Tochter hat plötzlich keine Lust mehr aufs Training, was steckt dahinter?

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  • Hallo
    Ich bin wie schon erwähnt Trainer einer F-Jugend Mannschaft, sowie Vater einer 15 jährigen Tochter die leidenschaftlich Fussball spielt.
    Sie hat vor Kurzem den Verein gewechselt der höher spielt als ihr alter Verein. Das Training dort fordet sie natürlich mehr und es gefällt ihr auch wirklich sehr gut. Sie hat mit dem Verein 3mal die Woche Training und Spiel. In den Ferien 5 mal die Woche. Sie hätte zwar am liebsten jeden Tag Training aber das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Es ist eigentlich alles perfekt, sie spielt auch als Stammspieler. Aber irgendwie ist sie doch nicht glücklich. Sie hatte sehr gute Freunde in ihrem alten Verein und mit dem Trainer kam sie echt super klar. Ich bin mir sicher sie vermisst die Anderen und manchmal gibt es Tage wo sie mich fragt, papa ich weiß nicht ob ich mich richtig entschieden habe. An anderen Tagen meint sie wieder, ich bin so froh über den Wechsel. Sie trainiert zusätzlich zum Training noch , geht joggen 1 stunde mindesten am Tag und geht auf den Bolzplatz kicken. Sie liebt Fussball doch heute hatte sie keine Lust ins Training zu gehen, sie meinte sie hätte Bauchschmerzen. Doch normalerweise wäre es eher so dass ich ihr sagen würde sie solle nicht ins Training gehen wenn es ihr nicht so gut geht und sie versucht mich mit allen Mittel zu überreden sie doch zu lassen. So ein Verhalten passt nicht zu ihr! Sie sieht auch sehr traurig aus. Als ich sie fragte was los sei, meinte sie ihr alter Trainer würde diesen Samstag zum Spiel kommen zu schauen. Sie hasst es wenn ich zuschauen komme weil sie meint sie würde schlechter spielen und sie will ihrem alten Trainer beweisen dass es hier besser ist und das sie sich hier wohlfühlt aber das geht nicht wenn er zuschauen kommt. Zweitens darf sie nicht schlecht spielen weil dieses Match entscheidet ob sie weiterhin Stammspieler bleibt, da sie in den letzten Trainingseinheiten nicht gut genug mittrainiert hatte. Sie selbst meinte dazu, das es stimme aber nur weil sie sich solche Vorwürfe gemacht hatte und weil sie Angst vor dem Spiel hat wenn ihr Trainer kommt.
    Sie ist richtig verzweifelt. Ich weiß selbst nicht wie ich ihr helfen soll. Mir stellen sich momentan mehrere Fragen:
    Sollte sie in ihrem jetztigen Verein bleiben?
    Sollte ich ihren alten Trainer darauf ansprechen daheim zu bleiben wegen dem großen Druck?
    Trainierst sie zu oft? Konzentriert sie sich zu stark aufs Fussball?
    Setzt sie sich zu stark unter Druck?
    Ich bitte um Hilfe
    Lg

  • erstmal guten Morgen,
    das hört sich für mich nach sehr danach an, dass sie sich selbst zu sehr unter Druck setzt.
    Mit 15 Jahren ist sie dazu noch in einem "spannenden" Alter, wo der ein oder andere Teenager (Mädchen eher als Jungs) mit ihrer Gefühlswelt in Konflikt kommt.
    Das versäumte Training wegen "Bauchschmerzen" ist für mich ein Indiz dafür, dass schon eine Versagensangst vorhanden ist, welche auf den Magen schlägt.
    Ich würde auf keinen Fall den alten Trainer bitten dem Spiel fern zu bleiben, dies könnte bei deiner Tochter eine ungewünschte Reaktion herbeiführen.
    Oft sind solche "Einmischungen" durch Eltern das letzte was Teenager wollen. (Schließlich wollen sie schon erwachsen und selbstständig sein)
    Ich würde sagen jetzt bist du als Vater/Betreuer gefragt, deiner Tochter ein gutes Gefühl zu geben.
    Zeige/erkläre ihr, wie stolz du auf sie bist, dass sie sich so reinhängt und auch den Schritt zu einem neuen Verein gewagt hat.
    Nimm ihr den Leistungsdruck, denn ein Spieler der zu sehr unter Druck ist hat im Kopf keinen Platz mehr zum Fußball spielen.
    Sie muss merken dass von dir uneingeschränkte Rückendeckung kommt und dass du an sie und ihre Fähigkeiten glaubst.
    Vlt. kannst du ihr auch anbieten (entgegen ihrer eigentlichen Wünsche) auch am Spielfeld anwesend zu sein und ihren alten Trainer etwas "abzulenken" damit dieser sie nicht dauerhaft im Fokus hat o.ä.
    ich hoffe meine Hobbypsychologenmeinung kann dir etwas weiterhelfen =)
    Würde mich interessieren, wie das ganze "ausgeht" vtl. kannst du nach dem Spiel mal eine kurze Rezension abgeben :P

