U9 Spiel Bundesligaverein

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  • Gestern habe ich ein Spiel der U9 eines österreichischen Bundesligisten gesehen. War echt sehenswert. Ich möchte euch meine Eindrücke ein wenig vermitteln.


    Ausgangslage:
    Freundschaftsspiel U10 Dorfverein vs. U9 Profiverein


    Aufwärmen:
    1. Ballgwöhnung: Sah sehr Coerverlastig aus. Die Spieler (jeder einen Ball) liefen in einer Reihe eine ca. 15m lange Strecke mit bestimmten Vorgaben (Inside-Outside-Cuts, usw. ) und mussten am Ende dieser Strecke wieder mit bestimmter Bewegung wenden (Sohlenwende, Zidane, usw) Dauer ca. 7-8min


    2. Rondo 3v1 in einem Wahnsinnstempo. 7-8min


    3. 1v1 mit anschließendem Torabschluss


    So gesehen nichts besonderes. Allerdings war es bemerkunswert zu sehen, mit welcher Effizienz das alles von statten ging. In diesen rund 25min hatten diese Jungs mehr Ballkontakte als meine Jungs in einem 90min Training. Obwohl ich immer sehr auf kurze Stehzeiten und viele Ballkontakte achte, muss man mal ganz ehrlich sagen, dass diese Level von einem Dorfverein nie erreicht werden kann. Aus dem einfachen Grund, weil bei dieser Truppe nicht ein einziger Spieler darauf hingewiesen werden musste, dass er jetzt an der Reihe ist. Die Profi-Verein-Jungs waren derart fokussiert auf ihre Aufgabe. Hut ab.


    Das Spiel:

    Die U10 Dorfverein hat gekämpft wie die Löwen und hatte geschätzte 25% Ballanteile. Sie traten in einer 3-3 Formation an. Die U9 Profiverein trat in einer 3-3-0 (Defensive) 2-3-1 (Offensive) Mischform an. Interessanterweise, haben sich nicht die Außenverteidiger, sondern der IV nach vorne orientiert. Dieser hat dann den zentralen MF weiter nach vorne "geschoben" und in Ballbesitz dessen Rolle übernommen. Torchancen wurden ausnahmslos über Passkombinationen erzielt. Es war echt sehenswert, wie Kinder in der Lage sind den Ball zirkulieren zu lassen. Die Spieler mussten!!! (Vorgabe vom Trainer) sich sogar die meiste Zeit aus offensiven Zweikämpfen haraushalten. Die U10 Dorfverein ging teilweise etwas ruppig (übermotiviert) in die Zweikämpfe (war aber nie gehässig), was die U9 Profiverein aber souverän abeschüttelt hat. Disziplinär waren die Jungs auch top. Aufgefallen ist mir außerdem das vom Profiverein-Publikum außer Applaus nach Toren genau 0.0 kam. Wirklich nichts, kein einziger Kommentar.

    [u]Das Coaching der Profiverein-Trainer:
    Das war immer sehr punktuiert und der Trainer hat immer gewisse "Schwerpunkte" gefordert. So z.B. hat er für ca. 10min den Schwerpunkt erster Kontakt vorgegeben. Die Spieler haben sich darauf auf eben das besonders konzentriert. Kurze Auftaktbewegung, Mitnahme in den freien Raum, mit dem richtigen Fuß, usw. "Kritisiert" wurden die Spieler eigentlich nur durch Fragen. "Anton, hättest du etwas besser machen können?" "Was hättest du besser machen können?" "Warum hast du dich so entschieden?"

    I've missed more than 9000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times, I've been trusted to take the game winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed. (Michael Jordan)

  • Danke für deine Eindrücke.


    Genauso habe ich die Unterschiede meiner u9 gegen die u8 vom 1.FCN gesehen.
    Einziger Unterschied: Der Coach hat auch das 1:1 oft gefordert und er hat von der Seitenlinie nicht den Fragestil gepflegt sondern Aufforderungen gerufen.

