"Dribbler", "Passmaschine" – natürlich weiß ich, was du damit meinst und es gibt natürlich solche unterschiedlichen "Typen". Aber es sind doch im Grunde Klischees, die mir dazu auch zu sehr vom Erwachsenenfußball her gedacht scheinen. Da gibt es natürlich "Dribbler" wie Coman oder Schürrle und "Passmaschinen" wie Schweinsteiger oder Kroos. Im Kifu geht es doch noch nicht um solche Spezialisierungen.
Auf den Kifu bezogen würde ich von drei typischen Fehlermustern sprechen, die in verschiedenen Variationen ständig zu beobachten sind. Das ist jetzt negativ und defizitorientiert formuliert (Fehlermuster), ich weiß. Aber mir geht es zum Einen darum den Enthusiasmus der Begriffe "Dribbelkönig", "Passmaschine" zu relativieren und so (möglicherweise) den Blick des TE etwas zu schärfen. Zum Anderen hat der falsche Fokus aufs Dribbeln, Passen und Toreschießen in der Trainingsarbeit mit diesen Fehlermustern ursächlich zu tun.
1. typisches Fehlermuster, in vielen Varianten ständig zu beobachten: Der Alibi-Pass.
Ein Alibi-Pass ist ein nutzloser bzw. sinnfreier Pass. Er geschieht aus der Not heraus, irgendwas mit dem Ball anfangen zu müssen. Ein Alibi-Pass ist nicht nur der quergespielte Direktpass. Oft kann man etwa beobachten, wie die leistungsschwächeren Spieler stets versuchen, den Ball möglichst schnell zu ihrem Mannschafts-Star zu passen. Der wird schon was mit dem Ball anzufangen wissen. Direkt gespielte Pässe sind fast immer Alibi-Pässe. Typisch ist auch der Pass von der Seite aus in den Torraum. Der Ball muss nicht zum eigenen Mitspieler kommen, aber er wird in die gefährliche Zone gespielt und das findet der Trainer ja gut und der Papa auch.
2. typisches Fehlermuster ist der zu schnelle Torabschluss.
Hier geht es um einen sinnfreien Torabschluss. Auch das begegnet in ganz vielen verschiedenen Varianten. Zum Beispiel Kinder mit einem ordentlichen Wumms, die einfach mal von der Mittellinie bzw. aus großer Entfernung hart und hoch abziehen. Solche Bälle gehen in der G und F schonmal gerne ins Tor und die Eltern und leider oft genug auch der Trainer sind aus dem Häuschen. Tatsächlich wusste das Kind aber einfach nichts besseres mit dem Ball anzufangen. Oder der Torabschluss aus unmöglicher Position, etwa nach einem schnellen Lauf der Abschluss aus sehr spitzem Winkel. Oder der Versuch eines Torabschluss aus stark bedrängter Position.
3. typisches Fehlermuster ist das Festlaufen, also kopfloses Drauflos-"Dribbeln". Entweder wird sich in einem Pulk von Gegenspielern festgelaufen oder ins Seitenaus.
Diese drei Fehlermuster habe ich beim Hallenturnier dieses Wochenendes wieder ständig beobachtet und es war interessant zu sehen, wie bei Teams, deren Trainer besonders viel Druck ausgeübt haben, diese Fehler besonders häuften
Um den Bogen zum Thema des Threads zu schlagen: Der falsche Fokus aufs Dribbeln, Passen und Toreschießen provoziert diese typischen Fehlermuster. Dribbel-Läufe, Pass-Spiel, Torschüsse sind gewissermaßen nur Nebenprodukte einer soliden fußballerischen Basis. Diese zielt darauf ab, dass die Kinder jenseits von Dribbeln, Passen, Toreschießen mit dem Ball etwas anzufangen wissen. Die Kinder sollen fußballerische Souveränität lernen. Solche Souveränität kann dann im Nebenprodukt dazu führen, dass ein Kind mit einem genialen Pass die komplette gegnerische Abwehr ausspielt oder mit einem Solo-Lauf Räume nutzt bzw. aus bedrängter Situation heraus Räume schafft oder dass ein Kind eine Lücke für einen überlegten, platzierten Torabschluss ausnutzt. Aber aus solcher fußballerischer Souveränität heraus ist ein Kind in der Lage, auch einfach mit dem Ball etwas für sich anfangen zu können, ohne gleich kopflos losrennen, losschießen oder wegpassen zu müssen. Stattdessen kann sich ein so souveränes Kind in Ruhe die Zeit und den Überblick verschaffen, um zu einer im Blick auf das Spiel sinnvollen Entscheidung kommen zu können.