Beiträge von HP

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    Hallo zusammen,
    ich beteilige mich zwar nicht rege an den Diskussionen hier, was aber nicht bedeutet, dass ich hier nicht mit viel Gewinn mitlese. Ich habe schlicht weg nicht die Erfahrung als Fußballtrainer um bei den meisten Fragen Substantielles beizutragen. Vielleicht könnt ihr mir aber helfen. Ich habe folgendes "Luxusproblem":
    Meine Mannschaft (ältere F-Jugend, 2000er) bestand letzte Saison aus 11 Spielern. Für mich eine nahezu ideale Größe, da beim Training und Spiel immer mindestens 9 Spieler da waren. Für diese Saison habe ich es nun mit 15, wahrscheinlich 16 Kindern zu tun. Die obligatorischen Turniere zum Abschluss der Saison wurden schon in dieser Größe bestritten. Teilweise habe ich auf den Turnieren in den jeweiligen Spielen nahezu vollständig andere Mannschaften spielen lassen. Da die Leistungsfähigkeit der Kinder sehr unterschiedlich ist auch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Macht nix, soweit das mich betrifft. Negativ war, dass so jedes Kind nur 2 Spiel á 10 min auf diesen Turnieren hatte.
    Ich habe ca. 7-8 Spieler die technisch gut bis sehr gut mit dem Ball umgehen können und auch gute Ansätze eines mannschaftlichen Spieles zeigen. Die anderen Kinder sind zum Teil völlige Anfänger, manche mit guten Anlagen. Zu anderen Teil sind es begeisterte aber nicht besonders begabte Kinder. Mein Problem ist jetzt, wie spiele ich mit diesem Kader? Die "erfahrenen" (spielen zum größten Teil schon seit G- Jugend zusammen) sind durchaus leistungsorientiert, so dass hier bei bunter Mischung ein gewisses Konfliktpotential lauert.
    Die Betreuungsituation ist für eine Mannschaft gut. Als Trainer fungiere ich (auch Papa) und ein weiterer Papa als Co-Trainer. Wir haben durchaus ähnliche Ansichten zum Kinderfußball. Ein weiterer Papa kann als Betreuer gewonnen werden, aber ich zögere noch wegen der starken Neigung zur Mannschaftstaktik dieses Papas.

    So wie ich das sehe habe ich folgende Optionen:
    1. In jedem Spiel bunt mischen.
    Hat den Vorteil, dass jeder ein bisschen spielt und den Nachteil, dass einige ihr Potential nicht ausschöpfen und andere überfordert sind.

    2. Einen Stamm von 7 Spielern plus 2 turnusmäßig wechselnden Spielern mitnehmen.
    Hat den Vorteil, dass diese 7 sich sicherlich prächtig entwickeln und den Nachteil, dass die anderen deutlich zu wenig Praxis bekommen.

    3. Eine zweite Mannschaft bilden.
    Die dazu fehlenden Kinder könnte man schon gewinnen. Hat den Vorteil, dass alle genug spielen. Dazu fehlt es uns aber an Betreuern, da alle als Betreuer in Frage kommenden Väter zu den technisch stärkeren Spielern gehören. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass eine solche Mannschaft aufgrund der sicherlich zu erwartenden längeren Durststrecke letztlich nicht hält und wir einen großen Teil der Kinder letztlich verlieren.

    In dieser Aufzählung habe ich die zu erwartenden peripheren Querelen mit den Eltern erst mal nicht berücksichtigt. An sich sind „meine“ Eltern recht vernünftig, aber natürlich ist kommen bei jeder der genannten Lösungen Einsprüche, Meckereien und Empfindlichkeiten zum tragen. So, ich hoffe ich kann von der gesammelten Erfahrung des Forums ein wenig profitieren.
    Gruß