  • Man kann durch gezielte Schulung im individuellen und gruppentaktischen Bereich deutlich sichtbare Unterschiede erzeugen. Es stellt sich dabei weniger die Frage, ob die Kinder mit hoher Eigenmotivation dies so früh schon erlernen können, sondern vielmehr, ob man sie schon so früh in ein sehr eng gefasstes Netz an Vorgaben und Fremdsteuerung einfängt?


    Nicht alles was möglich wäre, sollte gemacht werden, wenn es denn nicht ausschließlich dem Kindeswohl dient. Ein Trainer, der über entsprechendes Fachwissen verfügt, muß sich genauso diese Frage stellen, wie ein Verein? Aus gutem Grund werden im Kindergarten und in der Grundschule keine Themen, für die sie später erst hinreichendes Verständnis entwickeln können, behandelt.


    Es ist zwar schon viele Jahre her, wo auch ich das Experiment gewagt habe, mit Kindern in ein ballorientiertes Konzept spielen zu lassen. Es war ergebnistechnisch sehr erfolgreich, jedoch fehlte mir das Glänzen in den Augen der Kinder, weil sie immer nur nach den Vorgaben der Erwachsenen spielen sollten, anstatt sich am kindlichen Spielgedanken zu erfreuen.


    Denn diese Kinder stehen noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Dabei ist durchaus die Frage erlaubt, ob man aufgrund einer allgemeinen Bildungsverbesserung ein wenig früher mit komplexen Themen starten kann. Dabei sollte mit besonderer Sorgfalt vorgegangen werden. Auch Nachwuchsteams von Bundesligisten und deren Trainer müssen sich nicht dafür schämen, ein Spiel zu verlieren, wenn sie dafür mehr Spaß beim Fussball hatten als bei einem Sieg!

  • @TW-Trainer


    Ich habe mit den Trainern ein sehr interessantes Gespräch geführt, in dem sie sehr bereitwillig auf meine Fragen eingegangen sind. Eine Frage davon war, warum sie das 1v1 vermeiden und ob das bei ihnen nicht mehr Ausbildungsthema ist.
    Antwort:
    1v1 ist das große Thema (neben Techniktraining). Allerdings wäre kein Reiz für die Kinder vorhanden, wenn sie ihren 1v1-Drang in diesem Spiel ausleben dürften. Deshalb haben sie diese Provokationsregel erschaffen. Sie versuchen auch immer wieder Spiele gegen Gegner unterschiedlichsten Niveaus auszutragen und die Kinder immer wieder vor neue Herausforderungen zu stellen.


    Mein Eindruck war, dass sich die Spieler doch wohl gefühlt haben und großen Spaß an dem Spiel hatten. Die Spielzüge wirkten sehrwohl (zumindest teilweise) einstudiert, allerdings nie von außen gesteuert. Es kam nicht einmal eine Ansage vom Trainer, dass der Spieler jetzt dieses oder jenes tun müsste. Hat der Spieler dann aber eine "falsche" Entscheidung getroffen, kam sofort vom Trainer (freundlich aber bestimmt) die Frage:"Hätte man etwas besser machen können"? Technische Fehler wurden überhaupt nicht kommentiert.

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  • Mein Eindruck war, dass sich die Spieler doch wohl gefühlt haben und großen Spaß an dem Spiel hatten. Die Spielzüge wirkten sehrwohl (zumindest teilweise) einstudiert, allerdings nie von außen gesteuert. Es kam nicht einmal eine Ansage vom Trainer, dass der Spieler jetzt dieses oder jenes tun müsste. Hat der Spieler dann aber eine "falsche" Entscheidung getroffen, kam sofort vom Trainer (freundlich aber bestimmt) die Frage:"Hätte man etwas besser machen können"? Technische Fehler wurden überhaupt nicht kommentiert.


    Haben die entsprechenden Spieler die Fragen während des laufenden Spiels zufriedestellend beantwortet? Stelle ich mir ziemlich schwierig vor..

