Ein allgemein anerkanntes (und soweit ich es überblicken kann) auch weit verbreitetes Problem (sportartübergreifend) ist doch, dass die Kinder und Jugendlichen zwar technisch nicht schlecht ausgebildet sind, aber erhebliche Probleme haben das Ganze unter Belastung, Gegner-/Zeitdruck oder im fortgeschrittenen Erschöpfungsstadium umzusetzen. Das sind meiner Meinung nach Symptome eines zu stark auf isolierte Übungsformen ausgerichteten Trainings. Meist wird dieses Unvermögen dann immer auf die Kinder abgewälzt und man kommt zu dem Entschluss, das diesen Kindern das gewisse "Etwas" fehle.
Da heißt es dann oft "im Training treffen doch immer alle das Tor und im Spiel kommt gar nichts". Hier setzt dann der Prozess ein in dem (Weltklasse)trainer anfangen noch mehr Wert und Zeit für isolierte Pass-Schuss-Übungen einzuplanen. Die eigentliche Kernproblematik (situative Bewegungssicherheit durch Erfahrung der Kinder) wird dabei verkannt und viel Zeit verschwendet. Ein Kreislauf der sich dann bis zur Resignation aller steigern kann. Man denkt man bearbeitet das Problem und müsste ja Fortschritte sehen, diese bleiben aber häufig aus oder sind nur unzufriedenstellend, weil andere Baustellen plötzlich auftreten.
Und genau hier setzt Horst Wein an. Er räumt dem situativen Erfahren in vereinfachten (damit leicht zu verarbeitenden) Konstellationen den größten Stellenwert ein. So bearbeitet er das Problem an sich (z.B. fehlende Passsicherheit) schwerpunktmäßig über die Konstruktion der Spielform (Abstimmen von Positionen, Anzahl der Spieler, Ziele, Regularien etc.) und fördert nebenbei noch alle weiteren Aspekte des Spiels. So wird das Kind kognitiv ungemein gefordert. Und das ist mMn viel mehr Wert als die 5-10% bessere Technik die eventuell über isoliertes Training zu erreichen sind.
Ich räume im Training dem Erlernen neuer Techniken (ohne Zeitdruck und Gegnereinwirkung) meist ca. 10 Minuten ein. Hierbei geht es wirklich nur darum die Bewegung als solche zu erfahren. Die Kinder sollen wissen wie ein korrekter Bewegungsablauf aussieht ohne dabei in Langeweile zu verfallen und stundenlang stupide ein und dieselbe Übung auszuführen (nur damit sich der Ablauf auch ja schön einprägt).
Kein Trainer schafft es ALLE Spieler hierbei über Lob und Kritik zeitgleich über längere Zeit zu einer guten technischen Ausführung zu motivieren (außer er hat 10 hochqualifizierte, engagierte Assistenten und einen Betreuungsschlüssel von 1:1). Die Realität sieht doch so aus, dass schnell der Schlendrian einkehrt und teilweise falsche Automatismen generiert werden und ich als Trainer meist bei den "schwächsten" Spielern gebunden werde.
Das eigentliche Verinnerlichen erfolgt bei mir in progressiv aufgebauten Übungsreihen die sich nach für nach der komplexen Spielsituation (Gegner und Zeitdruck) wieder annähern. Hier klappt zumindest bei mir das On-The-Fly Coaching ganz gut, da die Übungen zeitlich begrenzt sind (z.B. ein Angriff aufs Tor oder 30 Sekunden Ballbesitz Halten oder ähnliches). Fallen mir Fehler im Entscheidungsprozess oder technische Unzulänglichkeiten auf wird das negative Ergebnis nach der Sequenz angesprochen und es wird zusammen der notwendige Lösungsmechanismus erarbeitet der dann gleich im nächsten Anlauf ausprobiert wird.
Meinen Erfahrungen nach ist die Handlungssicherheit der Spieler die so ausgebildet und an die verschiedenen Techniken herangeführt werden viel höher als die traditionell ausgebildeter Sportler.
Zurück zur Frage: Horst Wein überspringt meiner Überzeugung nach keine Stufen des Lernens. Kinder lernen visuell und auditiv alleine schon wenn der Trainer es demonstriert unglaublich schnell wie die Grobtechnik auszusehen hat.
Ich als Trainer muss mich vom ästhetischen Anspruch der Allgemeinheit lösen. Das ist oft der Grund warum isoliert und lang andauernd Techniken geübt werden (damit die technische Feinform stimmt).
Horst Wein setzt dort an und integriert die technische Grobform in die Spielwelt der Kinder. Im Spiel variiert die benötigte Ausführung einer Technik situativ deutlich. Konventionelle Ausbildung verhindert, dass die Kinder in solchen Situationen richtig reagieren können. Sie wenden an was sie gelernt haben (ein fester Ablauf) und können damit nicht erfolgreich sein (wechselnde Ansprüche der Spielsitationen an die technischen Kompetenzen).
Ich sehe es also eher so, dass im traditionellen Training eine entscheidende Stufe der Lernens ausgelassen wird. Die abschließende Integration ins Spielgeschehen. Es wird davon ausgegangen, dass der EINE biomechanisch korrekte (oder ideale) Bewegungsablauf automatisch ins Spiel mit seinen mannigfaltigen Anforderungen und Gegebenheiten transferiert wird. Ein Irrglaube wie wir oftmals sehen müssen.