Anspruch und Realität

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  • Hallo,

    mich treibt in letzter Zeit wieder die Thematik Kinderfußball contra Leistungstraining um. Ein schönes Beispiel habe ich gerade auf der Homepage der Fußballschule Bernhard Dietz gefunden (www.fußbalschule-dietz.de). Eines vorweg: Ich habe größte Hochachtung vor B. Dietz und seiner Leistung gerade als Trainer. Besucht habe ich die Homepage nämlich, weil ich mit dem Gedanken spielte, meinen Sohn (8 Jahre) mal dort hinzuschicken. Gerade deswegen finde ich dieses Beispiel besonders erschreckend!
    Unter der Rubrik "Unsere Philosophie" stehen Aussagen, die ich mit Begeisterung unterschreiben würde.
    Stöbert man ein bißchen weiter gelangt man auch auf die Rubrik "News", dann schaut man dort unter "Hallencamp in der Soccerhalle Hamm".
    Hier wird begeistert vom Spielverhalten der U9 des MSV Duisburg berichtet. Stichworte wie "taktische Raumaufteilung" und Sätze wie " Die spielen sehr schnell, engagiert, diszipliniert, zum Teil nur mit zwei Kontakten oder gar schon direkt und sind technisch wie körperlich sehr stark." lassen mir die Haare zu Berge stehen.
    Nur am Rande: Der Trainer der U9 des MSV ist auch einer der Trainer der Fußballschule Dietz.
    Meine Frage ist nun: Wie läßt sich sowas mit der Dietz´schen Philosophie vom Kinderfußball vereinbaren? Das sind doh völlig gegensätzliche Standpunkte. Zudem werden beide Standpunkte von ein und derselben Person vertreten, nämlich dem U9 Trainer des MSV, der ja in seiner Eigenschaft als Trainer der Fußballschule auch diesen spielerischen Ansatz vertreten muss.

    Vielleicht kann jemand von euch dieses Rätsel lösen.

    Gruß

    HP

  • Hallo,
    schau mal unter Spielbetrieb und dann bei -Punktgeil und am Ziel vorbei-.

    So ist das, jeder oder sage ich besser, viele wollen modern sein, sagen und erzählen und glänzen und bei genauerer Betrachtung, tztz.

    Da werden Trainer ausgebildet und beim ersten Training nach dem Scheinchen wird in der E Jugend Langlauf praktiziert und und und.

    Im Umkehrschluss bleibt für mich jedoch die Frage, ob die Vorgaben des Dfb -die ich eigentlich sehr gut finde- wirklich das Allheilmittel sind oder ob es da auch andere Wege gibt.

    Ich glaube, dass das was die Kinder sagen die Meßlatte ist. Macht es denen Spass oder nicht ist die eigentliche Frage.

    Gruß Andre

  • Hallo Andre,

    auf eben diesen Thread habe ich mich ja bezogen, war der erste Anlass für mich hier im Forum was zu schreiben. Eben weil ich im Kontakt mit anderen Bambini- und F-Jugendmannschaften diese Punktegeilheit kennen gelernt habe.
    Die DFB-Richtlinien sind sicher richtig, ein Allheilmittel sicher nicht.
    Wenn sich aber ein Betreiber einer Fußbalschule auf einen Ansatz verpflichtet, der diesen Richtlinien sehr nahe steht, kann es unmöglich sein, exakt das Gegenteitl auf der gleichen Webseite zu lesen. Dadurch bekommt man ein Problem mit der Glaubwürdigkeit.
    Das wir uns nicht falsch verstehen: Ich kann in keiner Weise die Arbeit in der Fußballschule Dietz beurteilen. Habe bisher auch nur Gutes gehört und gehe weiterhin davon aus, dass das so ist. Meine Absicht ist auch nicht diese Arbeit hier zu diskutieren.
    Es ist halt bezeichnend wie Elemente des Leistungsfußballs doch immer wieder auch für eine gute Arbeit im Kinderfußball in Anspruch genommen werden, obwohl man schon längst erkannt hat, dass sie eher kontraproduktiv für die Entwicklung der Einzelspieler sind.

    Gruß

    HP

  • @ HP

    des Rätsels Lösung ist doch recht einfach.

    Warum sind soviele Eltern bereit teilweise viel mehr Geld für eine Fußballschule auszugeben, als sie es in einem Verein jemals bereit wären zu zahlen?

    Weil sie hoffen und glauben, das Sie und ihr Kind damit eine bessere Zukunft, mehr Spaß bzw. mehr Anerkennung bekommen. Teilweise ist es aber auch die fehlende Zeit und damit verbunden das schlechte Gewissen nicht genügend für ihre Kinder zu tun. Das im oben genannten Fall mit einer erfolgreichen Jugendmannschaft eines bekannten Vereins geworben wird, zeigt doch deutlich welche Gefühle bei den Eltern angesprochen werden. Also kompensieren die Fußball diese Sachen über solche Events. Ob das wirklich der Fall ist hängt von ganz vielen, teilweise nicht vorhersehbaren Faktioren ab.

