Grüppchenbildung in der Elternschaft

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  • @renek, auch ich bin der Meinung, dass Euer derzeitiges Problem hausgemacht ist und dich nicht wundern sollte. Wie soll das denn anders sein, wenn Ihr Eure Spieler frühestens zur U11 holt und dabei selektiert? Weshalb kommen diese Spieler zu Euch, wenn nicht, um in einer starken Mannschaft zu spielen und die Meisterschaft, den Pokal und viele Turniere zu gewinnen? Ihr holt doch diejenigen Spieler (und Eltern), denen die Vereinstreue (im Schnitt) weniger wichtig ist als der eigene Erfolg, die sich für besser halten, als es ihr bisheriger Verein verdient, für die es, wenn nicht zumutbar so doch zumindest nachteilig ist, wenn sie "durch ihre schwächeren Mannschaftskameraden in ihrer Entwicklung gehemmt" werden. Das sind doch alles so ziemlich die Stars ihrer früheren Mannschaften gewesen, und da gibt es die Allüren i.d.R. gratis dazu. Deshalb solltest du dich nun nicht, wundern, dass insbesondere die Eltern dieser Spieler nun gekränkt reagieren und sich zur Wehr setzen, wenn es mal gegen sie geht.


    Ich muss ehrlich sagen, dass ich auch über die Naivität Eures Vereins verwundert bin. "Ach ja, Mist, wir haben den ganzen Kinderbereich verloren, OK, dann müssen wir da wohl wieder welche aufnehmen, aber in der C-Jugend suchen, bitte schön, weiterhin die Spieler, die sich nicht haben aufdrängen können, eine andere Beschäftigung, ach so, ja, oder eben einen anderen Verein. Denn weiterhin ist es ja der Anspruch des Vereins, hochklassig zu spielen." Klingt für mich nach Größenwahn und dem Wunsch einiger handelnder Personen, so hoch wie die NLZ u.Co. zu spielen, ohne dafür aber das Fundament zu besitzen.


    Das geht jetzt nicht gegen NLZ, welche ja mehr oder weniger einem Selektionszwang ausgesetzt sind, bei denen aber hoffentlich fachlich gut und sozial verantwortlich mit den Spielern umgegangen wird -- da ist jedem klar, dass der Spaß allerwahrscheinlichst nur zeitlich begrenzt ist. Außerdem kann sowohl durch die Vielzahl der Interessenten für jeden frei werdenden Platz als auch dem Vertrauensvorschuss der Öffentlichkeit für die Profivereine wirksam die Meckerei selbst schwieriger Eltern unterbunden werden. Die obigen Äußerungen richten sich auch nicht gegen Vereine, die durch (wirklich) gute Arbeit mit entsprechendem Fundament und demzufolge einer großen Zahl an Spielern mit ihren ersten Mannschaften auch recht weit oben spielen. Von denen gibt es aber, so mein Eindruck, leider nicht wirklich viele..


    Ich zitiere mal aus "Einfach besser Fußball spielen":


    S. 14ff, Kapitel "Irrtümer über den Kinderfußball: Warum wir eine neue Ausbildungsphilosophie für unsere Kinder brauchen", Abschnitt "Gewinndenken im Fußball":

    Zitat

    Nichts ist einfacher, als Fußballspiele in der F- oder E-Jugend zu gewinnen. Man nimmt die am stärksten entwickelten Kinder [...], bolzt mit ihnen Kondition und macht vor dem Tor Abschlusstraining bis zum Umfallen. Die schwachen Kinder [...] setzt man dagegen auf die Auswechselbank oder nimmt sie erst gar nicht mit zum Spiel. Das Ergebnis ist eine Gewinnquote, die sich wahrlich sehen lassen kann. Nach genau diesem Prinzip wird leider noch immer in den meisten Fußballvereinen verfahren. Statt Kinder auszubilden, werden sie selektiert. Die Starken kommen weiter, die vermeintlich Schwachen werden aussortiert.
    [...]
    In unserer Ausbildungsphilosophie verzichten wir bis zur D-Jugend aufs Gewinnenwollen. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und schwächen unsere Mannschaften ganz bewusst, indem wir ohne festen Torwart spielen und ein Rotationsprinzip anwenden, bei dem jeder Spieler in jeder Partie auf jeder Position im Feld eingesetzt wird. Gegen "spezialisierte" Mannschaften verlieren wir sicher das eine oder andere Spiel, wenn unser bester Verteidiger in den letzten zehn Minuten vorne im Sturm spielt. Dafür gewinnen unsere Kinder jedoch etwas viel Wertvolleres [...]. Nur wer in der Jugend auf jeder Position spielt, kann sich taktisch, technischt und koordinativ komplett entwickeln."


