Hallo,
ich trainiere eine Mannschaft, die ich als zweite Bambini aufgemacht habe und die zum großen Teil jetzt mittlerweile in der zweiten D-Jugendsaison spielt (Kleinfeld). Ich habe mir damals vorgenommen, dass wenn ein wirklich guter dabei ist, er nicht den Nachteil haben sollte, mich als Trainer gehabt zu haben. Dementsprechend habe ich die ganze Zeit sehr viel Wert darauf gelegt, die Kinder "auszubilden". Das hat auch eigentlich recht gut geklappt. Da bis auf drei der Spieler keine Kinder aus einem "Fussballerhaushalt" kommen, konnte ich mich so ziemlich austoben als Trainer, alles was sie mittlerweile können, haben wir uns zusammen erarbeitet, die Mannschaft und ich. Wir sind daher auch keine Mannschaft, die unbedingt die Tabelle anführt, aber die anderen Trainer bescheinigen uns oft, dass wir den komplettesten Fussball der gesamten Staffel spielen. Wir hatten in der Vergangenheit aber auch oft das Problem, wenn beim Gegner mal wieder welche dabei sind, die ein bis zwei Köpfe größer sind, vielleicht auch noch vor dem Spiel die entsprechend große Klappe haben, dann haben wir das Hinspiel "aus Angst" gleich mal verloren. Im Rückspiel haben wir sie oft weggehauen, denn die Kinder konnten sich erinnern, dass die anderen gar nicht so gut gespeilt haben. Zwei meiner Spieler sind besonders extrem, die stehen immer dann, wenn es z.B. um das "entscheidende Spiel" geht (sie lesen ja auch die Tabelle), Fingernagelkauend auf dem Platz. Ich habe nie ausgegeben, dass wir das Spiel gewinnen müssen, schon gar nicht die Meisterschaft. Sie setzen sich selbst aber sehr unter Druck und halten diesen dann nicht aus. Ich habe schon alles probiert, von Starkreden bis zum vielleicht doch mal fordern, irgendwie knacke ich sie nicht. Es ist ja nicht so, dass sie müssen, aber es wäre ja doch schön, wenn ich ihnen an der Stelle eine Hilfe sein könnte, ich weiß nur nicht, wie am besten. Habt Ihr Tips?
Spieler "stark" reden
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Ich hatte mal vor 10 Jahren einen Trainerkollegen, der unheimlich gut motivieren konnte. Ich habe von ihm sehr viel mitnehmen können. Er hat damals allerdings eine B-Jugend trainiert (zur Hintergrundinformation).
Wichtig ist zum einen, "die Sprache der Kids" zu sprechen, also durchaus auch mal Ausdrücke zu verwenden, die im alltäglichen Sprachgebrauch der Kinder fallen. Dann auf jeden Fall jedem Spieler Selbstvertrauen geben und die Stärken jedes Einzelnen immer wieder hervorheben, das Kind also stark reden. Er hat es geschafft, dass die Mannschaft im gesamten von sich so überzeugt war, dass sie immer daran geglaubt hat, jeden Gegner schlagen zu können. Dabei ist die Mannschaft nicht überheblich aufgetreten, sondern hat einfach an ihre Stärken geglaubt.
Vielleicht kannst Du Deine Spieler so weit bringen, dass Du ihre Stärken so in den Vordergrund stellst, dass sie irgendwann überzeugt sind, mit ihrem Können so weit zum Erfolg des Teams beizutragen, dass dadurch - egal welcher Gegner kommt - die Möglichkeit besteht, jedes Team zu schlagen.
Ich bin kein Psychologe, aber ich bin der Meinung, dass es auch Kinder bzw. Menschen gibt, bei denen jegliche Art von "Reden" sinnlos ist, weil sie bestimmte Situationen nicht meistern können. Es kann also sein, dass einfach aufgrund mangelndem Selbstvertrauen, die Kinder nicht in der Lage sind, mit Druck umzugehen. Vielleicht kannst Du auch mal mit den Eltern sprechen und fragen, wie die Kinder mit anderen (wichtigeren) Drucksituationen umgehen, wenn zum Beispiel eine wichtige Schulaufgabe ansteht. -
Ersteinmal möchte ich sagen, dass mein Vorredner den psychologischen Aspekt auf den Punkt gebracht hat.
Bleibt für mich die Analyse, sprich die Frage: Wo liegen die fußballerischen Defizite?
Diese Frage kannst du dir selbst beantworten. Mir ist es allerdings auch schon passiert, dass mir ein Trainerkollege und gleichzeitig Spielervater im normalen väterlichen Gespräch unter Experten -tztz-
die Augen geöffnet hat. Manchmal erkennt man gewisse Defizite nicht, weil man Scheuklappen auf hat. Wenn ich alles sehen würde, dann hätte ich nämlich vermutlich mehr Geld dafür bekommen.
