Wie fair ist Fußball wirklich?

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  • Hallo in die Trainerrunde!


    In diesem Forum geht es um Themen wie Fair Play Liga, es geht um sportliches und soziales Verhalten, was gerade bei den Kindern sehr wichtig sein soll. Aber wie steht es denn wirklich um diese Themen, wenn man sie mit Fussball in Verbindung bringt?


    Wir Fussballtrainer versuchen den Kinder und Jugendlichen täglich Fair Play zu vermitteln. Aber was sehen wir jede Woche bei den Profis im TV? 90% der Schiedsrichterentscheidungen werden von heftigem Reklamieren begleitet. Kaum eine Entscheidung wird einfach hingenommen. Rudelbildung, Bälle wegschlagen, Bälle nicht freigegeben, den Gegenspieler anschreien, aggressive Körpersprache, auf-und ab tigernde Trainer an der Seitenlinie, die regelmäßig brüllen und toben. Selbst die eindeutigsten Fouls, die wirklich nur gegen den Gegenspieler gehen und den Ball nicht im Entferntesten erreichen, werden nicht akzeptiert. Man könnte eine unglaublich lange Liste anfertigen. Ich will Kinderfussball nicht mit Profifussball vergleichen. Aber sollte es nicht eine Vorbildfunktion geben?


    Vielleicht erscheint euch dieser Punkt seltsam, aber dieses ganze Verhalten überträgt sich sogar auf Videospiele! Ich weiß nicht, wer von euch mal "Fifa" gespielt hat. Diese ganzen Verhaltensweisen, die ich aufgezählt habe, gibt es dort genauso! Fast jeder Pfiff wird begleitet von ungläubigen Kopfschütteln, einer Rudelbildung oder irgendwelchen Gesten, die gegen den Schiedsrichter oder den Gegenspieler gehen. Diese Spiele werden von unseren Kindern gespielt! Naja, zumindest ist es realistisch! Ist ja schließlich eine Fussballsimulation.


    Wir reden dann immer von Emotionen. Aber sind das alles noch Emotionen oder sind es einfach nur Unarten? Warum sieht man solch ein Verhalten nicht beim Handball? Gibt es dort einen Pfiff gegen einen selbst, wird der Ball sofort auf den Boden gelegt. Rudelbildungen gibt es quasi gar nicht und auch diese Kopf an Kopf Situationen, die einem Hirschkampf gleichen, sieht man dort nicht. Was stimmt also nicht mit dem Fussball, dass es scheinbar nur in diesem Sport Mode ist, gegen alles zu reklamieren und ständig die Konfrontation mit dem Schiedsrichter oder dem Gegenspieler zu suchen? Ist das eventuell nur ein Eindruck den man bekommt, weil der Fussball im Gegensatz zu anderen Sportarten einen so hohen Stellenwert bekommen hat? Ich finde nicht. Oder ist das Regelwerk beim Fussball einfach zu umfangreich und lässt den Schiedsrichtern zu viel Interpretationsspielraum, welcher sich dann in fast jeder Situation anzweifeln lässt?


    Ich frage mich also: Ist es nicht heuchlerisch, wenn wir den Kindern dieses gepflegte Verhalten einimpfen, uns aber am Wochenende beim Herrenfussball gegen den Rivalen aus dem Nachbardorf genau entgegengesetzt verhalten? Ich will damit nicht sagen, dass wir deswegen von vornherein aufgeben sollten unsere Kinder in die richtigen Bahnen zu lenken und grundsätzliche Dinge zu vermitteln. Aber was sind die Erwachsenen am Ende wirklich für Vorbilder, wenn es um die Wurst geht? Solange es nur um die Bambini Meisterschaft geht, zeigen wir wie Fair Play aussehen soll. Geht es aber in den Bereich, wo es vermeintlich um etwas geht, fallen auf einmal Begriffe wie "Zeitspiel" oder "taktische Fouls", die mit Fair Play ja mal so gar nichts zu tun haben. Worauf bereiten wir unsere Kinder also mit der FPL so akribisch vor, wenn es doch ganz offensichtlich am Ende auf etwas ganz anderes hinausläuft?


    Mich frustriert dieses ganze Thema zur Zeit einfach nur. Ich bin sehr gespannt auf eure Meinungen.

  • erstmal , ist es nicht nur der Fußball .
    Hast du dir schonmal ein Eishockey Spiel angesehen ?


    Und ich glaube , die meisten Anhänger der FPL stehen auch bei den Senioren nicht auf dem Platz und pöbeln rum.


