Rhythmuswechsel trainieren

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  • moinsen zusammen


    zur zeit spiele ich mit meinem team in einer stadtgruppe, junger jahrgang, einen recht ansehnlichen fußball: viel kombination, überwiegend flachpässe, inzwischen sehr gute kette hinten und vorne einen recht aktiven sturm. das system 4 - 2 - 3 - 1 wird gut beherrscht, noch nicht zur gänze, was aber überwiegend an der taktischen dizsiplin mancher liegt, aber ich bin sehr zufrieden mit den jungs.


    so, jetzt zu meiner frage. mein team spielt bei ballbesitz in der eigenen hälfte sehr sicher, lässt den ball laufen, bezieht den torwart mit ein, die IVs beteiligen sich am spielaufbau, die sechser bieten sich gut an und die AVs laufen rechtzeitig in stellung. aber sobald wir die mittellinie überqueren wird es hektisch. jetzt bringt man keine geduld mehr auf sondern sucht den schnellen abschluss. oft funktioniert das auch, aber der aufwand sich die bälle wieder zu erkämpfen, was durch eine starke doppelsechs dann auch überwiegend gelingt, ist schon enorm. auch habe ich festgestellt, dass dann der sturm sich darauf verlässt, dass die sechser die bälle schon holen. auf zuruf arbeiten sie dann zwar auch zurück, aber ohne das kammando eher weniger.


    meine philosophiefrage ist jetzt eigentlich folgende: soll man dieses schnelle (hektische) spiel abstellen oder fördern und verbessern? der kraftaufwand ist enorm, bei zweimal in der woche training sind die jungs zwar fast jedem team läuferisch überlegen, aber nächstes jahr spielen wir wieder LK und dann muss ich mich entschieden haben. immer wenn ich in der halbzeit gefordert habe, doch mal ruhiger zu spielen, man führe schließlich, war der rhythmus komplett weg. soll ich das laufen lassen oder ändern? wie gesagt, hier geht es nicht um sieg und niederlage sondern um den spielfluss und den taktischen rhythmus.


    wenn man also beschließt, wir spielen auch in der gegnerischen hälfte vermehrt ballkontrolle, wie trainiert man den transfer zum spiel? ein hauptbestandteil meines trainings sind spiele auf ballhalten ohne abschluss in x variationen. das können sie inzwischen auch recht gut, trotzdem wird vorne immer der tdl. pass gesucht, den tunnel oder das hackenzuspiel. sieht echt klasse aus, ich will mich nicht beschweren, aber im nächsten jahr, wenn vlt. das privatleben bei 16 jährigen noch wichtiger wird, könnte es an die kraftreserven gehen.

  • Versuche mal im Trainingspiel Pflichtkontakte einzubauen. z.B. wenn ihr über der Mittellinie seit min. 6 Kontakte usw. innerhalb des Teams dann erst ei Angriff starten.


    Oder Flügelspiel starten der aber abgebrochen wird zurück zum def. Mittelfeld der die andere Flügelseite ins Spiel bringt.

  • danke für die antwort svtrainer.


    ja, so ähnlich trainieren wir das schon. im training, wenn der trainer die vorgaben macht klappt das auch, im spiel siegt dann der freigeist der jungens und der besagt, gib ihm.... 8)


    naja, bleibt die frage, bestärken und ausbauen oder bremsen?

  • Ich kann für mich keinerlei Kompetenz für den höheren Jugendbereich reklamieren, soviel vorab. Aber ich finde, es klingt doch eigentlich richtig gut, wie du das Verhalten deiner Spieler beschreibst, sie geben immer Gas und sind eher darauf aus, weitere Tore zu schießen, als zu versuchen, die Führung zu verwalten. Ich würde da, das sage ich jetzt aus der Ferne, wohl gar nicht versuchen, sie dazu zu bringen, zu versuchen, das Spiel über die Zeit zu bringen, wenn es nicht ihrer Natur entspricht. Natürlich hätte ich schon etwas gegen allzu riskante Aktionen, die man sich bei eigener Führung dann doch eher zugunsten des sichereren Spiels schenken sollte. Aber ich würde davon abraten, ihnen nahe zu legen, auf Ballhalten zu spielen und ihn demzufolge nur noch hin und her zu schieben. Wenn man das nicht so souverän wie Barca macht, hätte ich Angst, dass der von dir ja genannte Rhythmus eher verloren geht, dem Gegner gleichzeitig der Druck genommen wird, und er demzufolge wieder aufkommen könnte. Wenn dann bei deinen Jungs Konzentration, etc. eher nachlassen, riecht das nach einem Spiel, das kippen könnte. Man sieht ja auch jeden Samstag in der Sportschau, dass selbst viele Profimannschaften es nicht schaffen, eine Partie zu verwalten. Da frage ich mich, wie gut das B-Junioren hinkriegen können.


    Probieren kannst du es natürlich dennoch. Versuch macht schließlich kluch, äh, klug.

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • Hallo Siebener,


    auch wenn ich keine Erfahrung für B- Jugend habe, sondern nur bis zur C, sehe ich es ähnlich wie tobn: Es klingt ganz gut.


    Das Abwägen zwischen schnellem Spiel und Ballhalten ist ein mannschaftstaktisches Thema und sollte damit auch jetzt erst in der Altergsruppe Ausbildungsschwerpunkt sein. Insofern würde ich sagen: Bis hierhin alles normal bei Deiner Truppe. Denn wenn die Jungs das schnelle, technikorientierte Spiel verinnerlicht haben, scheinen sie doch bis dahin gut ausgebildet zu sein.