Ich gehe davon aus, dass jemand der sein Fach beherrscht -ich meine Deine Spieler- auch Erfolgserlebnis ernten wird. Erfolgserlebnisse sind nicht nur gewonnene Spiele, sondern beispielsweise auch der gewonnene Zweikampf. Um diesen gewinnen zu können, bedarf es eine soliden Ausbildung. Eine solide Ausbildung hat ein D Jugendlicher, wenn er in der F viel dribbelte und Zweikämpfe im beispielsweise 1:1 trainierte. In der E spielter er im bis zu 3:3 und lernte, was ein Deckungsschatten (3:2/Unterzahl/Überzahlspiel) ist. Wenn das alles stattgefunden hat, lernt er für mein Verständnis in nun in der D, wie groß das Feld ist und in diesem Zusammenhang auch, wie er sich als Einheit bewegt, sprich wie sich ein Dreieck beispielsweise vor und zurück und von mir aus auch seitwärts bewegt. Wenn das nicht passt, würde ich meine Trainingseinheiten hierauf abstimmen.
Zudem würde ich jedem einzelnen Spieler ein Ziel "aufsprechen". Z.B. ....."Du verlierst heute keinen Zweikampf" oder "Heute nimmst Du dir vor, jeden Angreifer zur Seite abzudrängen." Von mir aus soll er seine Zweikämpfe selber zählen und auch, ob er den Ball erobert hat oder nicht.
In diesem Zusammenhang sollte -nach meinem Fußballverständnis- auch in den Köpfen sein, dass man nicht in unnötige Zweikämpfe gehen sollte. Vor einem Zweikampf in der Abwehr oder auch im Mittelfeld steht für mich, zuvor abzuschätzen, ob ich den Mitspieler anpassen kann, ob ich flanken kann oder ob ich abbreche und hinten rum spiele. Erst wenn das nicht geht, gehe ich in den Zweikampf und den will ich gewinnen und um gewinnen zu können, bin ich mir als Spieler sicher, dass ich sowohl technisch als auch konditionell in der Lage bin, diesen zu gewinnen.
Da spielen viele Aspekte ineinander und deswegen ist deine Frage/dein Problem nicht pauschal zu beantworten.
Einen Tipp fürs Training auch wenn ich einige damit vermutlich langweile:
schau mal unter "Ganzheitliches Training", und auch beim Dfb unter Taktik Abwehr (seitliches Abdrängen etc.) Gruß Andre -
Jou, da könnte man was draus machen. Du hast natürlich recht, Andre, mit dem "Werdegang" durch die Alterstufen. Wir haben aber nur eine Mannschaft pro Jahrgang, sind also keine "Leistungsmannschaft". Ich habe daher auch all diese Dinge zeitgerecht im Training "angeboten". Nun gibt es Spieler, die dies auch angenommen haben und sehr gut umsetzen können. Bei einigen hat sich halt ein bißchen weniger festgesetzt. Die Spieler, die ich meine, würde ich mal als recht ordentlich bezeichnen, die technischen Grundlagen sind da, aber hier und da ein bißchen "fußballerisches Fehlverhalten" eben auch. Was halt nur schade ist, dass sie es in den von mir beschriebenen Situationen schaffen, aus den zu führenden Zweikämpfen Ball- und Gegnerkontaktlos herauszuhalten, indem sie den Gegner stellen, aber eben nicht in der nötigen Konsequenz, da der "Sicherheitsabstand" dies nicht zu lässt. Das führt dazu, dass sie in solchen Spielen eigentlich nur hinterherlaufen, beim eigenen Abschluss die nötige Nähe zum Ball nicht finden, sondern hektisch und überhastet abschließen, während sie bei eben nicht fehlendem Selbstvertrauen teilweise spielentscheidende Aktionen aus dem Hut zaubern. Das mit dem persönlichem Ziel aufsprechen ist eine gute Idee, wird gleich beim nächsten Spiel umgesetzt. Wie gesagt, es geht hier nicht um das Können an sich, sondern um das Abrufen, was ich auch unter selbstgemachtem Druck herauskitzeln möchte.
Gruss
Holler -
Fußball ist bekanntermaßen ein Teamsport. Das bedeutet das Spieler/Spielerinnen über unterschiedliche Elternhäuser, möglicherweise in unterschiedllichen Schichten leben,und dadurch unterschiedlich geprägt wurden. Diese Prägung steckt erst einmal in jedem Kind. Sie steckt oft so tief drin, das viele Menschen nicht einmal selbst ihre eigenen Handlungsmuster (Unterbewußtsein) erkennen, wenn sie Erwachsen sind.
Wer von euch glaubt, das Spieler/Spielerinnen ihre unterschiedlichen Denk- und Vorgehensweisen durch ein oder zwei Gespräche, mit einem Trainer, ändern können bzw. wollen der täuscht sich. Kein Trainer kann genau wissen was im Umfeld der Kinder tatsächlich passiert bzw. ob Kinder zu stark durch Eltern oder Umwelt zu stark unter Druck gesetzt werden, kein ausreichendes Selbstbewußtsein mit auf den Weg bekommen, keine sachliche Kritik kennen u.v.m.
