Jugend-Spieler mit Handicap

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  • Wir haben einen Jungen im Verein, nennen wir ihn „Tim“, der seit seiner Geburt eine Behinderung hat. Sein linker Arm besitzt keinen Unterarm. Der Oberarm ist stark verkürzt und am Ellbogengelenk schließt sich lediglich der Ansatz einer Hand mit nur einem Finger an. Tim ist derzeit jüngerer Jahrgang D-Jugend und eigentlich ein guter Fußballer. Allerdings macht ihm sein Handicap mehr und mehr zu schaffen. Es fehlt ihm an Tempo, da ihm der Unterarm zum Schwungholen fehlt. Er hat im Zweikampf logischerweise größere Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht als andere, fällt häufiger und wenn er fällt, besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko, da er sich nicht so gut abfangen kann. Da er aber ein technisch guter Fußballer ist, hat er bisher fast immer in den jeweiligen Einsermannschaften gespielt und wurde auch zu Saisonbeginn in die D1 eingeteilt. Im letzten Jahr hat er allerdings sehr stark abgebaut. Er hat deutlich an Gewicht zugelegt und wirkt mehr und mehr unmotiviert. Er trainiert derzeit bei der D1 und zusätzlich - auf Wunsch der Mutter, um seiner Fitness zu verbessern - auch noch einmal die Woche bei in der E1, wo er ein paar Freunde hat. Im Training zeigt er wenig Engagement und muss ständig animiert werden. Die Laufbereitschaft ist minimal. Zudem macht er gerne den Clown und liegt bei jedem Training mehrmals „schwer gefoult“ am Boden. Tim ist ein kluger Junge, der sicherlich für sich selbst schon lange wahrgenommen hat, dass er gegenüber den anderen an Boden verliert. Er war ein paar Jahre mit meinen Sohn befreundet und ist bei uns fast täglich ein- und ausgegangen. Auch heute ist er hin und wieder noch mal bei uns, auch wenn sich die Wege mit dem Schulwechsel getrennt haben. Daher kenne ich ihn recht gut und glaube, dass er ziemlichen Frust schiebt. Die Familie fängt das nicht wirklich auf, sofern ich das von außen beurteilen kann. Die Eltern sind erfolgreiche Unternehmer. Geld spielt keine Rolle, aber Zeit ist knapp…


    Nun mache ich mir seit Wochen Gedanken über die kommende Saison. Tim und auch seine Mutter werden davon ausgehen, dass er wieder D1 spielt. Fußballerisch passt er da auch noch halbwegs hinein, aber andere weniger talentierte Spieler zeigen erheblich mehr Engagement. Dazu kommt das wachsende Verletzungsrisiko, da das Spiel als solches zunehmend schneller und körperlicher wird. Das Dilemma, in dem wir uns befinden, ist folgendes: Nehmen wir Tim in die D1, muss ein anderer, engagierterer Spieler dafür in der D2 bleiben. Das wäre nicht wirklich fair. Teilen wir ihn in die D2 ein, wo er mit seinem Handicap sicherlich besser mitspielen kann, fürchte ich, dass er sehr enttäuscht sein wird und ganz mit Fußball aufhören könnte. Hinzu kommt, dass er aus der kommenden D2 nur wenige Spieler kennt, da er ja jahrelang immer in den stärkeren Teams war. Nüchtern betrachtet ist sicher absehbar, dass Tim ohnehin in den nächsten Jahren aufhören wird, da sein Handicap sich immer stärker bemerkbar machen und er weiter den Anschluss verlieren wird. Dennoch möchte ich natürlich versuchen ihn solange wie möglich dabei zu halten, will aber auch nicht riskieren, dass er sich bei einem Sturz wirklich ernsthaft verletzt.


    Ich habe bisher mit der Mutter darüber noch nicht gesprochen, was ich aber noch tun werde. Allerdings ist sie ziemlich speziell und gerade in Hinblick auf ihren Sohn sehr empfindlich, was ja vielleicht auch
    verständlich ist. Im Grunde glaube ich zwar zu wissen, was zu tun ist, tue mich damit aber sehr schwer. Ich denke auch, dass es der Mutter ähnlich geht. Sie sieht vermutlich ebenso die Entwicklung, will sie aber nicht wahr haben, was ich auch nachvollziehen kann. Habt ihr Erfahrungen mit solchen Fällen und/oder weiß jemand etwas von speziellen Angeboten im Fußball für Kinder mit Behinderung?

