Ich verstehe deinen Frust, finde aber dennoch, dass die Fußballer insgesamt noch sehr gut da stehen.
- Hallensportarten sind deutlich mehr gekniffen.
- Chöre zum Beispiel sind noch im totalen Lockdown.
- Schule mit Masken ohne gescheites Konzept und keine Verbesserung in Sicht! (und kommt mir nicht mit Freiwilligkeit, der Druck auf die Schüler ist immens)
- Kulturschaffende, Schausteller oder ähnliche Gruppen stehen gar vor dem finanziellen Ruin.
- Vom Tourismus möchte ich derzeit auch lieber nicht abhängig sein.
Wenn man gedanklich schon das große Rad dreht, dann sollte man auch übern Tellerrand gucken. Und da steht für mich Fußball definitiv auf der Sonnenseite in diesen Zeiten.
Sorry wenn ich mal pathetisch werde aber diese Pandemie ist für uns hier zur Zeit bestenfalls lästig. Aber frag mal die mit Langzeitschäden... Und es geht rund um den Globus noch mächtig zur Sache.
Mich macht das eher demütig, dass wir hier weiter in Saus und Braus leben dürfen. Ich hasse die Maske aber das ist für mich persönlich zur Zeit die einzige Einschränkung. Damit kommen wir noch ziemlich gut weg, oder?
Finde nicht, dass das eine das andere ausschließt. Gebe dir völlig recht, dass es anderen Bereichen des Lebens noch schlechter geht, gar keine Frage.
Aber nochmal, wo ist der gesunde Menschenverstand bei den handelnden Personen?
1) In der Schule unterrichte ich täglich 32 Schüler auf engstem Raum - OHNE MASKE! Und mache sogar Sportunterricht mit denen in der Halle. Selbst klassenübergreifende Kurse etc. finden ganz normal statt, auf den Hofpausen (ebenfalls keine Maskenpflicht) durchmischen sich die Schüler (immerhin 1000) meines Gymnasiums ebenfalls. Und da sollen die Teams am Wochenende DRAUßEN keinen Fußball gegeneinander spielen?
2) Im Nachbarbundesland Brandenburg darf ganz normal gespielt werden, das führt zur absurden Situation, dass an der Stadtgrenze die Berliner Vereine nur alle 3-4 Wochen spielen dürfen und 100m weiter findet die Saison ganz normal statt?
3) Im Vereinsfußball kommen nur die Leute zusammen, die sich sowieso jede Woche mehrmals beim Training etc. sehen. Beim Spiel beschränkt sich der Kontakt mit den Gegnern auf das Spielfeld, man nutzt ja keine gemeinsamen Kabinen (aktuell dürfen die Kabinen eh nicht genutzt werden). Heißt, im Infektionsfall gibt es recht klar begrenzte Kontaktgruppen.
4) Es gibt keinen einzigen bestätigten Fall, dass sich jemand beim Fußball an der frischen Luft mit Corona infiziert hat. Tatsächlich sagt jeder Virologe, dass es an der frischen Luft mit ausreichend Abstand (und die Kontaktzeiten sind kumuliert minimal während eines normalen Spiels) praktisch ausgeschlossen ist, sich anzustecken.
5) Was ist eigentlich mit der positiven Wirkung vom Sporttreiben an der frischen Luft? Gerade jetzt in der kommenden Herbst- und Wintersaison ist eigentlich nichts wichtiger, als rauszukommen und an der frischen Luft Sport zu machen. Warum werden denn im Winter mehr Leute krank als im Sommer? Weil die Menschen mehr drinnen hocken und die trockene Heizungsluft die Schleimhäute austrocknet und damit anfälliger für Viren etc. macht! Wo liegt hier der Sinn, den Sportbetrieb so einzuschränken??
6) Im übrigen führt die jetzige Regelung dazu, dass sich die Teams jetzt reihenweise Testspiele etc. organisieren bzw. inofizielle Bezirksmeisterschaften o.ä. veranstalten. Was ja auch erlaubt ist. Das ist schlicht und ergreifend schizophren!
Wenn du also sagst, wir müssten uns zurücknehmen, muss ich dir dann doch entschieden widersprechen, insbesondere da der Fußball durch seine dominierende Stellung im Sport in Europa einen unschätzbaren Wert hinsichtlich der sozialen, emotionalen und psychischen Entwicklung der Kinder- und Jugendlichen spielt. Sie kommen raus, lernen Werte wie Zuverlässigkeit, Teamplay und Zusammenhalt kennen und bringen sich in ein soziales Gefüge ein.
Wenn man das jetzt auf Dauer und vor allem OHNE logischen Nutzen runterfährt, besteht die reale Gefahr, dass sich immer mehr Jugendliche vom Sport abwenden. Gibt ja mit Gras rauchen und sich im Park zum allsamstäglichen Besäufnis treffen sehr einfache Alternativen in der Großstadt.
Zusammenfassend: Ich möchte den Fußball nicht als das Allerheiligste darstellen, aber angesichts der aktuellen Situation und wie damit umgegangen wird, darf man die Wichtigkeit, die er vor allem für viele Tausend Kinder- und Jugendliche besitzt nicht unterschätzen! Und das geht meiner Meinung sogar über finanzielle Probleme gewisser Sparten, die sicherlich dramatisch sind, hinaus.
Grüße
José