  • Ich bin da ganz bei dir @Strznievski und glaube auch nicht das wir sowas mit unserem Dorfteam schaffen können. Mit ein paar wenigen durchaus, aber nicht mit allen. Also niemals in der Breite wie gesehen. Das liegt ganz einfach daran, das in einem solchen Verein ganz andere Kinder spielen als bei uns.


    Natürlich haben (fast) alle Kinder Bock auf Fußball, allerdings sind die körperlichen, koordinativen und geistigen Fähigkeiten derart vielschichtig und unterschiedlich ausgeprägt, da kannst du machen was du willst, du wirst immer ein brutales Gefälle haben.


    Wir haben bei einem Turnier mal gegen ein Team aus Darmstadt gespielt, die sind jetzt kein Bundesligist, aber was auch dort die u9 schon abgeliefert hat war vom Feinsten. Die sehr umgänglichen Trainer haben unsere Kids gelobt und aufgemuntert nach der deutlichen Klatsche, die es gab, obwohl auch sie mit Provokationsregeln spielen mussten.
    Fand auch bemerkenswert wie einer ihrer Spielr unserem Torwart den Ball wegspitzelt, versenkt und sofort vom Trainer kam: Kein Hollywood. Der Torwart am Boden ist tabu. Du entschuldigst dich bei ihm. Und der Spieler sofort: Sorry, du hattest ihn schon sicher. Foul von mir. Weiter so.


    Im Laufe des Turniers unterhielten wir uns und der Coach sagte einige meiner Kids hätten durchaus Potential es auch bei ihnen zu schaffen. Das wäre der Vorteil der Großstadt, sie hätten nahezu die freie Auswahl an talentierten Kindern, oder frühentwickelten Kindern die sie fördern und weiter entwickeln könnten, während wir auf alle angewiesen wären, was auch eine verantwortungsvolle Aufgabe sei, aber ein ganz anderes Training vorraussetze um allen gerecht zu werden.

  • Bei mir Schlagen da 2 Herzen in meiner Brust - ich weiß nicht, ob ich das gut finden soll, was du bei der U9 beobachtet hast.

    Man hat eben wenig Einblick in das Team nach so einem Spiel.
    Für meine Beobachtungen, die ja fast deckungsgleich sind, wage ich zu behaupten, die Kinder werden zwar stark gefordert, aber nicht überfordert und ob es zukunftsdienlich ist kann ich schon gar nicht beurteilen.
    Jedoch: Im Vergleich zu einem Jungen der in meinem Team spielt und von dem ich sehr genau weiß was er kann und wie er spielt muss ich sagen es gibt definitiv Kinder die Lücken erkennen, Räume verstehen und Passen wollen. Auch bei 7-Jährigen. Und wenn du einen ganzen Haufen solcher Kinder trainierst, dann ist es nur logisch, dass die so Fussball spielen können wie wir es in eben diesen Profi-Verein-KindermMannschaften sehen. Und das sollte man den Jungs dann auch gönnen!


    Im Vergleich dazu bin ich froh wenn meine nicht beim rückwärtslaufen hinfallen, es schaffen sich in einer Reihe aufzustellen oder einen Übungspartner auszuwählen ohne sich den Schädel einzuschlagen. :)


    Es ist doch auch völlig normal, dass solche Kinder sich dann dort versammeln wo sie unter ihresgleichen sind und das dann dort die Messlatte höher liegt.

  • Ich habe mit den Trainern ein sehr interessantes Gespräch geführt, in dem sie sehr bereitwillig auf meine Fragen eingegangen sind.

    Wenn das Team gewonnen hat, machen das die Trainer immer gerne, weil sie darin den Beweis für die Richtigkeit ihrer Arbeit sehen.


    Das ist jedoch nicht immer so, weshalb man durchaus unterschiedliche Trainerreaktionen erleben kann.