  • dumme Situation


    egal wie du es machst, wird immer verkehrt sein.


    folgende Überlegung


    stell den Kader wie geplant zusammen, und erhöhe deinen Kader um diese 1 Person,


    du unterstützt Tim, der in diesem Fall sehr wohl etwas anders behandelt werden sollte, gleichzeitig wird aber kein anderer benachteiligt.


    aufhörenb wird er über kurz oder lang, bis dahin würde ich ihn aber in seinem gewohnten Feld belassen.


    mal überlegt, ob u ihn vielleicht in eine andere Funktion (jedoch sehr bedächtigt) einbinden kannst.


    gg

  • Hallo Flönz,


    solch ein Handicap, so kann ich es mir vorstellen, ist nicht nur physisch eine große Herausforderung
    für alle Beteiligten, sondern ebenso psychisch, besonders für die betreffende Person. Und dennoch
    scheint er sich ja nicht verstecken zu wollen und ist in den Mannschaftssport, Fußball gegangen.
    Speziell zu deinem Thema habe ich keine Erfahrung, hatte aber die Gelegenheit einen
    schwerhörigen trainieren zu können. Seit dem nehme ich das Umfeld und das Miteinander der Spieler etwas
    feiner wahr und achte schon auf Kleinigkeiten. Besonders was Hänseleien angeht.
    Ich hoffe, "Tim", hat damit bei euch im Verein keine Probleme.


    Was ich eigl. sagen will. Es wird von einem handigecapten Kind weit aus mehr verlangt, als von einem "normalen",
    auch wenn es nicht so erscheint. Schon das ganze Leben damit umzugehen, die verachtungsvollen Blicke anderer
    Kinder u. Jugendlichen einfach zu ignorieren und gar nicht darauf eingehen zu dürfen, ist mental eine sehr große Belastung.
    Hinzu kommt nun noch, dass diese Kinder der heutigen, leistungsorientierten Gesellschaft standhalten sollen, die
    von ungecapten geleitet wird.


    Das in solch einer Gesellschaft, die Akzeptanz von gecapten durchaus sinken kann, ist die Folge.
    Seine "Motivationsprobleme", hängen die vielleicht damit zusammen, dass man sich in diesem Alter schon
    mehr Gedanken um "Vergleiche" macht und sich anderen gegenüber sowieso schon benachteiligt fühlt?
    Da er ein schlauer Junge ist, würde ich ein lockeres und vertrautes Einzelgespräch mit ihm führen,
    um mich besser in seine momentane Situation hineinversetzen zu können um dann GEMEINSAM nach Lösungen
    suchen zu können.


    Wenn eine Versetzung in die D2 geplant ist. Würde ich ihm ganz klar aber ruhig und kameradschaftlich sagen, warum dies der Fall ist.
    Dir ist aufgefallen das die Motivation etwas hingt, - vielleicht durch Übertraining??? - er aber normalerweise locker in die D1 gehört.
    Und warum die anderen deiner Meinung nach Ergeiziger sind... ...usw.


    Aber im Kinder- und Jugendfußball ist der Trainer nicht nur für die Kinder zuständig, sondern kann und sollte die Eltern
    auch unbedingt mit ins Boot holen. Ohne Eltern geht das nicht. Vielleicht ist daheim ja etwas vorgefallen?


    So, viel Glück erstmal weiterhin! :)

  • Ich sehe in der D1 noch gar keine Probleme aufgrund der beschriebenen Behinderung! Selbst in der C1 dürfte die Leistung noch ausreichen, wenn nicht gerade in den höchsten Ligen gekickt wird.


    Man erlebt im Laufe der Jahre viele Behinderungen, die man einschätzen lernt. Ob es Epileptiker, Astmatiker, Leute mit bestimmten Herzschwächen oder aber Behinderungen an den Armen und Beinen sind. Manche (z.B. Gerald Assamoah) werden davon später sogar Profis. Wenn der Spieler es will, die Mannschaftsmitglieder, Trainer, Eltern und Gegner in Kenntnis gelangen, dann geht fast alles! Bedingung sollte allerdings sein, das mindestens einer der Eltern des behinderten Kindes bei den Spielen anwesend ist, weil die im Falle eines Falles die Situation besser einschätzen können.