  • @Footballcoatchxx5


    Aus deinen Angaben entnehme ich, dass deine Tochter entweder in der höchsten oder zweithöchsten B-Juniorinnen Mannschaft kickt. Dennoch kann man den Alltag in den Mädchen-Leistungsligen nicht mit denen der Jungen vergleichen.


    2. Beispiele:
    1. Mädchen weigert sich eine andere Position zu spielen
    Nur mal ein Beispiel, was verdeutlicht, wie groß die Unterschiede sind. Der Trainer erklärt einer Spielerin vor dem Spiel, dass sie heute an der anderen Seite spielen soll. Die reagiert barsch und antwortet: "Nein, das mach ich nicht!" Der Trainer will wissen, was der Grund ist und läßt sich nicht mit dem energischen Kopfschütteln des Mädchens vertrösten. Schließlich antwortet das Mädchen: "an der Seite sitzen doch immer die ganzen Jungs" und geben ihre Kommentare ab. Das will ich nicht!" Logisch ist das nicht, denn auch in ihrer alten Position hätte sie spätestens in der 2. Halbzeit in Hörweite der Jungs agiert. Aber es war nun einmal eine heftige emotionale Reaktion, auf die jeder Trainer behutsam, besonnen, aber auch nachhaltig eingehen sollte.


    2. Mädchen sieht kommt unregelmäßig zum Training
    Der Trainer stellt eine stark unterschiedliche Trainingsbeteilgung seiner Mädchenmannschaft fest. Seltsamerweise ist die Beteiligung nach Wettkampfniederlagen hoch, während sie nach Siegen deutlich geringer ist. Weil sein Training gut strukturiert ist, kann er sich keinen Reim aus dieser Schwankung machen. Er will es nun wissen und fragt die Mannschaft, zu der er ein sehr gutes Verhältnis hat. Nach zögerlichem Gesprächsstart stellt sich heraus, dass sich ein Teil der Mädchen nach einem Sieg denkt: - ich hab super gespielt, weshalb unsere Mannschaft gewonnen hat. Also brauche ich nicht zu Training kommen, weil ich mich ja eh nicht verbessern kann. Im Fall einer Niederlage denken eingie Mädchen - ich hab schlecht gespielt, weshalb unsere Mannschaft verloren hat. Also gehe ich mal besser zum nächsten Training, um mich zu verbessern und um nicht auf die Reservebank zu gelangen. In einem Jungen/Männerteam wäre eine ergebnisbezogene Trainingsbeteiligung vermutlich ganz anders herum.


    Ohnehin ist die Trainingsbeteiligung bei Mädchen- und Frauenteams nicht ganz so hoch wie die in Jungen- bzw. Männerteams. Denn Jungen bzw. Männer machen sich nicht so viele Gedanken darüber, warum sie traineren oder spielen, sie tun es einfach.


    Bei den Mädchen-/Frauen gibt es sehr unterschiedliche Einstellungen zum Training und zum Spiel. Einige Mädchen tun alles dafür Fussball spielen zu können, während andere schon bei der kleinsten Veränderung "die Flügel hängen lassen". Ja, dass kann sogar soweit gehen, dass sie nach einem zwischenzeitlichen Rückstand ausgewechselt werden wollen und dem Trainer vorgeben, sie hätten sich verletzt oder es wäre ihnen schlecht.


