bundesliga, das wäre für Männer undenkbar! Bei den Frauen ist es aufgrund der deutlich geringeren Leistungsdichte möglich! Typische Leistungsmerkmale dieser "Spätentwicklerinnen" ist eine sehr ausgeprägte Eigenmotivation, sich dem höheren Leistungsniveau zu stellen und sich auch von Verletzungen nicht aufhalten zu lassen! Eigentlich ist es auch falsch von "Spätentwicklerinnen" zu sprechen, weil sehr viele Mädchen später mit dem Vereinsfussball starten. So ist mir ein Fall in Erinnerung geblieben, in der eine 19-jährige erst vor 6 Monaten in der 2. Kreisklasse mit dem Fussball startete und als "Rohdiamant" von einem 5 Ligen höheren Verein entdeckt wurde! Weil das Mädel jedoch vorher jahrelang mit gleichaltrigen Jungen "Straßenfussball" gespielt hatte, war sie ihren Mitstreiterinnen bereits um Längen voraus! Wer will hier von Begabung sprechen, wenn es doch nur andere Mitspieler waren, die zu deutlich höheren Leistungen animierten? Auch in der Mädchen-Talentförderung kommen fast alle Mädchen aus Jungenmannschaften, wo sie an ein dynamischeres Spiel gewöhnt werden. Die Verbände und der DFB wollen ihre Nachwuchs-Spielerinnen zusätzlich in Jungenmannschaften in einer technisch und taktisch besseren Ausbildung gefördert wissen.


    Diese Erfahrungen bestärken mich in der Annahme, dass es die freie Entscheidung von Mädchen und Frauen ist, in welcher Weise sie den Fussball wahrnehmen! Hier sehe ich allerdings das latente Problem der Selbstwahrnehmung innerhalb einer Mannschaft. Denn um sich als Mannschaft oder sogar Leistungsvereinigung zu fühlen, gehört mehr dazu, als sich gleiche Tricot`s überzustreifen! Insofern handelt es sich um eine fragile Gemeinschaft, bei der es dem Trainer nicht immer leicht gemacht wird, Impulse zur Förderung des Fussballs zu setzen. Gelingt es ihm aber, dann wird er deutlich mehr Freude an seiner Arbeit miterleben, als das deutlich mehr auf Ergebnisse fixierte Spiel der Männer!


    Frauen dürfen gewillen wollen, Männer müssen gewinnen wollen!

  • Ich kann euch beiden zustimmen. War selber jahrelang Damenspielerin und dann -Trainerin. Hab in dieser Zeit einige Aufstiege und Abstiege mitgemacht. Während bei einem Männeraufstieg die ganze Ortschaft sich in den Armen lag, wurden die Damenaufstiege zwar gefeiert (vor allem von den Spielerinnen und dem Trainer), nicht aber vom Umfeld in dieser Ausdehnung. Gleiches gilt natürlich anders rum. Männerabstiege sind große Katastrophen, während Damenabstiege hingenommen werden (also kann man da auch mit viel weniegr Druck arbeiten). Ich selber als Spielerin hab das natürlich anders gesehen und hatte auch großen Ehrgeiz, auch in jedem Training. Doch das Umfeld sieht die ganze Sache anders...und natürlich gibt es auch andere Damenteams, hab ich auch schon erlebt, die alles locker nehmen und wirklich zur Gaudi spielen, soll es aber bei den ganze niederklassigen Männern auch geben.


    Viele Trainer haben kein Konzept und das merken dann auch die Teams, also solltest du dir gezielt überlegen was du die Saison über verbessern willst, ähnlich dem roten Leitfaden in der D-Jugend, da die Damen, wie TW-Trainer auch zu recht gesagt hat, technisch und taktisch weiter hinterher sind. Spannstoß ist schon was, was nicht jede kann. Dafür kann man aber auch große Verbesserungen erzielen.


    Damen ticken auch anders. Man sollte mannschaftsinterne Freundschaften nicht unterschätzen. Wichtig ist jede gleich zu behandeln, auch wenn sie vielleicht ne schlechtere Spielerin ist, denn wenn diese dann ihr Leid zu ihren Kolleginnen klagt, kann sich das schon mal auswachsen. Bei den Männern spielt halt der schlechtere einfach nicht so viel. Bei den Damen könnte das für Unruhe sorgen, außer du redest hier viel, also nicht einfach nicht aufstellen, sondern dass der Spielerin gegenüber auch begründen. Leider werden trainerenstcheidungen nämlich nicht nur aus sportlicher Sichte gesehen, sodnern Frauen sind da etwas solidarischer...bei mir hatte ich schon mal den Spruch: Lass sie lieber länger spielen, auch wenn wir dann verlieren.


    Und einfach viel unternehmen, abseits des Fußballs, das kommt immer gut. Und unseren letzten Damentrainer hat das Team auch echt angehimmelt, weil er einfach auch viel mit ihnen gemacht hat, dafür wurden viele andere Sachen verziehen.