    1. Ist das Talent des Kindes so gut, das es bei guter Förderung eine erhebliche Verbesserung erfährt?

    2. Wie gut ist der jeweilige Vereinstrainer?

    3. Auf welchem Leistungsstand sind die Mitspieler in der Vereinsmannschaft?

    4. Können sich die Eltern das finanziell auf Dauer, bei mehren Kindern ;) erlauben?

    Ich habe z.B. zwei Spielerinen die regelmäßig einmal die Woche eine solche Fußballschule (Taxofit) besuchen und dafür monalich 60 Euro (720 Euro im Jahr) zahlen.
    Das Training dort, wird aus meiner Sicht von gut qualifizierten Trainern durchgeführt. Dieses zusätzliche Training verbessert durchaus die Technik / Ballbehandlung.
    Trotz allem würde ich keinem Elternteil empfehlen auf Dauer soviel Geld auszugeben. Erheblich besser wäre es wenn Kinder wie früher regemäßig mit anderen Kindern (verschiedene Altersjahrgänge, Straßenteams etc.) auf Bolzplätzen oder Wiesen miteinander/untereinander spielen würden. Dadurch wird nicht nur das Sozialverhalten verbessert, sondern die kämpferische Einstellung, die erforderlich ist gegen größere / ätere Spieler.

    Wer kämpft kann verlieren - wer nicht kämpft hat bereits verloren

  • Hi HP,

    ich bin Jugendtrainer und – mit hoher Leidensbereitschaft – auch seit Kindesbeinen MSV Fan ;) Nun, schaut man auf die Homepage (-> Nachwuchs) vom MSV steht da ein Konzept, das die modernen Inhalte vorgeben soll, schaut man auf die Seite der U9 – dann sieht man das da wohl eher die Ergebnisse im Vordergrund stehen, ich leite dies an den dort veröffentlichen Aufstellungen ab, sprich es schaut nach relativ festen Positionen aus!

    Soweit ich mir da als „Dorftrainer“ ohne Lizenz überhaupt ein Urteil bilden darf, nehme ich mal an, das auch dort - also eben mit Profi Hintergrund- wenig Kontrolle herrscht bez. der etwas längerfristigen Ausbildung, wenn es so ist, schade!

    Nur mal zur Info, meine Kids Jahrgang 97 „müssen“ soweit wie irgend möglich alles spielen können, auch wenn das mal gerne zu Lasten des Ergebnisses geht. Natürlich bin ich mit meiner Einstellung auch bei uns im (kleinen) Verein ein „Exot“..Kann ich aber gut mit leben!
    Also Ausbildung und natürlich Spass ist unabdingbar!!

    Du stellst hier genau die richtigen Fragen, somit denke ich, dass du deinen Junior weiterhin gut begleiten wirst, sprich zu einem Trainer führst der ausbildet und nicht nur „gewinnen“ will!!

    Gruß
    Anton

  • Hallo Anton,

    damit kein Mißverständnis aufkommt. Ich bin auch "Dorftrainer" (zwar im schönen Duisburg) ohne Linzenz und trainiere die F2 in der mein Sohn spielt. Wie das halt so geht: Erst war ich nur Vater, der sehr viel mit seinem Sohn Fußball gespielt hat, dann Co-Trainer, weil ich ja eh immer da war, und schließlich Trainer.
    Ich beschreibe das so ausführlich, weil in dem Maße in dem meine Verantwortung für die gesamte Mannschaft stieg, mein - wie ich heute weiß - überzogenes Leistungsdenken schmolz.
    Wir haben eine recht spielstarke Mannschaft von 11 Jungs, von denen 6-7 richtig stark sind. Es spielen aber immer alle 11 Jungs (wie sollen die schwächeren sonst stärker werden?), es gibt auch keinen festen Torwart. Meistens wechsel ich den Torwart sogar in der Halbzeit, weil die Jungs es so wollen. Ich versuche auch jeden Jungen auf mindestens zwei Positionen spielen zu lassen. Das Ganze kann man also nicht gerade ergebnisorientiert nennen.
    Wir wollen aber natürlich jedes Spiel unbedingt gewinnen, unter den oben beschriebenen Bedingungen.
    Da ich es als suboptimal ansehe, das mein Sohn seinen Vater zum Trainer hat, ist es mir nur recht wenn er auch andere Trainer kennen lernt. Da der Junge darüber hinaus extrem fußballsüchtig ist, schicken wir ihn in den Ferien, wenn Mama und Papa arbeiten müssen schon mal in eine Fußballschule (Ballkontakt), meist mit Freunden/Mannschaftskameraden. Vereinstraining will er zusätzlich. Er liebt es.
    Die Trainer dort empfinde ich als qualifiziert und mit Freude bei der Sache. Mit Frühförderung hat das eigentlich nichts zu tun, da geht es um Spaß am Kicken. In diesem Zusammenhang bin ich auch auf besagte Homepage der Fußballschule Dietz gestoßen.
    Nun ist es ja ein leichtes für eine kommerzielle Fußballschule den spielerischen Aspekt zu betonen, da die Trainer dort mit den Jungs und Mädchen die die Ferienkurse besuchen nicht im Spielbetrieb stehen. So soll es auch sein.
    Aber eigentlich erwarte ich von diesen Trainern, dass sie diesen Ansatz auch in ihren Clubmannschaften, also im Alltagsgeschäft umsetzen. Sonst bekommt man eben ein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit.
    Ich frage mich, was ist hier Überzeugung und was Opportunismus bei den handelnden Personen.

    Grüße

    HP