Constantin und Follkao: Dann sind wir ja grundsätzlich auf einer Linie. Und, ganz ehrlich, als Trainer und Spieler rege ich mich auch oft genug über Schiedsrichter und/oder Entscheidungen auf, dann kommt es aber auf die Art und Weise an...
Zur Unfehlbarkeit der "Halbgötter in Schwarz" - Sicherlich gibt es Menschen, die sich aus selbstdarstellerischen Gründen für diese Aufgabe interessieren und sich an der Entscheidungsmacht auf dem Platz ergötzen. Ich verabscheue SR mit dieser Motivationslage zutiefst.
Da jedoch als Schiedsrichter Souveränität, Austrahlung und Akzeptanz auf dem Platz das Allerwichtigste ist, ist es absolut korrekt und wird dementsprechend auch in der Ausbildung vermittelt, dass in manchen Situationen eine klare, autoritäre und unwidersprüchlich kommunizierte Entscheidung rangmäßig vor der richtigen Wahrnehmung und Bewertung einer Situation steht. Mit zunehmender Erfahrung lerne ich dann, selbstbewusster zu kommunizieren, Dialoge zu führen ohne an Autorität einzubüßen und auch ehrlich gegenüber Spielern zu sein. Als gestandener SR kann ich sagen "Ja, das könnte Abseits gewesen sein, weil ich es aber nicht zu 100% sehen konnte, muss ich das Tor zählen lassen." Mach das mal als junger Schiedsrichter beim ersten Herrenspiel, was vielleicht ohnehin noch etwas schwierig ist.....
Kleine Beispiele für das Erlangen von Akzeptanz auf dem Spielfeld: Klare erste Pfiffe. Bei den Eingangssituationen präsent sein und mit 100%iger Körpersprache bis Overacting auch klare Situationen entscheiden (auch hier natürlich nicht immer, das ist ein ganz schwieriger Lern- und Abwägeprozess). Je nach Spiel und Spielwillen frühe Karten oder großzügiges Laufenlassen, dann aber konsequent. Die sogenannte "Einstiegskarte" ist immens wichtig. Kommunikation und Omnipräsenz am Anfang- ein etwas ruppiger Zweikampf, aber kein Foul, die Spieler behakeln sich in der Folge noch ein bisschen, heißt: Entweder klarer Pfiff und Ansprache (kleinlich) oder anzeigen und weiterlaufen lassen und laut über den Platz "Weiter geht's!"/"Ich seh das!"/... . Präsenz. Als junger Schiedsrichter bist du froh, wenn du Laufwege und Regeln halbwegs auf der Reihe hast, dann denk mal an alle diese Kleinigkeiten, die dem Rest am und auf dem Platz vermitteln, der weiß schon, was er tut...
Mir ist es als SR lieber, ich pfeife mit 100% Autorität schlecht, als dass ich eigentlich in jeder Situation die sachlich richtige Entscheidung treffe und trotzdem vier Spieler auf mich zustürmen und diskutieren und reklamieren. Mit der Erfahrung wird dann beides besser, aber die wahrgenommene Arroganz ist ganz häufig schlicht und einfach (leider notwendiger!!!) Selbstschutz.
Würden alle Spieler und Trainer fair mit den Schiedsrichtern umgehen, kann man sich sicherlich hinstellen und sagen "Jungs, ich bin auch neu, ihr macht Fehler, ich mache Fehler, ist dann so..." und der ein oder andere mag auch in jungen Jahren diese außergewöhnliche kommunikative Kompetenz haben. Zu oft kann man dies leider nicht so machen.