    Ein Erlebnis ist mir in Erinnerung geblieben, bei der das Team des Bundesligisten zwar feldüberlegen war, jedoch der Torwart den Unterschied ausmachte. Denn der Keeper gewann reihenweise das 1vs1 und spielte sofort den Ball zu einem besonders schnellen Angreifer, der sich dann "nicht 2 x bitten" ließ.


    Dieser Trainer der Buli-Nachwuchsmannschaft war vor dem Spiel sehr freudlich und höflich, zum Spielbeginn auffallend still. Doch als das Spiel einen gänzlich anderen Verlauf nahm, brüllte er plötzlich so laut über den Platz, als das sich selbst die mitgereisten Eltern erschraken.


    Er hatte erkannt, das mit der gewohnten Spielweise hier und kein Blumentopf zu gewinnen war. Danach "spurten" die Kinder seiner Mannschaft, während die der Gegner eher ängstlich und verunsichert wirkten. Sie suchten und fanden schließlich andere Möglichkeiten. Weil der Gegner ermüdete, konnte man gleich mit mehreren Angreifern frei vors Tor auftauchen und das Spiel noch drehen. Der schnelle Angreifer wurde nicht mehr aus den Augen gelassen.


    Was ich damit sagen möchte: nicht alle Trainer der jüngsten Mannschaften haben ausreichend Erfahrungen und Qualitäten in der Mannschaftsführung. Doch dass ist meist nur dann von Interesse, wenn die Ergebnisse "nicht stimmen"! Denn dort gibt es eine Reihe von Trainern, für die es Einstieg ist, um später an die "fetteren Fleischtöpfe" zu gelangen.


    Man sollte es weder im Positiven noch im Negativen über einen Kamm scheren, denn die Wahrnehmungen können sehr unterschiedlich sein. Denn es sich Menschen, die dem gesellschaftlichen Querschnitt entsprechen, weshalb man keine Wunder erwarten darf.


    Da war die Frage, ob man mit jedem Dorfverein ein so hohes Niveau erreichen kann? Das wäre wohl "Äpfel mit Birnen vergleichen" oder? Weil die U-Teams dieser Bundesligisten häufig keine Vereins-, sondern eine Auswahlmannschaft mit Spielern aus diveren Vereinen darstellen, hinkt hier der Vergleich zur Dorfmannschaft.


    Auch sind damit andere Ziele als die eines Dorfvereins verbunden, denn hier sich scih jeder Spieler später wiederholt einer Selektion zu stellen. Im Dorfverein bleibt das Mannschaftsgefüge über einen längeren Zeitraum zusammen.

  • @Ersatzbank: mir geht es da nicht um Überforderung, sondern vielmehr um die "Gleichmachung" und "Gleichschaltung" der Kinder - die einzelnen Punkte sind evtl. noch kindgerecht, aber die Vielzahl der Punkte finde ich nicht mehr kindgerecht. Aber das kann auch nur meine Interpretation der Worte sein und kann in der Realität ganz anders ausgesehen haben.

  • Haben die entsprechenden Spieler die Fragen während des laufenden Spiels zufriedestellend beantwortet? Stelle ich mir ziemlich schwierig vor..

    Ja. Die Antwort kam sofort wie aus der Pistole geschossen. Hat der Spieler den Ball z.B. aus relativ spitzen Winkel am Tor vorbeigejagt, kam sofort die Frage...
    Während der TW den Ball holte, hat sich folgender Dialog (sinngemäß) abgespielt:
    TR: "Hattest du andere Möglichkeiten auch noch?"
    SP: "Ja, den Ball abgeben!"
    TR: "Stand jemand frei?"
    SP: "Ja."
    TR: "Wer?"
    Sp: "Der Timmi!"


    Der Trainer hat dann das Verhalten des Spielers nicht korrigiert und auch nicht kritisiert. Irgendwie hat er sich damit zufrieden gegeben, dass der Spieler die Situation richtig erkannt hat. Es ist auch mal vorgekommen, dass der Spieler die Frage nicht beantworten konnte (war aber eher die Ausnahme). War für den Trainer auch kein Problem.