    HP

    Hallo Anton,

    damit kein Mißverständnis aufkommt. Ich bin auch "Dorftrainer" (zwar im schönen Duisburg) ohne Linzenz und trainiere die F2 in der mein Sohn spielt. Wie das halt so geht: Erst war ich nur Vater, der sehr viel mit seinem Sohn Fußball gespielt hat, dann Co-Trainer, weil ich ja eh immer da war, und schließlich Trainer.
    Ich beschreibe das so ausführlich, weil in dem Maße in dem meine Verantwortung für die gesamte Mannschaft stieg, mein - wie ich heute weiß - überzogenes Leistungsdenken schmolz.
    Wir haben eine recht spielstarke Mannschaft von 11 Jungs, von denen 6-7 richtig stark sind. Es spielen aber immer alle 11 Jungs (wie sollen die schwächeren sonst stärker werden?), es gibt auch keinen festen Torwart. Meistens wechsel ich den Torwart sogar in der Halbzeit, weil die Jungs es so wollen. Ich versuche auch jeden Jungen auf mindestens zwei Positionen spielen zu lassen. Das Ganze kann man also nicht gerade ergebnisorientiert nennen.
    Wir wollen aber natürlich jedes Spiel unbedingt gewinnen, unter den oben beschriebenen Bedingungen.
    Da ich es als suboptimal ansehe, das mein Sohn seinen Vater zum Trainer hat, ist es mir nur recht wenn er auch andere Trainer kennen lernt. Da der Junge darüber hinaus extrem fußballsüchtig ist, schicken wir ihn in den Ferien, wenn Mama und Papa arbeiten müssen schon mal in eine Fußballschule (Ballkontakt), meist mit Freunden/Mannschaftskameraden. Vereinstraining will er zusätzlich. Er liebt es.
    Die Trainer dort empfinde ich als qualifiziert und mit Freude bei der Sache. Mit Frühförderung hat das eigentlich nichts zu tun, da geht es um Spaß am Kicken. In diesem Zusammenhang bin ich auch auf besagte Homepage der Fußballschule Dietz gestoßen.
    Nun ist es ja ein leichtes für eine kommerzielle Fußballschule den spielerischen Aspekt zu betonen, da die Trainer dort mit den Jungs und Mädchen die die Ferienkurse besuchen nicht im Spielbetrieb stehen. So soll es auch sein.
    Aber eigentlich erwarte ich von diesen Trainern, dass sie diesen Ansatz auch in ihren Clubmannschaften, also im Alltagsgeschäft umsetzen. Sonst bekommt man eben ein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit.
    Ich frage mich, was ist hier Überzeugung und was Opportunismus bei den handelnden Personen.

    Grüße

    HP

    Hallo Andre,

    auf eben diesen Thread habe ich mich ja bezogen, war der erste Anlass für mich hier im Forum was zu schreiben. Eben weil ich im Kontakt mit anderen Bambini- und F-Jugendmannschaften diese Punktegeilheit kennen gelernt habe.
    Die DFB-Richtlinien sind sicher richtig, ein Allheilmittel sicher nicht.
    Wenn sich aber ein Betreiber einer Fußbalschule auf einen Ansatz verpflichtet, der diesen Richtlinien sehr nahe steht, kann es unmöglich sein, exakt das Gegenteitl auf der gleichen Webseite zu lesen. Dadurch bekommt man ein Problem mit der Glaubwürdigkeit.
    Das wir uns nicht falsch verstehen: Ich kann in keiner Weise die Arbeit in der Fußballschule Dietz beurteilen. Habe bisher auch nur Gutes gehört und gehe weiterhin davon aus, dass das so ist. Meine Absicht ist auch nicht diese Arbeit hier zu diskutieren.
    Es ist halt bezeichnend wie Elemente des Leistungsfußballs doch immer wieder auch für eine gute Arbeit im Kinderfußball in Anspruch genommen werden, obwohl man schon längst erkannt hat, dass sie eher kontraproduktiv für die Entwicklung der Einzelspieler sind.

    Gruß

    HP

    Hallo,

    mich treibt in letzter Zeit wieder die Thematik Kinderfußball contra Leistungstraining um. Ein schönes Beispiel habe ich gerade auf der Homepage der Fußballschule Bernhard Dietz gefunden (www.fußbalschule-dietz.de). Eines vorweg: Ich habe größte Hochachtung vor B. Dietz und seiner Leistung gerade als Trainer. Besucht habe ich die Homepage nämlich, weil ich mit dem Gedanken spielte, meinen Sohn (8 Jahre) mal dort hinzuschicken. Gerade deswegen finde ich dieses Beispiel besonders erschreckend!
    Unter der Rubrik "Unsere Philosophie" stehen Aussagen, die ich mit Begeisterung unterschreiben würde.
    Stöbert man ein bißchen weiter gelangt man auch auf die Rubrik "News", dann schaut man dort unter "Hallencamp in der Soccerhalle Hamm".
    Hier wird begeistert vom Spielverhalten der U9 des MSV Duisburg berichtet. Stichworte wie "taktische Raumaufteilung" und Sätze wie " Die spielen sehr schnell, engagiert, diszipliniert, zum Teil nur mit zwei Kontakten oder gar schon direkt und sind technisch wie körperlich sehr stark." lassen mir die Haare zu Berge stehen.
    Nur am Rande: Der Trainer der U9 des MSV ist auch einer der Trainer der Fußballschule Dietz.
    Meine Frage ist nun: Wie läßt sich sowas mit der Dietz´schen Philosophie vom Kinderfußball vereinbaren? Das sind doh völlig gegensätzliche Standpunkte. Zudem werden beide Standpunkte von ein und derselben Person vertreten, nämlich dem U9 Trainer des MSV, der ja in seiner Eigenschaft als Trainer der Fußballschule auch diesen spielerischen Ansatz vertreten muss.

    Vielleicht kann jemand von euch dieses Rätsel lösen.