    Als Trainer/Eltern eines fussballspielenden Mädchens sollte man wissen, dass alles was geschieht oder gesagt wird, eine emotionale Reaktion auslöst. Die meisten Reaktionen sind jedoch lediglich von kurzfristiger Natur. Dennoch sollte man jeden "kleinen Weltuntergang" wahrnehmen, um eine Sensibilität dafür zu entwickeln, wenn dann ein "großer Weltuntergang" dabei ist.


    Mit diesen "Weltuntergängen" gut umzugehen, dass ist eine besondere Herausforderung. Denn man muß nicht meinen, dass man schon deshalb eine Mannschaft ist, nur weil sich alle ein gleichfarbenes Tricot über streifen. Es ist und bleibt eine fragile Konstruktion, die auf kurzfristig auf hohen emotionalen Erfolgswellen schweben kann, aber genauso schnell an keinen Wellen zerschellen kann.


    Denn jedes und alles hat eine Bedeutung. Die meisten Dinge regeln die Mädchen jedoch untereinander. Das ist gut so, denn wir Männer würden sie entweder gar nicht verstehen und/oder falsch darauf reagieren.


    Auf den ersten Blick sieht die Ankündigung des Ex-Trainers zum Spiel für deine wie ein deutlich wahrgenommener Leistungsdruck. Diesem Druck will sie ausweichen, was die fehlende Trainngsbeteiligung erklären könnte. Desweiteren hemmt der empfundene Druck, besser sein zu müssen als im Heimatverein ihre Leistung, was die zuletzt geringeren Trainingsleistungen erklären könnte. Ja, schon allein die Tatsache, dass sie sich selbst unter Druck gesetzt fühlt, wenn die Eltern beim Punktspiel sind, führt bei ihr zu einer Verkrampfung und sie möchte am besten auch nicht nach dem Spiel über irgendwelche mißlungenen Aktionen angesprochen werden. Denn Fussball einerseits und Familie, Freundinnen andererseits sind für sie 2 Paar Schuhe. Daran ist auch gar nichts verkehrt, solange es keine neurothischen Formen annimmt, durch die ihr Alltag aus den Fugen gerät.


    Wenn ich dir deshalb einen Rad geben darf, dann versuche zunächst heraus zu finden, ob sich deine Tochter gerade den Virus eines kleinen oder eines großen Weltuntergangs eingefangen hat? Erst dann weißt du, ob deine Sorge berechtigt ist oder nicht.

  • Hallo
    Erstmal vielen Dank für eure beiden Antworten. Beide haben mich sehr zum Nachdenken angeregt. Die Sache mit dem Trainer ablenken ist gar keine so schlechte Idee und könnte ich wirklich versuchen, dann ist er nicht so aufs Spiel fixiert. Sie weiß auch dass ich ganz stolz aif Sie bin,dass sage ich ihr immer und immer wieder aber irgendwie glaubt sie nicht an sich. Innerlich weiß sie, was sie kann, sie wurde auch schon sehr oft gelobt aber dann bekommt sie wieder Angst Fehler zu machen besonders wenn Andere ihr zuschauen. Klar, ich melde mich dannnochmal nach dem Spiel.


    Das Mädchen unregelmäßig zum Training kommen, weniger Spaß dabei haben, männliche Zuschauer vorallem in Ihrem Alter nicht leiden, den Sport nicht so lieben wie die Jungs, haben wir in den letzten Jahren auch festgestellt was so ziemlich der Grund für ihr Wechsel war. Sie spielt jetzt aber in einer Mannschaft wo die Trainingsbeteiligung immer sehr hoch ist, und ehrgeizige Mädchen da sind. Sie spielt in der Oberliga.
    Das mit dem Ex-Trainer sehe ich genauso, immerhin ist der Druck groß genauso wie der Unterschied von Kreisliga zu Oberliga. Sie hat immer Angst Fehler zu machen bei solchen Dingen, sie mag keine Zuschauer, doch der Ex Trainer das wäre der Horror.
    Ich habe ziemliche Bedenken was das Spiel angeht , bis jetzt wehrt sie sich mit allen Mittel zu kommen.
    Aber ich bin mir sicher wenn sie hingehen wird, wäre ihr Ex Trainer begeistert von ihr. Danke für deinen Rat!


    Lg