    Bei mir Schlagen da 2 Herzen in meiner Brust - ich weiß nicht, ob ich das gut finden soll, was du bei der U9 beobachtet hast.

    Was ich auf jeden Fall gut fand, war das technische Niveau der Spieler. Die haben ein Kurzpassspiel auf unserem Rübenacker aufgezogen, dass jedem Fußballfan eigentlich das Herz aufgehen müsste. Ob es jetzt "richtig" ist, dass man Kinder in diesem Alter dieses Kurzpassspiel "aufzwängt", kann ich nicht sagen.
    Der Trainer meinte nur, dass alle diese Spieler gerade im 1v1 unheimlich stark sind. Gegen stärkere Gegner die im 1v1 mehr dagegen halten würden und das somit eine Herausforderung für die Spieler wäre, würden sie auf jeden Fall den Fokus auf 1v1 legen.

    Jedoch: Im Vergleich zu einem Jungen der in meinem Team spielt und von dem ich sehr genau weiß was er kann und wie er spielt muss ich sagen es gibt definitiv Kinder die Lücken erkennen, Räume verstehen und Passen wollen. Auch bei 7-Jährigen.

    Eines traue ich mir mit Sicherheit sagen: Diese Jungs haben ein Gespür für Räume und Lücken, und wissen auch, wie man diese anläuft und bespielt.

    Was ich damit sagen möchte: nicht alle Trainer der jüngsten Mannschaften haben ausreichend Erfahrungen und Qualitäten in der Mannschaftsführung. Doch dass ist meist nur dann von Interesse, wenn die Ergebnisse "nicht stimmen"! Denn dort gibt es eine Reihe von Trainern, für die es Einstieg ist, um später an die "fetteren Fleischtöpfe" zu gelangen.

    Wie seine Qualitäten in puncto Mannschaftsführung aussehen, kann ich nicht sagen. Sein Auftreten war freundlich aber bestimmt. Fachlich war er sicher auf einem ganz guten Niveau (wenn man das auf meinem Niveau überhaupt sagen kann). Wir haben uns kurz über Coerver und Horst Wein unterhalten. Funino ist übrigens die Spielform, die am häufigsten im Training vorkommt.

    Auch sind damit andere Ziele als die eines Dorfvereins verbunden, denn hier sich scih jeder Spieler später wiederholt einer Selektion zu stellen. Im Dorfverein bleibt das Mannschaftsgefüge über einen längeren Zeitraum zusammen.

    Das hat mich ein wenig schockiert. Dort gibt es einen strikten Ausbildungsplan und somit auch Ausbildungsziele. Spieler, die zum Stichtag X das Ausbildungsziel nicht erreicht haben werden aussortiert.

    I've missed more than 9000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times, I've been trusted to take the game winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed. (Michael Jordan)

  • Ersatzbank: mir geht es da nicht um Überforderung, sondern vielmehr um die "Gleichmachung" und "Gleichschaltung" der Kinder - die einzelnen Punkte sind evtl. noch kindgerecht, aber die Vielzahl der Punkte finde ich nicht mehr kindgerecht. Aber das kann auch nur meine Interpretation der Worte sein und kann in der Realität ganz anders ausgesehen haben.

    Ich habe ja genau deswegen versucht jegliche Wertung außen vor zu lassen und so subjektiv wie möglich meine Beobachtungen zu schildern. Einfach weil der Einblick in die tägliche Arbeit fehlt, um sich ein Urteil zu bilden.

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  • Danke für den Bericht.


    Ich sehe die Arbeits- und Spielweise vieler NLZs kritisch. Trotzdem sind sie für mich irgendwie Vorbild. Klingt eigentlich widersprüchlich. Ich versuche es auszuführen.


    Kritisch sehe ich die NLZs deswegen, weil dieses Streben nach Bestleitungen die wenigsten Kinder über zwölf Jahre durchhalten werden. Da werden viele dran zerbrechen. Aber es ist Leistungsfussball, Selektion und perspektivisch auf Erfolge (auch finanzielle) hin optimiert. Genau deswegen ist es auch Vorbild. Leistungorientiert ausbilden möchte ich nämlich auch.