    S. 40ff, Kapitel "Das Rotationsprinzip: Warum wir uns schwächer machen müssen, um stärker zu werden":

    Zitat

    Dieses Rotationsprinzip hat zwei entscheidende Vorteile. Erstens geben wir jedem Kind die gleiche Spielzeit und somit die gleiche Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Viele Trainer neigen aus übertriebenem Ehrgeiz dazu, stärkeren Spielern mehr Einsatzzeit zu geben als schwächeren. Damit vergrößern sie allerdings nur die Kluft zwischen den Spielern, denn auf der Auswechselbank ist noch niemand ein besserer Fußballer geworden. Zweitens erreichen wir mit dem Rotationsprinzip, dass jeder Spieler jede Position auf dem Platz kennenlernt. Warum ist das wichtig? Nur durch das Rotationsprinzip verschaffen wir jedem Spieler die Möglichkeit, ein umfassendes Spielverständnis und eine gehobene Spielintelligenz zu entwickeln, bevor er später in der C-Jugend seine Position findet.
    [...]
    Indem jeder Spieler auf jeder Position ranmuss, öffnen wir den Horizont der Kinder für das Fußballspiel als Ganzes. Durch die Rotation lernen Kinder die einzelnen Positionen nicht nur kennen, sondern sie beginnen sie auch wertzuschätzen. [...] Der Effekt der Rotation für den Mannschaftsgeist ist enorm. In einem Team mit Rotationsprinzip werden die Spieler viel weniger übereinander schimpfen und einander kaum Vorhaltungen machen, weil sie selbst wissen, wie schwer es ist, auf jeder Position zu spielen.Wir alle kennen das ja selbst: Als Stürmer schimpft man gern über die Abwehspieler, die viel zu viele Gegentore zulassen. Und als Abwehrspieler motzt man am liebsten über Stürmer, die vorne die Chancen reihenweise liegen lassen. Mit dem Rotationsprinzip tut sich diese Kluft gar nicht erst auf.


    Im (meiner Meinung nach nicht völlig richtig betitelten) Buch Fußball-Taktik, das ich ebenfalls im Urlaub gelesen habe, äußert sich übrigens Frank Wormuth, Chef-Ausbilder des DFB, durchaus Kritik am zuweilen zu hohen Erfolgsdruck im deutschen Jugendbereich. In diese Richtung gehende Äußerungen von ihm kann man auch dem hier geplanten Interview mit ihm lesen, welches Trainertalker @ElPannaking gemeinsam mit einem Kollegen geführt hat.

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • Ein Verein, der sein Recruiting auf diese Art betreibt, holt sich exakt diese Eltern auf die Tribüne.
    Und Eltern, die den Wechsel ihres Kindes in einen solchen Verein zulassen oder gar forcieren, sind da auch gut aufgehoben.


    Und deswegen auch @Frühlingssonne


    Ich kann diese Eltern im Gegensatz zu Dir überhaupt nicht verstehen. Das geht schon damit los, dass diese Menschen ihr 9/10-jähriges Kind in diesen Verein gelassen haben. Wer in dem Moment nicht verstanden hat, was in diesem Verein auf ihn zukommt, muss schon sehr naiv sein.


    Insofern meine ich: Ein Verein, der so handelt und Eltern, die so denken, passen ganz gut zusammen. Umso verwunderlicher, wenn man die Geister, die man rief, dann nicht mehr los wird...

  • Du sagst es, @Follkao. Mich wundert am Ende aber weniger, dass man die Geister, die man rief, nicht mehr los wird, sondern, dass der Zauberlehrling sich über deren Verhalten wundert.


    Außerdem würde mich mal interessieren, wie sich die Vereinsführung es sich vorstellt, wieder einen Kinderbereich aufbauen zu können, wo sich doch offenbar und zum Glück für die Kinder herum gesprochen zu haben scheint, dass auf viele Kinder ab der U11 nicht mehr viel Wert gelegt wird und sie ab der U14 sogar unerwünscht sind. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass..

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • @tobn, @fallkao


    ich stimme eurer Grundeinstellung zu.


    Habe hier weder für den Trainer noch für die betreffenden Elternteile irgendein Mitleid.


    Wenn man sich so auf dieses Eis bewegt, darf man sich nicht wundern wenn man einbricht.


    Geht man diesen Weg, darf man sich nicht über Probleme und Unzufriedenfreit wundern, und zwar beiderseits.


    Hier hat keiner der Beteiligten irgendein Recht sich über Probleme zu beschweren.


    Wer sich auf sowas einlässt, muss ganz einfach die Regularien akzeptieren.


    Deshalb haben weder Trainer noch Eltern irgendeinen Anspruch die dadurch entstehenden Probleme
    zu kritisieren.


    Will man diesen Weg gehen, was durchaus für manche Beteiligten durchaus in Ordnung sein kann,
    müssen halt die Anderen die Konsequenzen ertragen, jedoch dann nicht lamentieren.


    das gilt für Trainer und Eltern.