Zum Ergebnisdenken:
Fall 1: Auch in der Qualifikation hatten wir einen Gegner, bei dem ich schon
vor dem Spiel wußte, dass das Spiel ganz klar gegen uns ausgeht. Ich
habe mich damals dazu entschlossen, diese Tatsache den Jungs und Mädels
nicht vorzuenthalten und als Tagesziel einfach nur ausgegeben, zwei
Tore zu schießen und natürlich so wie immer "alles zu geben". Das Spiel
war fantastisch. Meine Truppe hat gekämpft bis zum Umfallen. Drei
Minuten vor Schluß sind wir tatsächlich mit dem zweiten Tor belohnt
worden. Das Spiel wurde mit 14:2 verloren aber meine Jungs waren stolz auf sich und ich auf sie.
Für das damals ausgegebene Ziel wurde ich zwar im Nachhinein von anderen
Trainern unseres Vereins belächelt. Aber die haben ja auch nicht in die
Augen der Kinder geschaut, als ich Ihnen mitgeteilt habe, dass unser
damaliger Gegner die Qualifikation mit 77:2 Toren (in 5 Spielen) abgeschlossen hat.
Damals habe ich auch Ergebnisdenken praktiziert. Ich wollte damals unbedingt
diese 2 Tore und habe damals ca. 10 Minuten vor Schluß damit
angefangen, so zu wechseln, dass nach und nach die stärkste Truppe auf
dem Feld stand. Da haben einzelne Kinder vielleicht drei bis vier
Minuten weniger gespielt als "normal", es hat sich aber gelohnt
Fall 2: Die oben schon kurz erwähnten Ergebnisse mal einzeln:
a)13:4 Niederlage gegen eine der stärksten Mannschaften im 98er-Bereich.
Meine Truppe hat alles gegeben und ihren Möglichkeiten entsprechend am
Limit gespielt. Alle (auch die Kinder und erst recht der Trainer) waren
zufrieden mit dem Spiel.
b) 12:5 Niederlage gegen eine eigentlich gleichwertige Mannschaft (E2). Diese Mannschaft hatte aber
jemanden dabei, bei dem auf dem Spielerpaß offenbar ein Fehler
unterlaufen war (Zahlendreher 98 und 89 *g*). Dieser Junge hat 9 Tore
selber gemacht, 3 weitere vorbereitet und war einfach nicht in den
Griff zu kriegen. Trotzdem hätte das Spiel unentschieden ausgehen
können, da wir richtig gut mitgespielt haben und uns eine Chance nach
der anderen herausgearbeitet haben. Die wurden dann aber allesamt
richtig kläglich vergeben.
Unterhaltung nach dem Spiel:
Trainer: "Wir haben heute 5:0 gewonnen."
Mannschaft: Lauter Fragezeichen in den Gesichtern.
Trainer:
"Der Spieler X interessiert uns nicht. Der gehört eigentlich nicht in
die Mannschaft. Gegen den konntet ihr einfach noch nichts ausrichten."
Mannschaft: grinsen
Trainer:
"Klar, war heute mehr drin. Wir haben uns nicht stören lassen und
trotzdem unser Spiel gemacht. Die Chancenverwertung war heute aber ..."
(Pause, auffordernder Blick in Richtung der Kinder)
ein Spieler: "... katastrophal".
Trainer:
"Danke. Aber sowas passiert halt mal. Beim nächsten Spiel sind die
Dinger wieder drin. Nun rennt zu euren Eltern und laßt euch feiern."
... und alle waren zufrieden
c) 2:10 gegen einen zwar stärkeren Gegner, aber dennoch zu hoch. An diesem
Tage lief bei uns absolut nichts zusammen. So Tage gibt es immer wieder
mal, aber mit den zwei voran gegangenen schweren Schlappen ist sowas
nur schwer zu verkraften. Da ist mir nach dem Spiel auf die Schnelle
auch nichts eingefallen.
d) 1:12 gegen den Tabellenführer. Der Spielausgang war vorher klar. Allerdings hat man deutliuch gemerkt,
dass die Luft raus war. Die Kinder liefen bereits nach dem 0:2 nur noch
unmotiviert neben dem Gegner her.