    Gruß

    HP

    Hallo Andre,

    hab mich extra wegen deines Beitrags hier angemeldet.
    Erst mal zu mir: Bin aus Duisburg und der Vater eines jetzt siebenjährigen Fußballverrrückten. Ich selbst hatte nie etwas mit Fußball zu tun. Ich habe zwar einen Trainerschein, aber in einer völlig anderen Sportart (Boxen). Habe dort nach meiner Zeit als Aktiver eigentlich immer im Jugendbereich gearbeitet. Ich bin also in einer Sportart sozialisiert, wo der Erfolgsdruck riesig ist und es auch im Jugendbereich immer um das Gewinnen geht, im gesundheitlichen Interesse der Aktiven gehen muss. Ein solcherart ausgerichtetes Training bietet naturgemäß wenig spielerische Freiräume, aber genau das ist es was Kinder wollen: Spielen!
    Ich war also schon für den auch im Kinderfußball bestehenden Gegensatz kurzfristiges Ergebnisdenken contra langfristige Entwicklung der Aktiven sensibilisiert.
    Dies hat mir bei der Ausbildung meines Sohnes, der überraschenderweise erstaunliches Talent zeigt anfänglich sehr geholfen (Vermittlung komplexer Bewegungsabläufe ist im Boxen sehr wichtig, einschleifen dieser Abläufe durch hohe Wiederholungszahlen akzeptiert, andererseits spielerische Elemente einflechten, beim Boxen im Gegensatz zum Fußball ein echtes Problem).
    Mittlerweile bin ich Co-Trainer seiner Mannschaft. Da ich in der engeren Materie fremd bin, habe ich mich doch recht umfassend eingelesen, außerdem bekomme ich seit gut 1,5 Jahren durch meinen Sohn ein recht genaues Feedback, was ich da überhaupt mache. Dabei konzentriere ich mich völlig auf die Bereiche Technik und Koordination. Ich denke, dass spätestens mit Erreichen der D-Jugend meine Tätigkeit als Trainer endet, da mein Sachverstand spätestens dort endet.

    Nun beobachte ich seit gut einem Jahr in unserem Bereich (Duisburg-Süd) exakt das, was Du in Deinem Posting beschreibst. Die sehr erfolgreichen Mannschaften spielen seit den Bambini wie Erwachsene mit festen Positionen (Stichwort Positionsidioten), taktisch extrem diszipliniert. Es werden Torjägerlisten geführt und propagiert (Homepages), allenthalben wird eine Tabelle verlinkt. "Erfolgs- und Meistertrainer" (bei den Bambini!!) werden ausgerufen und das Label „inoffizieller Bambinimeister von Duisburg“ wird wie eine Monstranz vor sich her getragen. In den Ergebnispostings werden die Gegner im Siegesfalle gönnerhaft behandelt, im Falle einer Niederlage nach Entschuldigungen gesucht "Gegner hatte fast nur 99er eingesetzt" usw.(www.pampersligen.de.vu). Der Trainer des „Tabellenführers“ der letzten Bambinisaison bekam Wutanfälle, wenn seine Kinder nicht zweistellig gewannen. Aber immer wird sogleich betont, das natürlich der Spaß der Kinder im Vordergrund steht.
    Ehrlich gesagt, es ekelt mich an!
    Diese Charakterzwerge dürften unter normalen Verhältnissen keine Kinder betreuen. Ich habe immer gedacht, dass die Trainersituation im Jugendbereich des Boxsports heikel wäre, bis ich die Situation im Fußball erfahren durfte. Hier kompensieren offensichtlich Leute ihre persönlichen Defizite und Misserfolge auf dem Rücken von Kindern. Nicht nur der eigenen, sondern auch auf dem der anderen Mannschaften. Die Eltern der betroffenen Mannschaften machen sich aus Erfolgshunger mitschuldig an diesem Tun.
    Was mich trotzdem dabei hält ist die Begeisterung und Liebe meines Sohnes für das Spiel. Auch ist die Auffassung von Kinderfußball innerhalb der Jugendabteilung unseres Vereins (Post SV) vollständig anders als oben beschrieben: Die Stimmung der Eltern bleibt auch im Falle mehrerer Niederlagen hintereinander gut, bei den Jungs sowieso. Einige der Jungs in unserer Mannschaft (Jahrgang 2000) haben Talent, alle Begeisterung, und sie alle kann man nach meiner Auffassung mit Zuwendung und Geduld zu technisch sicheren Fußballern reifen lassen. Dazu muss aber die Ausbildung der Einzelspieler im Vordergrund stehen, nicht die zu einer kompakten F-, E-, oder D-Mannschaft, ergo wird man immer wieder Spiele verlieren, die anders zu gewinnen wären. Dies schließt einen Leistungsanspruch nicht aus, nur muss er eben langfristig angelegt sein und die Individualität der Kinder berücksichtigen.
    Mein Fazit aus der von Dir sehr treffend beschriebenen Situation im Kinderfußball und meinen Beobachtungen rund um Duisburg lautet also: So lange mein Sohn sich weiterhin so begeistert zeigt, werde ich dabei bleiben. Denn wenn etwas so viel Enthusiasmus und Hingabe bei Kindern wecken kann, muss mehr darin sein als erwachsenen Ergeizlinge daraus machen.

    Gruß

    HP