    Im Gegensatz zum Leistungsfussball, wo ich die Verantwortung bei den Elten sehe (man weiß schließlich worauf man sich einlässt, wenn man ins NLZ wechselt), habe ich als Breitensporttrainer aber die Aufgabe abzuwägen, wieviel Leistung ich von meinen Jungs einfordere und welche Inhalte ich übernehme. Ich kann und sollte mir die Arbeit der NLZs anschauen, aber sie 1:1 kopieren sollte ich nicht, weil ich auch die Verantwortung für den Menschen dahinter trage.

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • @Schimanski: und das NLZ hat nicht die Verantwortung für den Menschen dahinter? - der Mensch ist hier sogar noch ein Kind.


    Mir lacht auch das Herz, wenn ich guten Fußball bei Kindern der NLZs sehe. Mir blutet aber manchmal auch das Herz, wenn ich sehe wie dieser erreicht wird. Wir wollen Kreativität fördern, wir wollen eigene Entscheidungen des Kindes auf dem Platz ("muss ich jede Entscheidung reflektieren?"; auch mit Fragen lenke/führe ich), wir wollen Persönlichkeiten uvm. und dann geben wir begrenzte Verhaltensweisen vor. Ich bringe das eher mit Disziplin, Gehorsam und sozialisierten (trainierten) Verhaltensweisen in Verbindung (z.B. ein gemeinsames Aufwärmen macht man halt mit, da muss man nicht viel denken und wenn es immer dasselbe ist noch viel weniger; auch ist es in dieser Altersklasse gut möglich trainierte Spielzüge umzusetzen, deshalb können für mich Bälle in freie Räume auch Automatismus sein und nicht unbedingt auf Spielintelligenz hinweisen).

  • Irgend jemand - @Andre glaube ich - hat mal ausgeführt, dass der Beitrag von Trainern auf die Entwicklung von Kindern in jungen Jahren begrenzt ist. Gute FußballKinder werden sich auch bei miesestem Training gut entwickeln.


    Nun ist das Training bei NLZ-Teams unbestritten kein mieses Training und es tummeln sich dort die besten Kinder. Ich bin auch immer wieder beeindruckt, mit welchem Tempo, mit welcher Durchschlagskraft und mit welcher Überlegenheit die Kinder spielen. Aber es sind nunmal auch die besten Kinder eines Verbandes und darüber hinaus (Wohnort z. T. bis zu 130 km entfernt!!!)! Trotzdem sind deutliche Zweifel berechtigt, dass es für die - auch guten - Kinder sportlich der optimale Weg ist. Für die ganz ganz ganz Wenigen, die tatsächlich Aussichten haben, im Profifußball anzukommen, vielleicht. Ansonsten muss man halt entscheiden, wie wichtig es für Kinder/Eltern ist, dass sie im Team U10 eines Bundesligisten spielen. Das hat sowohl für Kinder/Eltern


    Was mich ein bisschen irritiert, ist Deine Aussage, dass NLZ Vorbild für Deine Trainertätigkeit sind, weil leistungsorientiert vorgegangen wird. ich glaube nach Deinen Beiträgen, dass Du Deine Trainingseinheiten genau so durchdacht und ordentlich vorbereitest und begleitest wie Trainer am NLZ im Alter bis U12 und U13. Die Trainingsinhalte selbst werden sich vielleicht auch nicht soooo sehr unterscheiden. Aber was Deinen Jungs mit Sicherheit abgehen wird, ist die Intensität, Schnelligkeit, Agressivität und die (von Verein und Eltern forcierte) Bereitschaft, ständig das Maximum an Leistungsfähigkeit abzurufen. Und Du wirst vermutlich nicht dreimal die Woche trainieren und an Wochenenden z. T. mehrfach spielen. Und Deine Kinder werden vielleicht auch nicht Sportschulen besuchen, wo noch weitere Einheiten absolviert werden.