Und dann habe ich gestern wieder mal auf Ergebnis gespielt. Auswärtsspiel bei einem eigentlich
sehr viel stärkeren Gegner. Erste Halbzeit hinten dicht gemacht.
(Offizielle Aufstellung ein ungewohntes 3:2:1, aber die beiden
Mittelfeldspieler auch immer wieder in die Abwehr beordert, so dass wir
faktisch 5:1 gespielt haben.)
Ergebnis zur Halbzeit 0:3 gegen uns. Und mit diesem ertäglichen Ergebnis kam die Motivation zurück.
Halbzeitansprache
(sinngemäß): "Hey Jungs, es geht doch. Ihr könnt auch gegen spielstarke
98er bestehen. Die drei Gegentore können fallen, aber wenn ihr weiter
Gas gebt, werden es von Spiel zu Spiel weniger. Auf die Leistung von
eben können wir aufbauen."
Und dann habe ich mal wieder die Mannschaft in Entscheidungen mit einbezogen (dafür werde ich auch gerne
und oft belächelt): "Ihr habt euch selber bewiesen, dass ihr es noch
könnt. Wie es jetzt weiter geht, ist mir egal. Wir können so weiter
spielen um das Ergebnis so zu halten oder wir nehmen die Erfahrung der
Ersten Halbzeit mit und versuchen auch noch mal ein Tor zu schießen.
Bedenkt, dass das aber auch kräftig in die Hose gehen kann."
Die Mannschaft hat sich dafür entschieden, trotz der Horror-Ergebnisse der
letzten Wochen, wieder eine hohe Niederlage zu riskieren.
Ich habe also umgestellt auf ein sehr offensives 1:3:2. Was dann passiert ist, kann ich bis heute nicht glauben:
Nach 4 Minuten der zweiten Halbzeit waren wir auf 3:2 dran. Dann erstmal zu
lange gefeiert und im Gegenzug das 4:2 kassiert. Hab der Truppe kurz
zugerufen, dass wir uns davon nicht stören lassen und so weiter spielen
wie vor dem Gegentor. Und die Truppe hat sich nicht stören lassen. Die
waren wieder heiß ohne Ende. 3 Tore innerhalb von 6 Minuten zur 5:4
Führung.
Dann ist der Gegner, der das Spiel offenbar in der
Halbzeit schon für gewonnen erklärt hatte, wieder aufgewacht und es
folgte eine 14minütige Abwehrschlacht meiner Truppe. Und das mit einem
absolut genialen Einsatz. Alle sind über sich hinaus gewachsen. Jeder
einzelne.
Ergebnisdenken in Halbzeit 1:
- ein System, dass für die Entwicklung der Kinder nicht gerade förderlich ist
- die schwächeren nach vorne
Ergebnisdenken in Halbzeit 2:
Die etwas schwächeren Spieler habe ich je nach Spielsituation auf
unkritische Positionen beordert. (z.B. durften die Zweikampfschwächeren
Spieler bei Ecken des Gegners die gegnerischen Verteidiger an der
Mittellinie decken und habe sie auch ansonsten immer wieder (meist ohne
irgendeinen "normalen" sinn) ganz nach vorne beordert)
Ergebnisdenken muß also leider manchmal sein. Es geht aber auch ohne Verkürzung der
Einsatzzeiten. Gefeiert haben eh alle gemeinsam und gleichermaßen.
(Mich hat es nur geärgert, dass man mit ner E-Jugend nach so einem
Spiel noch nicht bis nachts um drei feiern gehen kann )
Fazit des Ganzen:
Man braucht eine Mannschaft, keine Einzelspieler. Unser letztjähriger
E1-Trainer (damals hatten wir insgesamt 3 E) wollte partout nur 8
Kinder in seinem Kader haben. Am Ende der Saison hat er dann
festgestellt, dass die 8 nicht für Großfeld reichen und gleichzeitig
bekundet, dass die Spieler aus E2 und E3 sich nicht ausreichend
entwickelt hätten. Sprachs und war mit seiner Truppe zum Nachbarverein
entschwunden.