    Das Verhalten Deiner Mannschaft erinnert etwas an die Entwicklung der Nationalmannschaft unter Joachim Löw: Zunächst hat man (so sieht es für mich als Außenstehenden aus) die technische Verfeinerung vorangetrieben und die Spielphilosophie des schnellen Spielaufbaus und -abschlusses den Spielern völlig verinnerlicht. Das führte (und führt immer noch) zu zahlreichen Risikosteilpässen. Im nächsten "Ausbildungsschritt" hat man der Mannschaft erst in den letzten beiden Jahren die taktische Variabilität verordnet, auch mal wieder auf Ballhalten und mit Geduld zu spielen - konnte man in diesem Jahr ganz gut beobachten. Die Richtigkeit dieser Reihenfolge: 1. Technische Grundlagen, 2. Ermunterung zum schnellen Spiel und zur Entwicklung der Spielfreude, 3. Einstudieren mannschaftstaktischer Varianten dürfte unbestritten sein.


    Deshalb würde ich an Deiner Stelle beide Varianten (schnelles Spiel und Ballhalten) gleichermaßen im Training durch entsprechende Spielformen unterstützen und durch "Umschaltübungen" kombinieren. Habe aber etwas Geduld, bis die Mannschaft die zweite Variante erst nach und nach von selber in den Spielen umsetzt. Ich würde es in den Spielen noch nicht von der Gesamtmannschaft "einfordern", bis beide Varianten und das Umschalten zwischen den beiden Varianten ausreichend geübt sind.

  • ja, ich bin auch zufrieden. aber man will sich ja stetig verbessern und ein rhythmuswechsel wäre da die nächste stufe:


    beispiel, eine mannschaft, gegen die wir neulich spielten und die uns völlig unbekannt war,
    schaute die ersten 10 minuten erstmal, was wir so drauf haben und wie wir spielen.
    heißt, man spielte viel hinten rum in der eigenen hälfte und lockte uns. dann schoben die jungs sich stetig nach vorne und erkannten,
    dass wir gerne auch über die aussenverteidiger spielten.
    die wurden dann recht schnell in den ecken gestellt. diese taktische finesse des abwartens, analysieren und reagieren fehlt uns.
    meine jungs gehen drauf, ein rhythmus, inkl. pressing und so weiter. diese ruhe, den gegner erstmal spielen zu lassen, fehlt.
    es geht mir um gottes willen nicht um ein ergebnis halten, never!


    aber die tatsasche, dass man diese art von tempofußball evtl. bald nicht mehr spielen kann, lässt mich vorausblicken.

  • Hallo Siebener,


    wie die anderen User hier schon schrieben klingt das Verhalten deines Team eigentlich zunächst mal gut. Wenn es in die Hälfte des Gegners geht wird schnell gespielt und der Abschluss gesucht. Wie du schreibst ist es bisher wohl auch erfolgreich, was die Ergebnisse angeht. Eigentlich ist das schon erstrebenswert und der riskante Pass in der Offensive mit Selbstvertrauen gespielt ist letztlich oft das Mittel zum Erfolg, um auch eine gut organisierte Abwehr zu überraschen und zu überwinden. In der eigenen Defensive sollte der natürlich nicht erfolgen.


    Aber ich kann deine Bedenken auch nachvollziehen. Was den Rhythmuswechsel angeht fällt mir da noch eine Übung ein, die eventuell hilfreich sein könnte. Man spielt zunächst mit zwei Teams auf einem Feld mit zwei Toren auf Ballhalten. Das gesamte Feld sollte dabei vom ballbesitzenden Team genutzt werden. Es dürfen aber zunächst keine Tore erzielt werden. Wie geschrieben: erst auf Ballbesitz spielen. Auf Kommando des Trainers soll das Team in Ballbesitz dann schnell und überfallartig versuchen ein Tor zu erzielen. Und dabei wird dann auf das Tor gespielt, welches vom ballbesitzenden Spieler am weitesten entfernt ist. Befindet sich dieser Spieler also während des Kommandos vom Trainer in Hälfte A des Spielfeldes, dann wird auf das Tor in Hälfte B gespielt. Erobert das andere Team dann den Ball ( kontrolliert; nur eine Ballberührung reicht nicht aus ) bevor es zum Torabschluss kommt, dann beginnt das Spiel von vorne. Die Mannschaft muss den Ball halten u. auf das Kommando vom Trainer warten.


    Das erfordert schon nicht wenig taktisches Verhalten von den Spielern. Wahrscheinlich werden sie sich am Anfang noch schwer damit tun; aber: Übung macht den Meister ( leider nicht immer ). Du trainierst eine B. Für die dürfte die Übung aber passend sein.


    Ich denke in dieser Übung kommt der Rhythmuswechsel schon recht gut zur Geltung. Man kann das Ganze z. B. noch dadurch variieren, indem man die Ballberührungen bzw. Passanzahl bis zum Abschluss gegrenzt, was aber wieder eher das schnelle Spiel fördert. Interessant ist es aber für den Trainer auf jeden Fall, da er, je nachdem wie das ballbesitzende Team gerade gestaffelt ist, gewisse Situationen mit seinem Kommando provozieren kann. Auf der andere Seite kann man aber auch das taktisch Verhalten der Defensive damit schulen. Es kommt dann eben auch darauf an, wie man ggf. korigierend einschreitet und welches Verhalten man gerade fördern will.


    Vielleicht kann euch diese Übung helfen.

    Wenn sie begriffen haben, daß zum Fußball auch Arbeit gehört, ist es zu spät. Dann werden sie Trainer. (Luis Aragonés)