Hallo Miteinander,
erstmal vielen Dank für die unterschiedlichen Sichtweisen. Erst gestern gab es von Ruwen Werthmüller (sehr cleverer Junge und Spieler bei Hertha) eine Kolumne, in der er auf seine Jugendzeit im NLZ zurück blickt und er klingt alles andere als traurig:
Verzicht ist das nicht | 11FREUNDE CLUB
Ich bin aber vorsichtig, die NLZs, Kinder und auch Eltern über einen Kamm zu scheren. Mein Sohn hat bis zur U8 in einem typischen Dorfverein gespielt und wurde zur U9 von einem NLZ eines Bundesligisten aufgenommen. Meine Frau war anfänglich sehr skeptisch, 20km Fahrtweg dreimal (heute 4xmal) die Woche bekommt man nicht so einfach hin, aber die ganze Familie hilft.
Er spielt aktuell in der U12 und wird sicherlich in die U13 übernommen. Gleich vorweg, in der U12 spielen alle zehn Kinder, die auch in der U9 angefangen haben. Bisher sind nur fünf neue Spieler hinzu gekommen. Es wurde niemand aussortiert. In den letzten Jahren hat man viel mit anderen Eltern aus NLZs Kontakt gehabt und dort ist das nicht so üblich. Ich weiß aber auch nicht, ob der nunmehr anstehende Wechsel aufs Großwelt auch hier Änderungen bringen wird.
Der Leistungsdruck kommt tatsächlich sehr häufig über die Eltern, aber auch das hält sich in Grenzen. Ich selbst habe früher mehre Jahre eine Kindermannschaft auf dem Dorf trainiert, diese Welt des "Leistungs"-fußballs war mir total neu (und da gibt es echt schräge Dinge). Tatsächlich leben in meinen Augen die Spieler (bis U12) im NLZ deutlich entspannter, als die Kinder, die in die NLZ wollen. Die haben häufig erheblichen Druck, gerade von Vaterseite, der in sehr häufigen Fällen den Individualtrainer und das Schnelligkeitszentrum zusätzlich für den Sohnemann beauftragt hat. Unser NLZ propagiert, dass alles was die Kinder brauchen, sie dort bekommen. Von der Trainingsintensität kann ich das nur bestätigen 15 Kinder die 100% mitmachen und permanent Vollgas geben (können), habe ich weder auf dem Dorf noch in den nachgeordneten Talentschmieden. Wenn ich meinen Sohn heute mit seinen alten Mitspielern (vom Dorf) vergleiche, hat er sich überproportional weiterentwickelt. Diese Entwicklung hätte er sicherlich nicht genommen. Was übrigens auch hervorragend ist, das Training ist altersgerecht. Die Kinder werden nicht überfordert, keine Gewichte, Rücksicht auf Wachstum, Vorgaben hinsichtlich des Umfangs von Dauerbelastungen sowie ggf. medizinische Untersuchungen (hier ist noch Luft nach oben).
Nun das wichtigste: Das ganze macht ihm Spaß. Er hat im NLZ seine Freunde, er liebt es Fußball zu spielen und genießt es gegen andere deutsche, aber auch internationale NLZ zu spielen. Er hat den Traum vom Fußballprofi. Der ist in meinen Augen nicht sonderlich realisitisch mit elf Jahren abzuschätzen, aber am Ende wird er in seiner Jugend viel Fußball gespielt haben, einen guten Schulabschluss und fit für das Erwachsenleben sein.
Im Ergebnis verläuft das für uns als Familie auch positiv. Es gibt sogar Kinder, die können Fahrgemeinschaften bilden, sodass die Eltern vielleicht einmal die Woche fahren. Ich kann für fünfzehn Kinder sagen, dass sie gerne im NLZ sind und dort auch bleiben wollen. Sollte es mal nicht mehr für ihn reichen, hat mein Sohn eine Familie, die ihn unterstützt. Aber ich werde mein Kind sicherlich nicht ein Leben lang von schlechten Erfahrungen freihalten wollen.
Trotz der hier stattfindenden Diskussion, die in meinen Augen zwei Extrempositionen als Ausgangspunkt hatte, würde ich nach meinen Erfahrungen sagen, dass man jeden Einzelfall anschauen muss und abhängig vom NLZ und den eigenen Umständen entscheiden sollte. Solange man übrigens nicht das Kind eines Exstars ist, wird es nicht gerade leichter im höheren Alter ins NLZ zu kommen. Die Kinder sind hier im Umkreis ab der U8 durchgesichtet und die Trainer so gut mit den NLZ vernetzt, dass Initiativbewerbungen unbekannter Kinder in der Regel nicht klappen.