    Ich erkläre meinen Kindern auch im Stadion , dass es viele dumme Menschen gibt , wenn da mal wieder der Schiri oder der Gegner beleidigt wird .
    Fußball macht Spaß und das was keinen Spaß macht , versuchen wir besser zu machen . Und genau DAS sollen die Kinder von uns lernen .


    Hinterfragt es und macht es besser

  • Ich empfinde es im Profifußball ähnlich wie Libra.
    Ich wundere mich manchmal wie wutentbrannt Spieler den Schiedsrichter anschreien und dafür nicht mals eine Gelbe Karte sehen. Man hört es ja nicht, aber nettigkeiten werden da wohl nicht ausgetauscht.
    Wenn ich in der Kreisliga mit dieser Mimik und Gestik den Schiedsrichter angehe, kann ich froh sein, kein Rot zu bekommen.
    Im Handball ist es meines Wissen so, dass die da relativ schnell mit 2-Minutenstrafen dabei sind.
    Im Fußball bleibt nur die Möglichkeit einer Gelben oder Roten Karte.
    Ich möchte aber auch nicht in der Haut des Schiedsrichters stecken, der das mal druchzieht.
    Das gibt doich ein riesiges mediales Echo (Stichwort: Fingerspitzengefühl)

  • Ich spreche aus mehreren sportlichen Lagern und stelle aus meiner Sicht einfach mal etwas boshaft aber grundehrlich fest, dass das Wesen des durchschnittlichen Fußballers oder Fußballzuschauers erkennbar einfacher gestrickt ist, als beim hier bereits angeführten Handball, aber auch Volleyball oder Tennis. Insofern sind nicht reflektierte Handlungen aus dem urtrieblichen Affekt heraus wesentlich stärker ausgeprägt. Diese beinhalten nun mal meistens aggressive Elemente (oder Flucht).


    Auf den ersten Ligen dieser Welt werden diese Triebe dann teilweise Millionenbeträgen ausgesetzt, was nicht zur Reflektion beiträgt, im Gegenteil. Der ganze Trubel der dann noch medial rund um den Zirkus Maximus, der zufällig Fußball spielt, stattfindet, tut sein übriges, dass an jeder Ecke die Nerven blank liegen.
    Ist aber in anderen Ländern ähnlich zu beobachten, der Zirkus bleibt, die Sportart ist beliebig ersetzbar.


    Mein Tipp: Gezielt Spiele von zwei oder drei Jugenden über der eigenen ansehen, vll. vom nächsten Förderstützpunkt. Das ist für die Kids auch viel greifbarer, ein näheres Ziel. Ein BL-Spiel ist sicher auch beeindruckend, aber wieviel Prozent des Eindrucks sind greifbarer Fußball? Ich finde C- und B-Jugend auf Stützpunktniveau mit am beeindruckendsten. Das Geholze und Gehaxe mancher Seniorenmannschaft ist dagegen teilweise unterirdisch...

  • Man könnte schon meinen, dass der Fussball sich gerade anschickt sich um die von @Libra erwähnten "Features" zu erweitern. Wenn das alles erst mal noch tiefer verwurzelt sein wird als es jetzt ist, dann wird der Fussball wohl einfach zu einer Art Wrestling mutieren (Jahr 2090?).
    Ich bin der Meinung man sollte all dem viel vehementer entgegentreten. Nettospielzeit, Zeitstrafen ... als das würde entschärfend wirken. An der Fehlerbehafteten Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters würde ich jedoch auf jeden Fall festhalten - das halte ich für das Salz in der Suppe.

    Grüße von der Ersatzbank

  • Dieses lamentieren geht mir fürchterlich auf die Nerven.
    Beim Handball ist das z.B. weniger möglich
    Wer nach einem Pfiff den Ball nicht unmittelbar freigibt geht für 2 Minuten runter.
    Knallhart und ohne Spielraum.
    Da ist nix mit Palaver ob nun Offensivfoul oder nicht.
    Hat auch den netten Nebeneffekt, dass das Spiel deutlich schneller wird.
    Übertragen auf den Fußball würde es bedeuten, dass sich alle Spieler der foulspielenden Mannschaft nach dem Pfiff aus einem 10 Meter Radius zu entfernen haben. Wer nicht direkt geht darf 5 Minuten zusehen. Man würde recht häufig 11 gegen 0 Spielen da ja selbst die Torhüter gerne nen 70 Metersprint für "sachdienliche" Hinweise hinlegen :cursing::wacko:

    Der will doch nur spielen

  • Am unerträglichsten finde ich, wenn dann die Protagonisten nach dem Spiel Sprüche in die Mikrofone tröten wie: "das sind Emotionen, das gehört zum Spiel dazu." <X

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!