Da Trainer keine Sozialarbeiter sind können und sollen sie meiner Meinung auch nicht zu stark in die Privatsphäre (Elternhaus der Kinder) eindringen.
Wichtig ist nur wie sie sich beim Training und bei den Spielen verhalten. Einigen muss man Sozialverhalten, sachliche Kritik, Vernünftige Argumentationen u.v.m. lange vorleben, damit sie erkennen wie wichtig diese Dinge in der Gruppe sind bzw. das sie Grundvoraussetzung sind, um aus einer Mannschaft bestehen zu können.
Sämtlich vorgenannte Punkte wirken sich natürlich auf das Verhalten (Angst, Fingernägel kauen etc.) der Kinder, wie von "Holler" beschrieben aus.
Wie bereits erwähnt dauern mögliche Änderung beim Verhalten der betroffenen Kinder, aufgrund der oben aufgeführten Punkte, länger als vielen lieb ist. Diese Zeit muss man sich trotzdem nehmen, da auch Erwachsene nicht von heute auf morgen ihr Verhalten und Denken ändern können oder wollen. -
Zitat:
bcefferen schrieb am 18.09.2008 10:05
Da Trainer keine Sozialarbeiter sind können und sollen sie meiner Meinung auch nicht zu stark in die Privatsphäre (Elternhaus der Kinder) eindringen.
Wichtig ist nur wie sie sich beim Training und bei den Spielen verhalten. Einigen muss man Sozialverhalten, sachliche Kritik, Vernünftige Argumentationen u.v.m. lange vorleben, damit sie erkennen wie wichtig diese Dinge in der Gruppe sind bzw. das sie Grundvoraussetzung sind, um aus einer Mannschaft bestehen zu können.
Sicherlich sollte man nicht in die Privatsphäre eindringen. Aber man sollte aus meiner Sicht über gewisse Dinge, die das Kind betreffen, informiert sein. Nur so bin ich als Trainer in der Lage, richtig auf das Kind einzuwirken bzw. Dinge zu verstehen, die das Kind tut.
Der Trainer sollte über Krankheiten, Allergien informiert sein (Beispiel: Hyperaktivität). Der Trainer sollte auch Bescheid wissen, wenn schulische Probleme bestehen. Kinder mit getrennten Eltern: hier gibt es auch manchmal Probleme. Und es gibt noch viele Dinge, die ggf. das Verhalten des Kindes beeinflussen können. -
Wer mit seinen Spielern/Spielerinnen ein gutes Verhältnis pflegt, der wird automatisch sehr vieles von den Kindern selbst erfahren. Zu einem guten Verhältnis gehört meiner Meinung nach das man mit den Kindern und Jugendlichen regelmäßig spricht.
Dabei geht es absolut nicht darum in die Tiefe (Familienverhältnisse, Stress, Probleme etc.) einzudringen, sondern locker und flockig eine Vertrauensbasis aufzubauen. Dies kann bei den Fahrten zu den Auswärtsspielen der Fall sein, in allgemeiner Runde vor und nach dem Training/Spielen und vieles andere.
Dabei sollte man immer aufmerksam zuhören, weil die Art und Weise (vorsichtig, ängstlich, egoistisch, intelligente Aussagen, einfache Sprachwahl, etc.) wie sich jemand äußert, schon recht viel von der tatsächlichen Persönlichkeit preisgibt.
Außerdem helfen einfache unverfängliche Fragen wie in welchem Stadtteil wohnst du, oder welche Schule besuchst du, um sich ein weiteres Bild zu machen. Ich rede auch schon mal gern mit den Eltern (falls sie auch mal zu Platz kommen) über belanglose Dinge, um mein Bild zu ergänzen.
Eltern die selbst nur einmal im Jahr kommen begrüße ich immer persönlich und teile ihnen mit das ich mich freue sie kennen zu lernen.
Nur die wenigsten werden offen sagen das sie zuhause geschlagen werden, das sie rauchen und trinken, Drogen nehmen, selber stehlen, bestohlen werden, mobben, gemobbt werden, erpressen, selber erpresst werden, phychisch labil sind und vieles mehr. Viele wahre Problem werden somit nicht besprochen oder erkannt.
Das über Erkrankung der Kinder durch die Eltern informiert werden sollte ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber eine Garantie dafür das es auch tatsächlich der Fall ist, gibt es zumindest in den Ballungsräumen nicht mehr.
Deshalb kann ich "Holler" sehr gut verstehen, wenn er aktuell nicht weiß wie er die Kinder kurzfristig dazu bringt, den inneren, vorhandenen Erfolgsdruck nicht so verbissen zu nehmen und etwas lockerer, von innen, mit Sieg und Niederlage umzugehen.
Aus meiner Sicht sind das Prozesse, die lange dauern können bis die Kinder sie verinnerlicht haben und umsetzen.
