Deine Beobachtung über die Entscheidungen bei den Torleuten kann ich teilen. Weil es hier in Deutschland noch keine TW-Trainerlizenz und damit auch keine Kompetenz-Übertragung gibt, entscheiden die Mannschaftstrainer. Denen fehlt es jedoch häufig an Fachwissen, weshalb sie davon überzeugt sind, dass die Körperlänge eines der wichtigsten Entscheidungskritieren ist. Warum sollte das auch in den NLZ oder den Stützpunkten anders sein? Zwar ist dieses Ausbildungsdefizit beim DFB erkannt, aber solange auch ohne Lizenz genügend Keeper mit internationalem Niveau ausgebildet werden, sieht man keinen Handlungsbedarf, um auch in der Masse ein höheres Niveau anhand anderer Entscheidungsmerkmale zu erzeugen.
Klar kann es dir passieren, dass ein Keeper, der bei dir das TW-Ein-mal-Eins gelernt hat, bei einem anderen Verein in Ungnade fällt, weil man dort glaubt, der sei nicht groß genug. Aber spätestens, wenn der bei einem anderen Verein Super-Leistungen bringt, wird man den Irrtum erkennen. Ob man ihn auch zugibt, ist eine andere Sache?
Mach das weiter so und lass dich nicht von Mannschaftstrainern, die keine Ahnung von Torleuten haben, in deinen Entscheidungen beirren. Spätestens, wenn sich die Anzahl der Keeper, die sich für höhere Aufgaben empfehlen konnten, verdichtet, wird man deine Arbeit zu schätzen wissen. In den Profiligen genießen die TW-Trainer nicht umsonst einen hervorragenden Ruf!
Zwar mag dem Einen oder Anderen noch nicht ganz klar sein, was denn die TW-Entscheidung mit dem RAE-Effekt zu tun haben könnte? Hier wird physische Stärke (was vielfach mit Körperlänge gleich gesetzt wird) schon in frühen Jahren zu einem "harten Entscheidungsfaktor"! Denn wer von euch hat die Aussage nicht schon gehört:
"Er ist ein prima Torwart, aber leider zu klein"! Und weil der zu klein ist, kann aus ihm kein guter Torwart werden!
Interessant ist, dass man auch bei den Keeperinnen die Körperlänge als Leistungsmerkmal ansetzt. Obwohl es immer wieder auch kleineren Torleute gelingt, Profiverträge zu erhalten und in Ländern mit einer geringeren Durchschnittsgröße sehr gute, kleinere Torhüterinnen das Tor der Nationalmannschaft hüten, hält sich das Vorurteil beharrlich, die Körperlänge hätte etwas mit der Leistungsfähigkeit zu tun.
Jörg Daniel sagte dazu einmal: "Ein paar Zentimeter Größenunterschied ist mir zu wenig, um gute Torleute von Schlechten zu unterscheiden!" Wie recht er doch hat?!
Gerade die Beschäftigung mit dem/der Tormann/Torfrau als Spezialisten zeigt auf, welche Irrtümer bei der traditionellen Sichtweise nach erfolgversprechenden Leistungsmerkmale begangen werden. Es bedarf schon der Infragestellung des Bisherigen, um zu neuen Erkenntnssen zu gelangen.
Trainer, die wie BicMacWilli schon einen anderen Weg gegangen sind, können aufgrund ihrer gemachten Erfahrungen sagen, wie groß das jährliche Potenzial ist, was uns nur deshalb bei der Eliteausbildung verloren geht, weil man sich nicht vollständig für die richtigen Talente entscheidet, sondern einem Teil die Förderung verweigert, der jetzt gerade noch nicht kräftig genug ist.