    Da ich unverändert Kontakt zur alten Mannschaft unseres Sohnes habe, hat man mir erzählt, dass in jüngster Zeit regelmäßig Kinder verletzungsbedingt mehrere Wochen pausieren mussten und dass z. B. Adduktoren- und Bänderprobleme eine Rolle spielen. Ich dachte eigentlich, dass das in dem Alter so gar nicht möglich sein kann. Vielleicht Fehlinformation, vielleicht Zufall, vielleicht aber auch Überlastung?


    Ich sehe da für den Breitensport nicht so viele Ansätze, nachzueifern.

  • @Schimanski
    Mit gefällt deine Einstellung deshalb sehr gut, weil du ein ähnliches Ziel wie die NLZ hast, jedoch dazu einen anderen Weg gehst. Du gibts den Kindern in deinem Training ein Füllhorn an Möglichkeiten und weckst dadurch ständig ihre Neugier, dessen Ergebnis folglich eine stete Zunahme an Spielintelligenz sein wird. Wie viel Unterstützung im Training dafür erforderlich ist, dass liegt sicher jeweils an der Zusammensetzung der Trainingsgruppe. Aber zu einem großen Teil sicher auch, welche Impulse du ihnen im Training geben kannst. Damit widerspreche ich der These, dass sich Kinder vollkommen unabhängig von ihrem Trainer gleichgut entwickeln können.


    Wenn jedoch der Spaß und nicht das Leistungsmaxium die Antriebsfeder ist, dann wirst du genauso schnell mit teils weniger talentierten Kindern vorran kommen, weil die Motivation deiner Kinder insgesamt größer ist. Denn bei dir können sich die Kinder in einer angstfreien Umgebung bestmöglich entwickeln. Nur die wenigsten lösen die Handbremse aus Angst vor Fehlern. Hinzu kommt die Angst vor Verletzung oder Leistungsstagnation.


    Ich denke mal nicht, dass die meisten Eltern wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie ihr Kind auf ein NLZ schicken.


    Leider kann ich nicht in allen Punkten so reden, wie ich es gern würde. Nur soviel, ein Bekannter hat einen ähnlichen Weg wie du konsequent verfolgt. Nachdem er damit einzigartige, nachhaltige Erfolge erzielen konnte, folgte er dem Ruf eines Bundesligisten.


    Der Ausbildungslevel in den NLZ hoch, allerdings sind die Ziele nicht konsequent kindgerecht. Denn bei einem jungen Spieler ist eine Erfolgsprognose nicht möglich, weshalb erst in einer späteren Phase richtungsweisende Aussagen möglich sind. Das deutsche Nachwuchskonzept bietet hier jedoch zu wenig Möglichkeiten, weil es aufgrund des Kirchturmdenken in den Vereinen weder eine Kompetenzbündelung stattfindet, sodass eine gegenseitige Konkurrenz die gegenseitige Unterstützung hemmt. In den NLZ gibt es zu viel Unruhe (meist im Wechsel von Koordinatioren), die die Trainer und Kinder z.T. stört. Hinzu kommt, das es zwar vergleichbare Konzepte gibt, diese werden jedoch unterschiedlich gelebt. NLZ sind wichtig für die flächendeckende Nachwuchsförderung als Übergang zur den Kreisauswahlen und DFB-Stützpunkten. Allerdings würde ich mir wünschen, dass man sich dort vermehrt mit ausländischen Projekten beschäftigt, um von dort das Bessere für sich zu finden und mitzunehmen.


    Wenn ich dir also einen guten Rat geben darf! Mach weiter so, denn so habt ihr sehr viel Spaß. Was später mal mit deinen Jungs sein wird, weißt zu heute zwar noch nicht. Aber es würde mich nicht überraschen, wenn daraus einige Kicker hervorgehen, die es über einen anderen Ausbildungsweg genauso weit gebracht haben. Sie haben aber ihre Freunde nicht verloren, weil der Zeitaufwand nicht so hoch war und auch ihren Eltern keine schlaflosen Nächte beschert, ob das Kind wohl die nächste Selektion im NLZ übersteht.

  • Möglicherweise kennt ihr diese Doku schon, dann seht es mir nach.


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    "Football made in Germany"


    Interessant nach ca 15 Minuten wie es dort heisst:


    Es findet keine tatsächliche Förderung statt, sondern es wird lediglich immer neu selektiert und aussortiert.
    Die Kinder die schon früh dort teilnahmen, werden in der Regel NICHT bis zum Ende dabei sein, sondern irgendwann durch
    andere Spieler ersetzt die etwas weiter sind.

  • Und nochmal:
    Ja, die meisten Kinder werden nicht oben ankommen. Das liegt schon alleine daran, dass im Profifussball ein TEam aus 15 Jahrgängen besteht, nicht aus einem.


    Aber guckt dir doch mal unsere besten SPieler an und wann die in da NLZ gewechelt sind. Ich hab da mal ne Auflistung der NAtionalspieler gemacht gehabt vor 2-3 JAhren.
    Und alle waren spätestens in der U13 im NLZ bzW vergleichbarem (Özil RW Essen, Schürrle Ludwighafen: überregional in der Jugend.)
    Aktuell gibt es mit HEctor einen anderen KAndidaten, aber der kommt auch aus dem Saarland, wo es an NLZ oder gehobenen Amateurvereinen fehlt.


    Keine Lust da raus zu suchen oder gar neu zu machen. Ohne Recherche:
    Götze, Hummel, Neuer, Draxler, Goretzka, T. Werner, Boateng (TeBe), Meyer, Khedira, ter Stegen waren alle U9, mindeten U10 Spieler im NLZ.
    (Nahezu) alle anderen bis spätestens zur U13.
    Brandt zB war "nur" bei Borgfeld, aber in einem einem ´Jahrgang war da auch ne zuammengecastete und permanent elektierte Truppe, die permanent an Bundeligaturnieren teilgenommen hat, sogar Bremer Meister in u11 und/oder U13 wurde. Die haben "Stammspieler" von Werder Bremen "abgezogen". Aber eben nur in diesem Jahrgang. Brandt war als E-Jugendpieler deutschlandweit bekannt, als Top3 Spieler des Jahrgangs. Genauo T. Werner.



    Das einige NLZs die Breite des Kaders häufiger mal austauchen und die Kaderplätze 8-x quasi nur Füllmasse darstellen, das mag in der Tat bei manchem Verein leider so sein. Das sehe ich auch kritisch.
    Aber meist entwickelt sich der Spieler nicht so, wir man es sich erhofft hat. Steht ja nicht auf der Stirn, wer es am Ende mal schaffen wird. Gerade mentale Eigenschaften sind schwer zu scouten und schwer zu trainieren. Je älter der Spieler, desto schwerer.


    Aber deine Kernaussage trifft eben nicht zu, weil die Topspieler eigentlich alle chon früh im NLZ waren/sind.
    Ein Weg, wie der von Briegel oder KLose ist heute (fast) unmöglich. Dazu wird der Abstand zu groß, wenn man 10 Jahre in jedem Training und Wettkampf (zu) schlechte Gegner hat, weil man in seinem Jahrgang in einem kleinen Verein spielt.



    Bei uns im Verein hat es noch klein Spieler in Profiteam geschafft, der erst nach der C-Jugend aus einem nicht NLZ kam. Keiner in 15-20 Jahren. Selbt bei der U23 landet ganz selten einer von denen.
    Aber, zur U17 kommen auch maximal 1-3 Spieler im Schnitt.
    Nach der B-Jugend holen wir niemanden mehr, wohl kein Bundeligist. Also abgesehen von bekannten Talenten anderer NLZs, wie Kroos von Rostock zu Bayern damals
    Mir fällt nicht mal ein zur U15 gekommener Spieler ein, aber da kann ich mich irren.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill