Analyse eines U11-NLZ-Spiels

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  • @Dirk


    Eigentlich sollte es ja ums Spiel oder die Spieler gehen. Aber man kann und darf es wohl nicht losgelöst vom Trainer und dem NLZ gehen. Aber gerade bei der Diskussion übers NLZ wird`s schwammig, weil es eigentlich für den Bereich ab der C-Jugend vorgesehen war. Weil jedoch die Suche nach Talenten schon immer früher beginnt, möchte man natürlich immer die Besten haben, auch wenn`s dafür gar keine Garantie gibt! Die Streuung der NLZ-Verantwortlichen ist sehr groß, weshalb man gar keine einheitliche Aussage über deren Qualität treffen kann. Ein großes Problem ist jedoch die hohe Flukuation, weil es als Übergangsstation für spätere Aufgaben gesehen wird, um ans "große Geld" zu gelangen.


    Mehr mehr Profis ich ausbilden durfte, je mehr bin ich zu der Einsicht gelangt, dass unser Weg der Talentsuche, bei dem die Stecknadel im Heuhaufen gesucht wird und jeder sein eigenes Ding machen will, darf und muß, der falsche Weg ist. Eine Kontrolle allein auf Basis von Ergebnissen zu führen, paßt schon deshalb nicht, weil die Ausbildung nicht über eine Saison, sondern über den gesamten Jugendbereich erfolgt.


    Die Auswahl der Talente, der Ausbildungszeitrahmen, die Ausbildungsinhalte und -schwerpunkte sowie die Kooperation mit Schulen, Eltern, ect. dürfte m.E. nur in einem Team von ausreichend ausgebildeten Verantwortlichen geschehen. Wir aber holen ein Kind ins NLZ (oder eine andere Auswahl), um ihm das laufen beizubringen, dann jedoch an Krücken zu stellen (früh an Erwachsenentaktik, statt spielend Fussballspielen lernen) oder in einen Krankenstuhl zu setzen (Reservebank) zu setzen, das ist doch "krank"! Es macht mich immer wieder traurig und wütend.


    Andre: Wenn du dir Statistiken dazu anschaußt, dann wirst du erkennen, das man sich nicht für die Ausschußrate weiter interessiert. Erst recht nicht für die Talente, die man verbrannt hat. Man würde sonst das Image und die Legitimation verlieren. Wer sägt sich schon selbst den Stuhl, auf dem er sitzt ab?

  • Hi Oliver,


    deine Argumentation ist schlüssig. Und sie ist auch verständlich, argumentierst du doch aus Sicht eine NLZ-Vaters.
    Für mich ist die Frage nach der Intensität aus einer anderen Sicht interessant:. Wieviel "Intensität" brauche ich bei einer ambitionierten Breitensport-U11?


    Ich muss zugeben, dass ich meine Jungs vom technischer Vermögen und dem Spielverständnis nicht weit entfernt von den NLZ-Teams sehe. Im obigen Spiel ist kein Spielzug und keine Finte, die ich von meinen Jungs nicht auch schon so oder so ähnlich gesehen habe. Ich kenne auch das Leistungsvermögen mehrerer 2005er und 2006er-Kinder, die in ein NLZ gewechselt sind, aus den Breitensportzeiten. Auch hier sehe ich keine riesigen Unterschiede zu meinen Kindern. Anders formuliert: Ich würde einigen Jungs den Sprung in ein NLZ-Team zutrauen. Vielleicht nicht als Leistungsträger, aber mitschwimmen könnten sie aus fussballerischer Sicht schon (die mentalen Aspekte und die Einbindungproblematik in einem fremden Umfeld lasse ich mal außen vor).


    Aber trotzdem haben wir gegen gleichaltrige NLZ-Teams kaum ein Chance bzw. können so gerade gegen jahrgangsjüngere NLZ-Teams mithalten. Die Unterschiede liegen eindeutig in der Intensität/Handlungsschnelligkeit/Tempo/Aggressivität, nicht im technischen Vermögen oder dem Spielverständnis. Die Frage ist halt, ob ich als Breitensport-Trainer auch probieren sollte auf dieses Intensitäts-Niveau zu kommen. Und wenn ja, welche Methodiken sich da anbieten. Meine Zweifel, ob man das in dem Alter überhaupt anstreben muss, habe ich ja schon ausführlich angeführt.


    Schönen Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Die Unterschiede liegen eindeutig in der Intensität/Handlungsschnelligkeit/Tempo/Aggressivität, nicht im technischen Vermögen oder dem Spielverständnis.

    Sind denn diese Fähigkeiten nicht auch ein Talentkriterium?
    Machen diese Fähigkeiten nicht den Unterchied zwischen einem guten und einem sehr guten Spieler? Ich bin mir gar nicht sicher, inwiefern man dieses Verhalten antrainieren kann. Vermutlich kann man das ohnehin nur bis zu einem gewissen Level. Ich halte das eher für eine Charaktersache. Das haste oder haste halt nicht.
    Es gibt hier in der Gegend ein regionales Toptalent. Ist eigentlich bei allen namhaften Erstliga-NLZ auf dem Zettel und auch im Ausland ist er schon bekannt. Er ist jetzt im U14-Alter, hat dieses Verhalten aber schon in F- und G-Jugend gezeigt. Das hat ihm damals garantiert keiner antrainiert.

  • Die Unterschiede liegen eindeutig in der Intensität/Handlungsschnelligkeit/Tempo/Aggressivität, nicht im technischen Vermögen oder dem Spielverständnis. Die Frage ist halt, ob ich als Breitensport-Trainer auch probieren sollte auf dieses Intensitäts-Niveau zu kommen. Und wenn ja, welche Methodiken sich da anbieten. Meine Zweifel, ob man das in dem Alter überhaupt anstreben muss, habe ich ja schon ausführlich angeführt.

    Ich sehe es wie @Follkao: Gerade in der Handlungsschnelligkeit und im Verhalten unter Druck unterscheiden sich doch gute von sehr guten Spielern. Insofern glaube ich, dass sich viele etwas vormachen, wenn sie ein "Talent" sehen, was im niedrigen Spielniveau tolle Tricks zeigt und alle in Grund und Boden spielt. Alle Spieler, die in die Mannschaft meines Sohnes wechseln, waren in ihrer alten Mannschaft herausragend (und haben ganz sicher Talent). Dennoch hatten eigentlich alle erstmal massive Probleme, überhaupt mit dem höheren Tempo und Gegendruck zurecht zu kommen. Und es gibt auch einige, die schaffen das nicht. Dass einer direkt durchstartet, das passiert so gut wie nie. Jetzt im Winter sieht man bei denen, die im Sommer gekommen sind, wohin die Reise geht.


    Insofern würde ich Dir für Dein Team empfehlen, auch solche Drucksituationen zu erzeugen. Entweder durch Spiele gegen andere gute bzw. ältere Teams (machst Du ja offenbar ohnehin) oder auch im Training. Die U13 meines Sohnes macht manchmal ein Abschlusspiel im Training mit 8 gg 8 auf dem Viertel eines Platzes. Du kannst Dir vorstellen, wie eng das ist und wie wenig Zeit jeder Spieler hat, um den Ball anzunehmen oder weiter zu spielen. Ich bin davon überzeugt, dass das den Jungs hilft, so eine Situation als "normal" anzunehmen und so trotz des Drucks eine gewisse Gelassenheit ("Ruhe am Ball") zu entwickeln. Das was Du oben als "kopflose Panik" beschreibst, passiert ja genau dann, wenn die Kinder die Situation nicht kennen und (noch) keinerlei Gefühl dafür haben, wie sie diese Situation erfolgreich bewältigen können. In der U11 müssen z.B. viele Kids auch erst noch lernen, dass man nicht jeden Ball sofort nach vorne bringen muss. Sicher darf man dabei nicht überdrehen, die Kids müssen schon noch das Gefühl haben, dass sie einfach mal etwas ausprobieren können, ohne dass das sofort durch ein Gegentor bestraft wird. Da muss man als Trainer sicher gut dosieren.


    Grüße
    Oliver


    PS: Dass etliche Spieler Deiner Mannschaft ebenso stark sind wie NLZ-Spieler, darauf kannst Du Dir sicher etwas einbilden :thumbup: . So ein bisschen Einfluss hat der Trainer dann doch, da bin ich sicher. Oder hast Du nur gut gescoutet ;) ?

  • Ich bin ein Breitensporttrainer, ich bin so gut wie 50ig Jahre alt und habe die Weissheit nicht gepachtet. Ich glaube jedoch, dass ich trotz meiner von mir zerschnittenen C-Linzenz Breitensport....soviel Wissen habe, wie manch ein Trainer mit einer höheren Lizenz. Dazu kommt meine Erfahrung als Trainer und als Mensch und als Vater von drei durchaus talentierten Fußballsöhnen...wovon einer kurzfristig beim Stützpunkt war, genau so wie der Ältere....der als Spätberufener zu einer Regionalauswahl durfte. Zudem kenne ich Spieler, die es in den Jugendbundeligakader schafften und heute alle ohne großes Geldverdienen zurück sind.


    Ferner habe ich mir mal die Mühe gemacht, grob auszurechnen, wieviele Fußballkinder im Zeitfenster von 10 Jahren so beim Fußball angemeldet waren. Das waren ungefähr 10000...eher etwas mehr ...hier im Fußballkreis Tecklenburg.


    Von diesen Kindern haben es drei geschafft, mit Fußball Geld so zu verdienen, dass man sagen kann, dass deren verdiente Kohle ein Ersatz dafür sind, was anderen Kinder im gleichen Zeitfenster sowohl schulisch, als auch beruflich sich aufgebaut haben. DAS fehlt den nun damit geldverdienenden Fußballern nämlich und


    den anderen die es auch versuchten auch.


    Darunter befinden sich einige wenige, die erheblich weniger Geld verdienen, als z.B. Simon Rolfes, Peter Niemeyer und Lars Unnerstall (mehr fallen mir nicht ein). Diese anderen Spieler verdienen sich Kohle in einem Bereich, der niemals diesen lebensplanerischen Ausfall auffangen wird. Wer da nicht parallel eine Doppelbelastung hinnimmt....dürfte verraten und verkauft sein.


    Verraten und verkauft sein...dürften sich viele tausend Eltern wie Spieler, die bei diesem System hunderte von Kilometern, tausende von Stunden und viel Kohle verplempern....nur um den Sprössling irgendwelchen Bauernfängern zu präsentieren bzw. für deren Ziele (Anerkennung, Schulterklopfer und Kohlemachen) zur Verfügung zu stellen.


    Die Jugendspieler die ich kenne, welche z.B. beim BVB spielten...sind alle wieder zurück...ohne Geld verdient zu haben.


    DAS nenne ich unter dem Strich


    1. ein mieses beschiessenes System der Sichtung und Förderung
    2. ein verlogenes System
    3. ein euch als Trainer verarschendes System
    4. ein unverantwortliches System mit vielen falschen Köchen am Herd
    5. ein System ohne Winwinsituation
    6. ein System, dass einem Roulettspiel gleichkommt oder einem 5,5er im Lotto.


    Würde man hier nicht in unmittelbarer Nähe zu einem entsprechenden LZ oder Bundesligaverein wohnen...könnten die mich als Elternteil mal alle sonst wo und zwar ganz gepflegt.


    Dazu kommt noch, dass ich mich als Trainer mit meinem heutigen Wissen weder dem Stützpunkt, noch irgendeinem LZ verpflichtet fühlen würde. Ich würde die Zusammenarbeit ignorieren und die Eltern bei Bedarf von meinen Worten hier....berichten. Was die dann tun...ist schon klar....aber damit wäre mein Gewissen rein.


    Frage wäre im Fazit....wovon wir hier eigentlich reden...in wie weit man sich schuldig macht....für was und warum (Trainer sich hier so wichtig nimmt....incl. den Herren mancher LZ) ???!!!!

  • Hallo Christoph,


    Deine Jungs sind U11. Ihr trainiert zwei- bis dreimal die Woche. Wie ich Deinen Posts seit längerer Zeit entnehme, ist das kein "Larifari-Training", sondern ich vermute, Ihr trainiert zwar freudbetont, aber eben doch meistens hochkonzentriert. Ich nehme weiter an, dass Ihr keine "dicken Pauls" in Eurer Mannschaft habt, sondern, dass alle Jungs hoch motiviert, sportlich gut veranlagt und auch koordinativ gut begabt sind. Diese Truppe betreust Du nun - ausweislich Deines internet-Auftritts - im sechsten Jahr, wobei Ihr schon im jüngeren Bambini-Alter am Spielbetrieb teilgenommen habt. Ihr habt - wie ich vermute - immer mal Zu- und Abgänge, wobei ich davon ausgehe, dass Kinder zu Euch auch deshalb kommen, weil Euch (Verein und/oder Mannschaft) vermutlich in Eurer Region ein ganz guter Ruf "vorauseilt". Bei diesen Voraussetzungen bleibt es - nahezu zwingend - nicht aus, dass Ihr als Team - verglichen mit anderen U11-Teams - einen sehr guten Fußball spielt und überwiegend in Eurem Spielbetrieb (vielleicht sogar ausschließlich) gewinnt. Konkurrenz werdet Ihr nur von vergleichbar ambitionierten Teams haben (die von Günter mal treffend bezeichneten Leistungsvereine :) ) oder eben - vielleicht bei Turnieren oder Freundschaftsspielen - durch jüngere NLZ-Teams haben. Das ergibt sich nicht von selbst, hinter Eurer Entwicklung steckt viel Engagement und Eifer. Aber um so ein Team zu haben, darf man auch nicht zu viele "dicke Paule" dabei haben, weil dann andere Herausforderungen zu bewältigen sind. Das wäre ein anderes Thema.


    Ich habe bei meinem Sohn drei Jahre NLZ-Ausbildung von U8 - U10 begleiten können und verfolge sporadisch auch das 4. Jahr, weil sowohl von meinem Sohn als auch den Eltern Freundschaften geblieben sind. Im NLZ wurde von U 8 bis U 10 nicht mehr als im von Dir, Christoph, so bezeichneten Breitensport trainiert, nämlich zweimal die Woche. Es wurde in der U8 und U9 Training orientiert an DFB und sogar Horst Wein (viel Mini-Fußball) angeboten.
    In der U10 wurde dann - bei gleicher Trainingszeit - ein bisschen die Philosophie des hiesigen NLZ-Teams näher gebracht. Nun wurde auch erstmalig eine dritte Trainingseinheit angeboten, das war allerdings Turnen bzw. Technik. Auch in der U 11 wird nach meiner Kenntnis nur dreimal die Woche trainiert. Ich kann ausschließen, dass sich die Trainingsinhalte deutlich von Euren Trainingsinhalten unterscheiden. Insoweit würde ich auch nicht so viel Wert legen auf eine Differenzierung zwischen Breitensport einerseits und NLZ andererseits.


    Ich denke aber, es sind zwei Umstände, die Du mit deinem Team nicht haben wirst.


    Das ist die hier schon beschriebene Schnelligkeit. Was mir beginnend in der U 8 meines Sohnes aufgefallen ist, ist schlicht der Umstand, dass diese Kinder einfach alles auf dem Platz - sowohl in Training wie auch im Spiel - viel schneller, intensiver und agressiver als andere Kinder machen. Diese Schnelligkeit wird nun nicht gesondert durch Schnelligkeitstraining gefördert. Sie wird aber natürlich dadurch gefördert, dass halt nur schnelle Kinder miteinander trainieren und spielen. Diese "Schnelligkeitsschere" zu den normalen Teams wird zusätzlich größer, weil es immer wieder Zugänge gibt durch Kinder, die im Zweifel besser sein müssen als die vorhandenen NLZ-Kinder, um dauerhaft aufgenommen zu werden. Ich glaube nicht, dass man die so noch nicht vorhandene Schnelligkeit gesondert trainieren kann. Trotzdem kann es bei Kindern Entwicklungssprünge geben, so dass ein ursprünglich gar nicht soooo schnelles Kind eben doch eine Rakete ist.


    Zum anderen erhalten diese Kinder eine unglaublich große Spielpraxis. Ich habe in jeder Saison festgestellt, dass nach der Hallensaisonzeit von den Jungs ein Riesensprung gemacht wurde gegenüber den normalen, aber eben älteren Teams. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn an jedem Wochenende Turniere gespielt werden. Dieser Umstand kann aber natürlich insoweit nicht so entscheidend sein, wenn NLZ-Vereine erst ab U11 beginnen.


    PS: Auf die ganzen taktischen Diskussionen, die die Experten zu Deinem Video führen, will ich gar nicht eingehen, weil ich sie nicht verstehe und auch nicht verstehen will. Das Schöne am Kinderfußball ist aus meiner Sicht, dass er relativ einfach ist und es auch sein sollte ;) .


    PPS: Wie sieht es denn mit Stützpunkttraining bei Euren Jungs aus? Ich vermute, dass da einige Kinder dabei sein werden.

  • Guten Morgen,


    ich glaube die Diskussion driftet so ein wenig in die falsche Richtung (Edit: bezogen auf Folkao und Don Quijote, die Antworten von Andrè und holzi kamen parallel zu meinem Schreiben), wobei ich da auch selbst nicht unschuldig bin, weil ich das Wort "Handlungsschnelligkeit" erwähnt habe. Handlungsschnelligkeit ist per se immer positiv. Über Handlungsschnelligkeit brauchen wir uns nicht unterhalten. Dass ich als Trainer Handlungsschnelligkeit fördern muss, durch Spiele in engen Räumen und gegen starke Gegner, ist vollkommen klar.


    Mir geht es um einen Punkt (Intensität, Drauf gehen, Arbeit gegen den Ball), wo ich nicht sicher bin, welches Maß die Kinder benötigen bzw. inwieweit ich da als Trainer fordern und "Druck" machen muss. Ich hatte das hier (sowohl im Zitat als auch im Text) schon ausgeführt.


    Der Grund der hohen Intensität in den NLZ liegt IMHO hauptsächlich darin begründet, dass man das Spiel des Gegners "zerstört", also eine reine Ergebnisfokussierung. Dass das auch funktioniert steht außer Frage, aber bekanntermaßen ist der Mannschaftserfolg in diesem Alter zweitrangig bzw. darf nicht auf Kosten der individuellen Entwicklung gehen. Ich bin der Meinung, dass "Spiel zerstören" für zehnjährige Kinder nicht der Hauptaspekt sein sollte, Fussball zu spielen. Natürlich gehört das zum Fussball dazu (gerade wenn es irgendwann im Erwachsenenfussball um Karrieren, Geld, Vereinsinteressen, Arbeitsplätze, Auf- und Abstieg geht). Aber ich denke, ein zehnjähriges Kind sollte Fussball hauptsächlich spielen, um sich selbst zu entfalten und Erfahrungen mit dem Ball und nicht gegen den Ball zu sammeln.


    Genauso bin ich halt skeptisch, ob diese Intensität nicht zu Lasten der spielintellektuellen Entwicklung geht. Natürlich ist es gut, wenn man lernt unter erhöhtem Gegner-, Zeit- und Raumdruck zu spielen, aber ist es auch gut, wenn man nur "balljagend" unterwegs ist?


    In dieser Hinsicht ist das Argument von Folkao, dass ein Spieler Intensität von Hause aus mitbringt, interessant. Ich muss zugeben, dass ich auch einen sehr intensiv spielenden Jungen in der Mannschaft habe. Das würde für diese Theorie sprechen. Auf der anderen Seite kenne ich Spieler, die dieses Verhalten erst in den NLZ an den Tag gelegt haben, vermutlich auch aufgrund der größeren Konkurrenzsituation, den Erwartungen der Trainer/Eltern und den Spielerfahrungen in diesem Umfeld. Sind das dann die Kinder, die nach zwei, drei Jahren genug vom NLZ haben und dann lieber wieder mit ihren Freunden "just vor Fun" spielen wollen? Schaffen es also nur die Spieler, die von Hause aus "intensiv" spielen?


    Das würde ja wiederum bedeuten, dass ich mir als Breitensport-Trainer darüber keine Gedanken machen brauche und die unintensive Spielweise der meisten Spieler einfach akzeptieren muss.


    Mir ist klar, dass es auf die Frage nach der Intensität kein eindeutiges Ja oder Nein gibt, sondern die Frage einen beträchtlichen Graubereich hat. Mir ging es auch haptsächlich um die Diskussion und eure Erfahrungen zu diesem Thema.


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Hallo Andrè,


    danke für deinen beeindruckenden Beitrag. Du behandelst zwar nicht direkt das Thema, aber öffnest wahrscheinlich vielen (auch mir) mal wieder die Augen, welchen Luftschlössern nachgejagt wird. Ich persönlich habe auch keine Ambitionen, meine Kinder (also alles 12, nicht nur meinen eigenen ;) ) irgendwann Bundesliga spielen zu sehen. Aber ich möchte ihnen den Weg auch nicht verbauen. Solange sie bei mir sind, möchte ich alles tun, um die Option des leistungsorientierten Weg offen zu halten. Ob sie ihn dann irgendwann einschlagen hängt sowieso von vielen Faktoren ab, die ich gar nicht beeinflußen kann.


    Mich würde es unglaublich stolz machen, wenn sie dem Fussball erhalten bleiben und als Erwachsene im gehobenen Amateurbereich kicken (wozu sie sicher alle das Potential haben).


    Meine persönliche Motvitation ist aber nicht nur langfristig angelegt. Ich erfreue mich auch an kurz- und mittelfristigen Zielen. ich möchte mit ehrgeizigen Kindern arbeiten. Ich möchte eine Entwicklung sehen, sowohl in der Mannschaft als auch individuell. Ich möchte kein Larifari-Training und kein Kinderbetreuer spielen. Ja, und ich möchte auch gewinnen. Aber ich möchte altersgerecht handeln und die Kinder nicht für Ergebnisse opfern oder durch übermäßigen Druck zum Aufhören zu bringen. Dabei stelle ich mir derzeit halt die Frage, wieviel "Intensität" kann ich fordern und ist es überhaupt sinnvoll diesem Aspekt Aufmerksamkeit zu schenken.


    Hallo holzi,


    ich denke, du hast das ganz gut zusammen gefasst. Viel kann ich deswegen dazu gar nicht sagen. Ich kann eher bestätigen, dass die Halle den Kindern wirklich sehr gut tut. Damit sollte klar sein, dass man auch auf beim Feldtraining hallenähnliche Bedingungen schaffen sollte (kleine Räume, hohes Tempo, viele Ballaktionen, statt der Bande muss man die Bälle als Trainer schnell wieder einspielen).


    Das Stützpunkttraining/-scouting fängt bei uns im Kreis jetzt zum Ende der Saison an. Ich bin selbst gespannt und habe auch relativ hohe Erwartungen.


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • @Andre


    Ich glaub, du übertreibst ein wenig! Denn worum gehts denn eigentlich? Geht es um den Fussball oder geht es um die Kohle? Bei letzterem gibt es ein Menge anderer Wege (darunter auch sehr viele Sportarten), die ebenso wenig erfolgversprechend sind. Geht es um den Fussball, dann sollte jeder Mensch die Chance bekommen, ihn so zu betreiben, wie er es wünscht!


    Es bestreitet kaum jemannd, dass man bei der Selektion und Förderung der "Elite" noch Optimierungsmöglichkeiten sieht. Aber woanders laufen ja auch genug Nieten in Nadelstreifen herum (siehe VW-Skandal)! Es steht jedem frei, wo und wie umfangreich er sich informiert. Wer die Informationen nicht einholt oder sie nicht auf ihren Gehalt hin prüft, der ist doch ein stückweit auch selbst schuld, wenn er so blind ist und alles glaubt! Werbung ist doch auch nichts anderes als "Verarsche"! Aber trotzdem fallen (fast) alle darauf herein und kaufen sich Dinge, die sie eigentlich gar nicht brauchen, bzw. nicht zu dem Preis kaufen würden, wenn nicht über Werbung eine entsprechende Wertanmutung fürs Produkt gemacht worden wäre.


    Wir drehen uns hier im Kreis, wenn man das Verschulden immer nur bei Anderen sucht, ohne auch selbst ein Schuldeingeständnis zu treffen! War man nicht selbst auf beiden Augen blind, fühlte sich gebauchpinselt und wollte nur glauben, statt sich mir der Realität zu beschäftigen?


    Hast du nicht früher selbst eine andere Meinung zur Talentförderung gehabt? Wenn ja, was hat dich damals dazu bewogen und warum hast du deine Meinung geändert? Damit könntest du unerfahrenen Trainern und Eltern helfen, aber nicht mit einer Pauschalverurteilung, aus der man herleiten könnte, dass es woanders viel besser wäre!

  • Ich bin Dorftrainer eine F-Jugend junger Jahrgang. Das Spiel hab ich mir interessiert angeschaut, um Erkenntnisse zu gewinnen, wo die Resise hingehen sollte.


    Ich war beeindruckt von der Ballsicherheit der Mainzer. Die Spieler sind immer wieder ins 1:1 gegangen, allerdings auch nicht so häufig und trickreich wie ich es bei NLZ Vereinen vermutet hätte. Mir kam spontan die Frage auf, ob ich als F-Jugend Trainer nicht mehr Passübungen und weniger Dribbel- oder Trickübungen vornehmen soll.


    Sehr interessiert habe ich die weitere Diskussion verfolgt. Es ist spannend zu sehen, wie hier im Forum jeder F- und E-Jugend Trainer geteert und gefedert wird, der sich nicht an DFB Richtlinien hält und jedem wird zurecht Horst Wein ans Herz gelegt. Bei NLZs gibt es allerdings nur kaum eine Diskussion, ob auf Grossfeld gespielt wird. Nein, hier wird sogar das 8:8 für E-Jugendliche empfohlen, damit die Handlungsschnelligkeit und Druckressistenz verbessert wird.


    Für mich bleibt im E-Jugend Alter weiterhin die individuelle Föerderung an oberster Stelle. Das im Winter bereits Spiele im Grossfeld als Vorbereitung für die D-Jugend gespielt werden, kann nicht der individuellen Förderung dienen, sondern ist reine Erfolgsorientierung. Das hier dass noch begründet wird, damit man allen Spielanteile geben kann, zeigt doch wo die Reise hingeht.


    Wenn ich die neuen Richtlinien von Hr. Flick richtig verstanden habe, soll die individuelle Komponente und das 1:1 wieder mehr gefördert werden. Wenn das für die NLZ bedeutet dies im 9:9 oder 8:8 zu fördern, ist für mich okay. Wenn jemand mit seiner spielstarken E-Jugend lieber vorab auf dem D-Jugendfeld spielen möchte, ist dies auch okay. Aber bitte vergesst nicht, dass hier auch die ambitionierten Vereine und Trainer und vor allem die NLZ auch eine Vorbild-Funktion und Sogwirkungen für den kompletten Unterbau haben. Nach dem Motto, wenn der NLZ-Verein in der E-Jugend Ballstaffetten fordert und fördert, wenn im Grossfeld gespielt wird und dies bei youtube zu sehen ist, dann muss das ja auch für die Alterklasse für den Breitensportverein xyz mit dem dicken Paule richtig sein.


    Auch wenn nicht ganz die Art der Stellungnahme von @Dirk Coerverfan teile, bin ich von seinem Standpunkt angetan und mich beeindruckt die Langfristigkeit in dieser Sichtweise. Das ist das schöne an einem Forum, wenn verschiedene Meinungen ausgetauscht werden.


    Gruß,
    schroeppke0815

  • Uch bin ein Freund der kontroversen Diskussion, es nahezu nie nur schwarz oder weiß.


    Wenn hier aber immer das Leitmotiv der NLZ Trainer als "Erhebnisse um jeden Preis" pauschal festgelegt wird, kann man doch auch mal über ein Motiv der Trainer nachdenken, die oft pauschal alles dort kritisieren und Wechsel in ein NLZ extrem kritisch gegenüber stehen.


    Wenn solche Trainer dann aber selbst bei einem Jugendverein tätig sind, der Spieler von anderen Vereinen dazuhielt, egal ob aktiv oder passiv, aber eben nur solche, die sportliches Talent Versprechen - die Kapazität ist überall begrenzt - dann finde ich das widersprüchlich, weil die Argumente ja in dem Fall zu Teilen die selben sind.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • Wenn solche Trainer dann aber selbst bei einem Jugendverein tätig sind, der Spieler von anderen Vereinen dazuhielt, egal ob aktiv oder passiv, aber eben nur solche, die sportliches Talent Versprechen - die Kapazität ist überall begrenzt - dann finde ich das widersprüchlich, weil die Argumente ja in dem Fall zu Teilen die selben sind.

    Das entspricht leider auch zu 99,9 % meinen Erfahrungen. Leider gibt es zu wenig Trainer, die genügend Rückrad beweisen, um erst einmal vor der eigenen Haustür zu kehren, an diesen Widersprüchen arbeiten, bevor sie auf Andere zeigen!


    Wie will man das in den Griff bekommen? Hast du eine Idee?

  • Der Grund der hohen Intensität in den NLZ liegt IMHO hauptsächlich darin begründet, dass man das Spiel des Gegners "zerstört", also eine reine Ergebnisfokussierung. Dass das auch funktioniert steht außer Frage, aber bekanntermaßen ist der Mannschaftserfolg in diesem Alter zweitrangig bzw. darf nicht auf Kosten der individuellen Entwicklung gehen. Ich bin der Meinung, dass "Spiel zerstören" für zehnjährige Kinder nicht der Hauptaspekt sein sollte, Fussball zu spielen. Natürlich gehört das zum Fussball dazu (gerade wenn es irgendwann im Erwachsenenfussball um Karrieren, Geld, Vereinsinteressen, Arbeitsplätze, Auf- und Abstieg geht). Aber ich denke, ein zehnjähriges Kind sollte Fussball hauptsächlich spielen, um sich selbst zu entfalten und Erfahrungen mit dem Ball und nicht gegen den Ball zu sammeln.


    Genauso bin ich halt skeptisch, ob diese Intensität nicht zu Lasten der spielintellektuellen Entwicklung geht. Natürlich ist es gut, wenn man lernt unter erhöhtem Gegner-, Zeit- und Raumdruck zu spielen, aber ist es auch gut, wenn man nur "balljagend" unterwegs ist?

    Christoph, ich verstehe Dich so:


    Du unterstellst, dass das "Draufgehen"
    a) alleine der Ergebnisorientierung dient
    und b) das Jagen bei gegnerischem Ballbesitz die Kinder davon abhält, bei eigenem Ballbesitz konstruktiv zu sein und so die "Intensität zu Lasten der spielintellektuellen Entwicklung geht".


    Am Punkt a) ist sicher viel Wahres, d.h. zu 90% ist das der Grund. Allerdings dient das Draufgehen auch dazu, den Ball zu erobern, um dann überhaupt mal die Gelegenheit zu haben, sich selbst mit Ball entfalten zu können. Ohne Ballbesitz geht das nicht. Zum anderen helfen gute Ergebnisse auch mit, den Kindern Druck zu nehmen. Auch wenn man bewußt im Team wenig auf die Ergbnisse schaut, kommt der Druck nämlich oft von außen (Eltern, Geschwister, Klassenkameraden). Wenn es da eine einfache Möglichkeit gibt, diesen Druck wegzunehmen, dann halte ich das für legitim. Klassisches Beispiel ist das Zustellen der Anspielstationen beim gegnerischen Abschlag in der Halle. Bringt spielerisch nix, aber es fallen oft leichte Tore und man kann damit das Ergebnis oft sehr verbessern.


    Punkt b) kapiere ich nicht. Ich betrachte jetzt die verteidigende Mannschaft. Die hat die Option, die ballführende Mannschaft zu attackieren oder sie erstmal kommen zu lassen. In beiden Fällen ist sie erstmal nicht in Ballbesitz. Wieso hemmt dann diese Phase (egal wie die Mannschaft sich verhält) die spielerische Entwicklung der verteidigenden Mannschaft? Verstehe ich nicht. Oder beziehst Du Dich auf die angreifende Mannschaft? Die kommt bei einem pressenden Gegner natürlich nicht so zur Entfaltung. Aber genau das zwingt deren Spieler, einen Ticken schneller, präziser und schlauer zu spielen als ohne diesen Druck. Das sind doch genau die Reize, die man haben will. So hatte ich mein letztes Posting gemeint. Kapiere also auch so nicht, wieso Du die beiden Punkte "Jagen des Gegners" und "Spielintellektuelle Entwicklung" so in den Gegensatz stellst.


    Bei NLZs gibt es allerdings nur kaum eine Diskussion, ob auf Grossfeld gespielt wird. Nein, hier wird sogar das 8:8 für E-Jugendliche empfohlen, damit die Handlungsschnelligkeit und Druckressistenz verbessert wird.

    @schroeppke0815
    Da Du Dich offenbar u.a. auf mein Posting beziehst, möchte ich das richtig stellen: Kein mir bekanntes NLZ spielt in der E schon Großfeld. Einige spielen aber speziell im Alt-Jahrgang E-Jugend schon auf dem 9er Feld, das vom DFB erst für die D-Jugend vorgesehen ist. Das kann man gut oder schlecht finden, beide Standpunkte finden sich hier im Thread.
    Das 8:8 habe ich als beispielhafte Trainingsübung erwähnt, weil ich das in der U13 meines Sohnes beobachtet habe. Es war nicht meine Absicht, das für eine U11 unangepasst zu empfehlen. Denkbar wäre z.B. aber ein 3:3 oder 4:4 auf sehr engem Raum. Ich kann Dich dahingehend beruhigen, dass auch im NLZ in der U11 das 1:1 extrem großen Raum einnimmt. Zumindest war das bei meinem Sohn so, und es hat ihm gut getan. Auch in der U13 ist das immer noch ein ganz wesentliches Thema.
    Den Rest Deines Postings kann ich unterschreiben. Insbesondere der Vorbildfunktion sollten sich alle Leistungsvereine bewusst sein - und da ist noch viel Luft nach oben.


    Grüße
    Oliver

  • Punkt b) kapiere ich nicht. Ich betrachte jetzt die verteidigende Mannschaft. Die hat die Option, die ballführende Mannschaft zu attackieren oder sie erstmal kommen zu lassen. In beiden Fällen ist sie erstmal nicht in Ballbesitz. Wieso hemmt dann diese Phase (egal wie die Mannschaft sich verhält) die spielerische Entwicklung der verteidigenden Mannschaft? Verstehe ich nicht. Oder beziehst Du Dich auf die angreifende Mannschaft? Die kommt bei einem pressenden Gegner natürlich nicht so zur Entfaltung. Aber genau das zwingt deren Spieler, einen Ticken schneller, präziser und schlauer zu spielen als ohne diesen Druck. Das sind doch genau die Reize, die man haben will. So hatte ich mein letztes Posting gemeint. Kapiere also auch so nicht, wieso Du die beiden Punkte "Jagen des Gegners" und "Spielintellektuelle Entwicklung" so in den Gegensatz stellst.


    Ich habe nicht den ganzen Thread gelesen, verstehe diesen Beitrag aber sehr gut. Sicherlich ist Gegnerdruck hilfreich, um sich weiterzuentwickeln. Es kommt aber auf das richtige Maß an. Einem F-Jugendspieler im ersten Training hilft Gegnerdruck sicherlich nicht bei der Entwicklung. Das ist natürlich das Extrembeispiel. Mein Eindruck ist aber generell, dass im unteren Jugendbereich (alters- wie leistungsmäßig) in der Regel die Fähigkeit, Druck auf den Gegner auszuüben, die technischen und taktischen Möglichkeiten im Offensivspiel übersteigt. Das führt dazu, dass bei entsprechendem Coaching eine Mannschaft Erfolgserlebnisse haben wird, indem sie immer drauf rennt, einfach weil noch so viele Fehler gemacht werden, dass das zu Erfolgen führt. Das führt aber nicht unbedingt zu einem guten Fußballspiel. Es führt zu genau dem hektischen Hin und Her, was mittlerweile schon manche in der Bundesliga bei den meisten Mannschaften beklagen. Das Spiel ist schnell, aber zu Ungunsten von anderen Spielqualitäten.


    In meiner C-Jugend, Leistungsklasse, ist es so, dass in der Hinrunde 10 von 11 Gegnern vorne zugestellt haben und eigentlich immer nach vorne drauf rennen beim Verteidigen (die 11te Mannschaft steht einfach irgendwo so im Mittelfeld rum). Eine Mannschaft machte das immerhin sehr geplant, bei den anderen konnte ich überhaupt kein System dahinter entdecken. Da meine Mannschaft in der Spielklasse eher schwach ist, insbesondere auch körperlich und wir so weder besonders viele lange Bälle kloppen können (und auch wollen) entsteht oft ein enormer Druck, jeder wird sofort unter Druck gesetzt, es entstehen viele Ballverluste auch in der eigenen Hälfte. Daraus ergeben sich gut Torchancen für den Gegner. Wenn der Gegner aber mal weiter hinten den Ball erobert sind die meisten Mannschaften völlig planlos und knallen den Ball irgendwie nach vorne. Torerfolge für den Gegner: ja, aus tornahen Balleroberungen. Weiterentwicklung des Offensivspiels? Nur sehr bedingt.


    Auf der anderen Seite würde ich gerne mit meiner Mannschaft verschiedene Offensivlösungen erarbeiten. Wir haben eigentlich für unsere beiden C-Jugendmannschaften ein gemeinsames Spielkonzept, das auch offensiv gewisse Grundabläufe und sich daraus ergebende Angriffsoptionen ergibt. Das brauche ich aber nicht, weil die Gegner gar nicht normal verteidigen, sondern immer nur mit Druck, Druck, Druck nach vorne rennen. Hätte ich mehr Spieler, die den Ball schon lang knallen könnten, wäre das also die Offensivoption, aktuell versuchen wir mit zwei, drei Pässen hinten raus zu kommen und dann einen Steckpass hinter die Abwehrreihe des Gegners zu legen (die letzte Linie der Gegner steht in der Regel, sobald der Ball in unserer Hälfte ist, an der Mittellinie und weicht auch höchstens zehn Meter zurück, dann rennen wieder alle nach vorne, unabhängig von der Spielsituation). Statt Vielfalt im Offensivspiel zu erproben spielt meine Mannschaft also offensiv auch total eindimensional, weil nichts anderes geht. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass es eine schwache Mannschaft in der Spielklasse ist, aber eben auch mit der taktischen Ausrichtung der meisten anderen Mannschaften. Selbst wenn die taktische Ausbildung nicht so schlecht ist wie bei unseren meisten Gegnern führt meines Erachtens die verbreitete Ausrichtung des Defensivspiels auf frühestmögliche Durckausübung zwar zu Erfolgen für die jeweilige Mannschaft, wenn (wie meines Erachtens sehr oft) aber das Spieltempo dadurch höher wird als es die technischen Fähigkeiten eigentlich zulassen, dann entsteht damit mehr Gebolze und weniger Weiterentwicklung der Spieler, als möglich wäre.


    tldr: Gegnerdruck ist gut, er muss aber an technische Fähigkeiten und Handlungsschnelligkeit angepasst sein, sonst überfordert er.

  • Nur ganz kurz:


    Ich bin kein Freund von Dogmas.


    Um diesem ( zu großen) Druck entgegen zu wirken, weil der Gegner mit Mann und Maus presst, verbiete ich wie gesagt auch den langen Ball nicht.
    ( Im Gegenteil, manchmal sage ich meinem Fänger, Spiel den ersten Ball lang, danach ist es deine Entscheidung. Einfach damit der Gegner sieht, dass wir nicht nur flach und kurz eröffnen und sich dementsprechend komplett hoch positioniert.)


    1-2 Mal gespielt, verteidigt der Gegner idR nicht mehr so extrem hoch und man hat wieder ein bißchen mehr Zeit.



    Richtig ist, dass die Mittellinieregel einiger Landsverbände dieses Gegenmittel nicht erlaubt ne dadurch die spezielle Situation TW-Abstoss eine zu bedeutende Rolle einnimmt. Gerade bei den jüngsten.


    Die andere Seite der Medaille sehe ich auch, ohne die Mittellinienregel wird so mancher Trainer nur lange Bälle schlagen lassen auf den schnellen Stürmer und die Entwicklung aller anderen wird extrem behindert.



    Wie fast alles hat auch diese Regel eben Für und Wider.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • Weil sich Fehler in der Spieleröffnung in aller Regel fortsetzen, weshalb der Ball spätestens beim 3. Paß beim Gegner ist, empfielt es sich dem TW die 4 Standard-Spieleröffnungen (2 x auf die AV, 2 x aufs Mittelfeld-Außen) technisch und taktisch zu vermitteln. Spieleröffnung in der Mitte (egal ob kurz, mittel) birgt Nachteile, weil der Ball mit dem Gegner im Rücken verarbeitet werden muß.


    Der lange Abschlag/Abstoß ist dann ein taktisches Mittel, wenn der Gegner sehr hoch steht, den Ball unterläuft oder der Mitspieler inmittelbar ins Laufduell gelangt.


    Es gehört zur TW-Ausbildung, alle Varianten technisch zu vermitteln und taktisch zu erläutern. Im Spiel sollte der Torwart dann selbständig entscheiden, welche Variante er wählt. Beim nächsten Training kann man dann kurz auf die jeweiligen Entscheidungen eingehen.

  • Hallo @Schimanski


    zum Umgang mit "Druck/Aggressivität/Handlungsschnelligkeit" ein Gedanke aus meiner aktuellen Praxis (andere Altersstufe, vermutlich deutlich geringeres Leistungspotenzial als bei Deiner Truppe).


    Wir haben in den ersten Spielen mit vielen neuen Spielern die zu geringe Handlungsgeschwindigkeit im LIgavergleich als "to Do" identifiziert und sind dann bewusst wie folgt vorgegangen: Trainingsschwerpunkt (mehrere Wochen) Handlungsgeschwindigkeit (haben wir auch intensiv kommuniziert warum und welches Ziel). Dabei tatsächlich viele Spielformen (eine hat @Sir Alex schon in dem neuen Thread gepostet, vielleicht schaffe ich in dem Thread auch ein paar Übungen einzustellen), und einige richtig lustige Übungen zum Thema "Kopf-/Körper-Koordination"


    Jetzt das Besondere - vielleicht auch als Anregung: Es war für die Mädels dann tatsächlich sehr fordernd und auch manchmal "mental" anstregend (auch durch unser intensives Coaching mit den klassischen - teils zu Recht verpönten - Kommandos wie "Druck", "jetzt Tempo" etc., meist mit entsprechender Namensnennung ). Insofern hatten wir vielleicht die Atmosphäre, die Du hinter den Trainingsmethoden im NLZ vermutest. Wir haben uns aber sehr bemüht, unter dem Strich eine positive Atmosphäre zu erhalten: So haben wir entsprechend intensiv gelobt, egal wie oft der Versuch daneben ging: "Tempo geht vor Genauigkeit. Lieber den schnellen Fehlpass als das genaue, aber langsame Abspiel". Wir haben sogar - das ist vermutlich der Unterschied zu Deinen Jungs - in den Spielformen bewusst in Kauf genommen, dass einige Spielerinnen aufgrund technischer Probleme mehr Schwierigkeiten hatten, aber die erkennbaren Versuche, schneller zu spielen, auch wieder heftigst gelobt.


    Ergebnis: Wir haben nach meiner Beobachtung im Spiel- und Trainingsbetrieb eine erhebliche Geschwindigkeitssteigerung feststellen können. Im nächsten Schritt (aktueller Trainingsschwerpunkt) passen wir erst wieder die technischen Grundlagen an das neue Tempo an.

  • Punkt b) kapiere ich nicht. Ich betrachte jetzt die verteidigende Mannschaft. Die hat die Option, die ballführende Mannschaft zu attackieren oder sie erstmal kommen zu lassen. In beiden Fällen ist sie erstmal nicht in Ballbesitz. Wieso hemmt dann diese Phase (egal wie die Mannschaft sich verhält) die spielerische Entwicklung der verteidigenden Mannschaft? Verstehe ich nicht. Oder beziehst Du Dich auf die angreifende Mannschaft? Die kommt bei einem pressenden Gegner natürlich nicht so zur Entfaltung. Aber genau das zwingt deren Spieler, einen Ticken schneller, präziser und schlauer zu spielen als ohne diesen Druck. Das sind doch genau die Reize, die man haben will. So hatte ich mein letztes Posting gemeint. Kapiere also auch so nicht, wieso Du die beiden Punkte "Jagen des Gegners" und "Spielintellektuelle Entwicklung" so in den Gegensatz stellst.

    Hallo Oliver,


    Ergänzend zu Fak, der einen Aspekt schon sehr gut ausgeführt hat...


    Sicher hat das auch mit meiner persönlichen Vorstellung von Fussballästhetik zu tun. Ich mag Ballbesitzfussball. Ich mag konstruktiven, kollektiven, geduldigen und strategischen Fussball. Pressingfussball, der auf Fehler beim Gegner und auf Umschaltmomente baut, ist nicht so meins. Ich mag auch nicht, diese hektische Hin- und Her, genauso wie mir das riskante Spiel in die Tiefe und das lineare Rennen in Richtung Tor missfällt. Mir ist das zu billig. Mir fehlt da der Unterhaltungswert und auch die Nachhaltigkeit, weil man immer auch vom Zufall und davon abhängig ist, was einem der Gegner anbietet. Ich schätze dafür die Dominanz und Kontrolle im Ballbesitzfussball.


    Es gibt übrigens auch Videos von den Mainzern von Hallenturnieren. Sie sind nicht schön anzusehen. Es geht nur darum, den Gegner nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Die Tore fallen fast nur aus Fehlern. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass die Kinder dabei großen Spaß empfinden. Das aber nur am Rande.


    Zur Spielintelligenz: Ist es den wirklich "schlau" immer voll auf den Gegner zu gehen? Ist es nicht gerade im taktisch anspruchsvollen Herrenfussball oberhalb der Kreisklassen oft besser, wenn man den Raum nicht durch wildes Anlaufen öffnet, sondern passiver verteidigt? Ein passendes Negativbeispiel sind da sicherlich die Brasilianer im WM-Halbfinale, die nach den ersten Gegentoren auch wie wild drauf gegangen sind und dann kinderleicht zerspielt wurden, weil sie ohne Absicherung und doppelten Boden strategisch wichtige Räume geöffnet haben.


    Woher sollen die Kinder denn lernen, wann sie passiv-absichernder und wann sie aktiv-vorwärtsgerichtet verteidigen sollen, wenn sie in der Jugend immer gelernt hat, voll drauf zu gehen und nie die Chance hatten, selbst zu entscheiden?


    Hinzu kommen dann beim "Balljagen" die geistige sowie körperliche Erschöpfung, die beim einem etwaigen Ballgewinn die Qualität der Folgeaktionen beeinträchtigt. Das ist übrigens auch bei dem Jungen so, der bei mir am intensivsten spielt. Er ist spielt dann oft etwas unsauber und überhastet. Genauso wie auch die 2006er, von denen ich oben berichtet habe. "Tempo und Druck machen" reduzieren nicht nur die Spielqualität des Gegners, sondern auch die eigene. Das Spiel wird dann sehr instinktiv. Und ich schätze nicht, dass das die besten Vorraussetzungen sind, um kreativ zu spielen und sich auszuprobieren (was in diesem Alter elementar wichtig ist). Nicht umsonst empfiehlt z.B. die Münchener Fussballschule auch Spiel gegen schwache Gegner zu spielen, um den Spielaufbau und Spielzüge zu üben.


    Und dann gibt es da noch die mannschaftstaktischen Aspekte, dass beim unkoordinierten Balljagen oft sehr ungünstige Staffelungen erzeugt werden, die nach Balleroberungen dann die Ballzirkulation und das eigene Ballbesitzspiel erheblich erschweren. Das kann man im obigen Spiel sehr gut in den ersten Spielminuten erkennen.


    @'MichaMittelfeld: Danke für deinen Erfahrungsbericht. Ich denke, dass ist genau den Weg, den wir auch einschlagen sollten. Man muss halt immer in die Mannschaft "reinhören" und darf sich nicht zu sehr auf das Ziel versteifen. Wenn die Mannschaft genervt ist und den Spaß verliert, muss man vom Gas gehen. Das ist z.B. auch der Unterschied zu einem NLZ. Wenn da ein Kind kein Bock mehr auf "intensiv spielen" hat, wird er einfach ausgetauscht. Bewerber gibt es ja genug.


    Sir Alex: Genau meine Meinung und Erfahrung. Wir versuchen schon seit der F-Jugend flach rauszuspielen. Wenn der Gegner uns aber zustellt oder hoch anläuft, wird auch mal ein langer Ball gespielt. Dadurch drücken wir den Gegner wieder nach hinten. Flexibilität finde ich auch sehr wichtig. Das sture Festhalten an Dogmen hemmt hingegen die Entwicklung der Spielintelligenz. Auch hier überlassen wir den Spielern und Torhütern meist die Entscheidung wie sie das Spiel eröffnen und geben in den Besprechungen nur Anregungen wie man auf bestimmte Verteidigungstrategien des Gegner reagieren kann.


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt